Der Raritätenladen
sollte. Die Leitung dieses Geschäftes gewährte dem alten Herrn augenscheinlich ungemein viel Vergnügen, und er beteiligte sich eine geraume Weile persönlich mit großer Rührigkeit und Tätigkeit. Als nichts mehr zu tun übrig war, gab er dem Jungen den Auftrag, rasch fortzulaufen und seine Schulkameraden herzuholen, damit sie ihrem Lehrer vorgestellt und feierlich gemustert werden könnten.
»Es ist ein so guter Schlag von Jungen, wie man ihn nur wünschen kann«, sagte er zu dem Schulmeister, als sich der Junge entfernt hatte; »aber ich lasse mirs ihnen gegenüber nicht merken. Das ginge auf keinen Fall.«
Der Bote kehrte bald an der Spitze einer langen Reihe von großen und kleinen Schlingeln zurück, die, sobald sie des Bachelors an der Haustür ansichtig wurden, die verschiedensten Höflichkeitskrämpfe bekamen. Sie rissen ihre Mützen und Hüte ab, quetschten sie so klein als möglich zusammen und buckelten und kratzfüßelten auf die verschiedenste Art, was der kleine Herr mit großer Befriedigung gewahrte, und er gab seinen Beifall durch vielfaches Kopfnicken und Lächeln zu erkennen. Dieser Beifall war jedoch keineswegs so gewissenhaft bemäntelt, als er den Schulmeister annehmen ließ, da er sich in ziemlich lautem Flüsterton und vertraulichen Bemerkungen äußerte, die jedem einzelnen verständlich waren.
»Der erste Junge da, Schulmeister«, sagte der Bachelor, »ist John Owen, ein gut veranlagter Bursche, Sir, ein offenes, ehrliches Gemüt; aber zu gedankenlos, zu spielsüchtig und bei
weitem zu leichtsinnig. Der Junge, mein guter Sir, würde mit Vergnügen den Hals brechen und seine Eltern des größten Trostes berauben. – Unter uns gesagt, wenn Sie ihn beim Hund- und Hasenspiel sehen, wie er den Zaun und den Graben beim Wegweiser nimmt und an dem kleinen Steinbruch hinunterrutscht, so werden Sie es gewiß nie vergessen. Es ist prächtig!«
Nachdem John in dieser Weise getadelt worden war und zugleich die anerkennende Randbemerkung deutlich gehört hatte, rief der Bachelor einen anderen Knaben auf.
»Nun betrachten Sie einmal diesen Burschen, Sir«, sagte der Bachelor. »Sehen Sie den Kerl? Er heißt Richard Evans, Sir, und ist ein erstaunlich gelehriger Knabe; er besitzt ein gutes Gedächtnis, eine leichte Fassungsgabe und hat außerdem eine Stimme und ein Ohr zum Psalmensingen, daß er mit dem Besten von uns wetteifern kann. Aber trotzdem, Sir, wird es mit diesem Burschen ein schlimmes Ende nehmen; er stirbt keines natürlichen Todes, denn er schläft immer während der Predigt – um ganz aufrichtig zu sein, Herr Marton, ich machte es in seinem Alter ebenso und bin fest überzeugt, daß es eine natürliche Anlage war, deren ich mich nicht erwehren konnte.«
Sobald der Bachelor diesen hoffnungsvollen Zögling durch die ebengenannte schreckliche Rüge erbaut hatte, ging er auf einen andern über.
»Wenn wir aber von Beispielen reden, die zur Warnung dienen sollten«, sagte er, »wenn wir von Knaben sprechen, die man allen ihren Kameraden als abschreckendes Beispiel vorstellen kann, so ist hier einer, und ich hoffe, Sie werden ihm nichts schenken. Ich meine den Jungen mit den blauen Augen und dem hellen Haar. Der Kerl ist ein Schwimmer, ein Taucher, behüte uns Gott! Das ist ein Junge, Sir, der sichs einfallen
ließ, mit seinen Kleidern in ein achtzehn Fuß tiefes Wasser zu springen und eines blinden Mannes Hund herauszuholen, der durch die Last seiner Kette und seines Halsbandes fast ersoffen wäre, während sein Herr am Ufer des Flusses stand und über den Verlust seines Tieres und Freundes wehklagte. Ich habe dem Jungen anonym zwei Guineen geschickt, sobald ich davon hörte«, fügte der Bachelor in seinem eigentümlichen Flüstern hinzu, »aber sagen Sie das um Gottes willen nicht, denn er hat nicht die geringste Ahnung davon, daß das Geschenk von mir kam.«
Nachdem der Bachelor diesen Verbrecher abgefertigt hatte, wandte er sich an einen andern und von diesem wieder an einen andern und so fort durch die ganze Reihe, wobei er, um sie durch heilsamen Zwang in den gehörigen Grenzen zu erhalten, denselben scharfen Nachdruck auf diejenigen ihrer Neigungen legte, die seinem eignen Herzen am teuersten waren und ohne Zweifel auf seine Lehren und sein Beispiel zurückzuführen waren. Schließlich vollkommen überzeugt, daß er sie durch seine Strenge ganz unglücklich gemacht habe, entließ er sie mit einem kleinen Geschenk und mit der Ermahnung, ruhig nach Hause zu gehen, ohne zu
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