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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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vergessen hatte; dann rief er: »Herein!«
    Und wer anders präsentierte sich jetzt als ebenderselbe Kit, der die Ursache von Herrn Chucksters Zorn gewesen war! Noch nie hat ein Mensch seinen Mut so rasch wieder aufgerafft oder eine so trotzige Miene gemacht als jetzt Herr Chuckster, sobald er sah, daß es Kit sei. Herr Swiveller stierte ihn einen Augenblick an, hüpfte dann von seinem Bock herunter, holte das Schüreisen aus seinem Versteck hervor und vollführte damit in einer Art von Wahnsinn das ganze Säbelexerzitium mit all seinen Hieben und Paraden.
    »Ist der Herr zu Hause?« fragte Kit, etwas verblüfft über diese ungewöhnliche Aufnahme.
    Ehe Herr Swiveller noch antworten konnte, ersah Herr Chuckster die Gelegenheit, gegen diese Frageform entrüsteten Protest einzulegen, indem er sie für respektwidrig und schlüffelartig erklärte. Da doch hier zwei Herren ständen, hätte er nach dem andern Herrn fragen sollen; noch besser hätte er indes getan – denn es sei nicht unmöglich, daß der Gegenstand seiner Nachfrage ein Mensch von geringerer Qualität sei –, den Namen zu nennen und die Entscheidung über dessen Stellung im Leben dem Gutachten seiner Zuhörer zu überlassen. Herr Chuckster bemerkte ferner, daß er Grund habe zu glauben, Kit wollte ihm gegenüber durch diese Anrede persönlich werden, und er sei nicht der Mann, der mit sich scherzen lasse, wie gewisse Schlüffel – die er nicht besonders namhaft zu ma
chen oder zu beschreiben für gut erachtete – auf ihre eignen Unkosten erfahren dürften.
    »Ich meine den Herrn im ersten Stock«, entgegnete Kit, sich an Richard Swiveller wendend. »Ist er zu Hause?«
    »Warum?« entgegnete Dick.
    »Weil ich, wenn dies der Fall ist, einen Brief für ihn habe.«
    »Von wem?« fragte Dick.
    »Von Herrn Garland.«
    »Oh!« sagte Dick mit außerordentlicher Höflichkeit, »dann kann er hier abgegeben werden, Musjö. Und wenn Ihr eine Antwort haben wollt, so könnt Ihr auf dem Hausflur warten, Musjö, der ein luftiger, wohlgelüfteter Raum ist.«
    »Ich danke«, erwiderte Kit; »aber entschuldigen Sie, ich habe den Auftrag, ihn selbst abzuliefern.«
    Die ungeheure Vermessenheit dieser Antwort überwältigte Herrn Chuckster so sehr und verletzte so sehr sein Zartgefühl für die Ehre seines Freundes, daß er erklärte, wenn er nicht durch amtliche Rücksichten abgehalten würde, so hätte er Kit notwendig auf der Stelle vernichten müssen, eine Ahndung des Schimpfes, die seines Erachtens infolge aller erschwerenden Umstände sicherlich die Sanktion und die Billigung jedes englischen Gerichtshofes erhalten würde, der zweifellos folgendes Urteil gefällt hätte: ›Gerechtfertigter Totschlag, außerdem noch ein ungemein günstiges Zeugnis für die Moralität und den Charakter des Rächers.‹
    Herr Swiveller, der die Sache ruhiger nahm, schämte sich ein wenig über die Aufregung seines Freundes und wußte nicht recht, wie er sich benehmen sollte – denn Kit blieb ganz gelassen und heiter –, als man auf einmal den ledigen Herrn ungestüm auf der Treppe rufen hörte.
    »Habe ich nicht jemanden hereinkommen sehen, der zu mir will?« rief der Mietsmann.
    »Ja, Sir«, versetzte Dick. »Gewiß, Sir!«
    »Nun, wo bleibt er denn?« brüllte der ledige Herr.
    »Er ist hier, Sir«, entgegnete Swiveller. »Nun, junger Mann, hört Ihr nicht, daß Ihr hinaufgehen sollt? Seid Ihr taub?«
    Kit schien es nicht der Mühe wert zu halten, sich in einen weiteren Wortwechsel einzulassen, sondern eilte fort und überließ es den ›gloriosen Apollers‹, einander stumm anzugaffen.
    »Habe ichs nicht gesagt?« begann endlich Herr Chuckster. »Was hältst du davon?«
    Herr Swiveller war im Grunde ein gutmütiger Bursche, und da er in Kits Benehmen gerade keine ungeheuer große Bosheit entdecken konnte, wußte er kaum, was er darauf antworten sollte. Er wurde jedoch aus seiner Verlegenheit erlöst durch den Eintritt des Herrn Sampson und seiner Schwester, Miß Sally, bei deren Anblick Herr Chuckster sogleich Reißaus nahm.
    Herr Braß und seine liebenswürdige Begleiterin schienen während ihres frugalen Frühstücks über eine Sache von großer Wichtigkeit und Bedeutung zu Rate gegangen zu sein. Gelegentlich solcher Konferenzen erschienen sie gewöhnlich eine halbe Stunde später als sonst und mit lächelnden Gesichtern in der Kanzlei, als hätten die eben gesponnenen Ränke und Pläne ihre Gemüter beruhigt und ein schönes Licht auf ihren mühsamen Pfad geworfen. In dem

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