Der Raritätenladen
zu zeigen, von ihm leiten. Zwei oder drei Jahre vor seinem Tode arbeitete es nicht mehr, sondern lebte nur noch im Überfluß, und seine letzte Handlung bestand darin, daß es, wie ein cholerischer alter Herr, seinem Doktor einen Tritt gab.
Herr Swiveller genas sehr langsam von seiner Krankheit,
und als er in den Genuß seiner Leibrente trat, kaufte er der Marquise eine hübsche Ausstattung und schickte sie in die Schule, um sein Gelübde zu lösen, das er auf dem Krankenbette getan hatte. Nachdem er sich lange um einen ihrer würdigen Namen geplagt hatte, entschied er sich für ›Sophronia Sphinx‹, weil dieser volltönig und vornehm klang und außerdem etwas Geheimnisvolles andeutete. Unter diesem Titel begab sich die Marquise unter Tränen in die Schule seiner Wahl, aus der sie, da sie ihre Mitschülerinnen bald überholte, noch vor Ablauf vieler Vierteljahre in eine höhere verpflanzt wurde. Wir lassen jedoch Herrn Swiveller nur nackte Gerechtigkeit widerfahren, wenn wir sagen, daß er, obwohl er infolge der Auslagen, die ihm ihre Erziehung machte, ungefähr sechs Jahre lang in ziemlich knappen Verhältnissen leben mußte, nie in seinem Eifer erlahmte und immer einen hinreichenden Lohn in den Berichten über ihre Fortschritte fand, die er mit großer Würde von der Vorsteherin bei seinen allmonatlichen Besuchen entgegennahm. Diese Dame betrachtete ihn als einen Literaten mit etwas exzentrischen Gewohnheiten und als ein ganz ungewöhnliches Talent im Gebrauch von Zitaten.
Mit einem Worte, Herr Swiveller ließ die Marquise in dieser Pension, bis sie mutmaßlicherweise ihr neunzehntes Jahr zurückgelegt hatte und ein hübsches, gescheites und launiges Ding geworden war. Und nun erst fing er ernstlich an, darüber nachzudenken, was zunächst geschehen sollte. Bei einem dieser periodischen Besuche, während er diese Frage wieder ventilierte, kam die Marquise allein zu ihm herunter, heiterer und frischer als je. Da fiel ihm nun, freilich nicht zum erstenmal, ein, daß sie eigentlich recht behaglich leben könnten, wenn sie ihn heiraten wollte! Richard fragte sie also; und was sie auch gesagt haben mochte – ein Nein war es nicht. Sie wurden
allen Ernstes die Woche darauf getraut, und Herr Swiveller erhielt dadurch häufig Gelegenheit, zu verschiedenen Zeiten nachher zu bemerken, daß ihm im Grunde doch eine junge Dame aufgespart geblieben sei. Da bei Hampstead ein kleines Häuschen zu vermieten war, in dessen Garten sich eine Laube zum Rauchen befand, ein Gegenstand des Neides für die ganze zivilisierte Welt, so beschlossen sie, sich dort einzuquartieren, und nach Ablauf der Flitterwochen bezogen sie die neue Wohnung. In diese Einsiedelei begab sich Herr Chuckster regelmäßig jeden Sonntag, um den ganzen Tag dort zu verbringen, der gewöhnlich schon mit dem ersten Frühstück anfing; und hier war er die große Zeitung aller Neuigkeiten und Moden. Noch einige Jahre blieb er Kits Todfeind und beteuerte, er habe eine bessere Meinung von ihm gehabt, wie man glaubte, er habe die Fünfpfundnote gestohlen, als zur Zeit seiner völlig erwiesenen Unschuld. Denn seine Schuld hätte doch etwas Kühnheit und Waghalsigkeit verraten, während seine Unschuld nur ein weiterer Beweis seines kriechenden und listigen Charakters sei. Allmählich und schließlich kam jedoch eine Versöhnung zustande, und er ging sogar so weit, Kit mit seiner Gönnerschaft zu beehren, als einen Menschen, der sich gewissermaßen gebessert habe und daher Vergebung verdiene. Nie aber vergaß oder verzieh er ihm die Sache mit dem Schilling, da er der Ansicht war, es würde schon genug von Kit gewesen sein, wenn er wiedergekommen wäre, um einen andern zu verdienen; aber zurückzukommen, nur um eine frühere Gabe abzuverdienen, das war ein Flecken auf seinem moralischen Charakter, den keine Reue oder Zerknirschung je abzuwaschen vermochte.
Herr Swiveller, der immer eine gewisse Vorliebe für philosophische Betrachtungen gehabt hatte, wurde zuweilen in seiner Rauchlaube ungemein tiefsinnig und pflegte in solchen Au
genblicken im Geiste über die geheimnisvolle Frage hinsichtlich Sophronias Abkunft zu debattieren. Sophronia hielt sich für eine Waise, aber Herr Swiveller, der verschiedene kleine Umstände summierte, meinte oft, Miß Braß müßte hierüber eine bessere Auskunft erteilen können; und da ihm seine Frau ihre sonderbare Zusammenkunft mit Quilp mitgeteilt hatte, hegte er mancherlei Befürchtungen, ob jener Kerl zu seinen Lebzeiten nicht auch
Weitere Kostenlose Bücher