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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Herr.
    »Ich frage, ob ihre Ruhe nichts gilt?« erwiderte Dick. »Es ist nicht meine Absicht, zu drohen, Sir, in der Tat, Drohen ist gesetzlich verboten, und man kann dafür in Strafe verfallen, aber
wenn Sie's je wieder so machen, so nehmen Sie sich in acht, daß nicht der Totenbeschauer über Sie kommt und Sie an einem Kreuzwege begraben werden, ehe Sie wieder aufwachen. Wir haben uns halb zu Tode geängstigt, weil wir Sie für gestorben hielten«, fügte Dick hinzu, indem er sachte auf den Boden herunterrutschte; »und kurz und gut, wir können nicht zugeben, daß einzelne Herren hier ins Haus kommen und für zwei schlafen, wenn sie nicht extra dafür bezahlen.«
    »Wirklich?« rief der Mietsmann.
    »Ja, Sir, allerdings«, entgegnete Dick, indem er sich seinem Geschick fügte und das sagte, was ihm eben in den Mund kam; »eine solche Quantität Schlaf ist nie aus einem Bett und aus einer Bettstatt herausgekommen; und wenn Sie in dieser Weise schlafen wollen, so müssen Sie wie für ein Zimmer mit zwei Betten bezahlen.«
    Statt durch diese Bemerkungen in noch größern Zorn zu geraten, verzog der Mietsmann sein Gesicht zu einem breiten Grinsen und sah Herrn Swiveller mit zwinkernden Augen an. Er war ein brauner, sonnverbrannter Mann und schien noch brauner und sonnverbrannter zu sein, weil er eine weiße Nachtmütze aufhatte. Jedenfalls war er aber in mancher Hinsicht ein cholerischer Bursche, weshalb es Herrn Swiveller zu großem Troste gereichte, ihn in so guter Laune zu finden; und um ihn darin zu erhalten, lächelte er gleichfalls.
    Der Mietsmann hatte in seinem Ärger über die ungehobelten Weckversuche die Nachtmütze auf die eine Seite seines kahlen Hauptes geschoben. Dies gab ihm ein etwas liederliches, exzentrisches Aussehen, über das sich Herr Swiveller, der jetzt Zeit zu Beobachtungen fand, ausnehmend ergötzte. Um jedoch den ledigen Herrn günstig für sich zu stimmen, drückte er die Hoffnung aus, er werde wohl jetzt aufbleiben und etwas Ähnliches nicht wieder tun.
    »Komm her, du unverschämter Schuft!« lautete die Antwort des Mietsmannes, als er wieder in sein Gemach trat.
    Herr Swiveller folgte ihm und ließ den Bock draußen, ohne sich jedoch für den Fall einer Überrumpelung des Lineals zu entledigen. Er wünschte sich auch einigermaßen Glück zu dieser klugen Vorsichtsmaßregel, als der ledige Herr ohne weitere Ankündigung oder Erklärung die Tür doppelt abschloß.
    »Können Sie etwas trinken?« war die nächste Frage.
    Herr Swiveller antwortete, er habe zwar erst kürzlich die Qualen des Durstes gestillt, es sei aber immer noch etwas übrig für einen ›bescheidenen Löschen‹, wenn das Material bei der Hand sei. Ohne weitere Gegenrede nahm nun der Mietsmann aus seinem großen Koffer eine Art von Tempel, der wie poliertes Silber glänzte, und stellte ihn bedächtig auf den Tisch. Sehr interessiert für diese Vorkehrungen, beobachtete ihn Herr Swiveller aufs genaueste. In eine kleine Kammer dieses Tempels legte er ein Ei, in eine andere etwas Kaffee, in eine dritte ein festes Stückchen rohen Rindfleisches aus einer netten Zinnbüchse, und in eine vierte goß er etwas Wasser. Dann machte er mit Hilfe eines Phosphorfeuerzeuges und einiger Schwefelhölzer Licht und zündete eine Weingeistlampe an, die ihren Platz unterhalb des Tempels hatte; dann legte er auf die kleinen Kammern Deckel, öffnete sie wieder, und nun war durch irgendeine wundervolle, unsichtbare Tätigkeit das Beefsteak gar, das Ei gekocht, der Kaffee aufs genaueste zubereitet und das Frühstück fertig.
    »Heißes Wasser«, sagte der Mietsmann, indem er es Herrn Swiveller mit einer Ruhe hinüberreichte, als hätte er ein gewöhnliches Küchenfeuer vor sich, »außerordentlicher Rum, Zucker und ein Reiseglas, mischen Sie selbst, mischen Sie selbst, und beeilen Sie sich!«
    Dick gehorchte, obgleich seine Augen die ganze Zeit über
ohne Unterlaß zwischen dem Tempel auf dem Tisch, der ein Tausendkünstler zu sein schien, und dem großen Koffer, in welchem sich augenscheinlich alles nur Erdenkliche befand, hin und her wanderten. Der Mietsmann nahm sein Frühstück wie ein Mann ein, der gewöhnt ist, solche Wunder zu wirken, und sie geringschätzt.
    »Der Hausbesitzer ist ein Rechtsgelehrter, nicht wahr?« sagte der Mietsmann.
    Dick nickte. Der Rum war bewunderungswürdig.
    »Und die Weibsperson im Hause, wer ist die?«
    »Ein Drache«, lautete Dicks Antwort.
    Der ledige Herr äußerte keine Überraschung – vielleicht, weil

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