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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Herr Codlin, »bringen Sie mir eine Pinte warmen Bieres, und lassen Sie niemand etwas hereinbringen, wäre es auch nur so viel wie ein Stück Zwieback, bis die richtige Zeit da ist.«
    Diesem entschiedenen und männlichen Verfahren seinen Beifall zunickend, entfernte sich der Wirt, um das Bier zu holen, kam schnell mit dem Krug wieder zurück und schickte sich an, das Bier in einem kleinen verzinnten Gefäße zu wärmen, das trichterartig geformt war, um es an Stellen, an denen das Feuer am lebhaftesten brannte, recht tief in die Glut stecken zu können. Dies war bald geschehen, und er händigte Herrn Codlin das Getränk mit jenem rahmartigen Schaum auf der Oberfläche ein, der zu den beglückendsten Eigenschaften eines heißgemachten Malztrankes gehört.
    Durch dieses beruhigende Getränk in gute Laune versetzt, gedachte Herr Codlin jetzt seiner Gefährten, indem er unserm Gastwirt ›Zu den Sandbuben‹ ihre Ankunft als ein Ereignis ankündigte, dem man in Kürze entgegensehen dürfe. Der Regen prasselte gegen die Fenster und schoß in Strömen nieder, und Herrn Codlins außerordentlich liebevolle Stimmung ging sogar so weit, daß er mehr als einmal ganz besorgt meinte, sie würden doch hoffentlich nicht so töricht sein, sich durchnässen zu lassen. Endlich kamen sie an, vollständig durchweicht vom Regen, und boten einen gar bedauernswerten Anblick, obgleich Short das Kind so gut als möglich mit den Schößen seines Rockes geschützt hatte; und sie waren alle vor Eile fast atemlos. Ihre Schritte wurden kaum auf der Landstraße gehört, als der Wirt, der an dem Außentore ängstlich ihrer Ankunft entgegengesehen hatte, in die Küche stürmte und den Deckel vom Topfe nahm. Die Wirkung war eine überraschende. Sie kamen alle mit lächelnden Gesichtern, obschon das Wasser von ihren Kleidern auf den Boden tropfte, und Shorts erste Bemerkung war: »Welch ein köstlicher Geruch!« 
    Es ist nicht sonderlich schwer, an der Seite eines lustigen Feuers und in einem hellen Gelasse des Regens und Schmutzes zu vergessen. Sie wurden mit Pantoffeln und so vielen troc
kenen Kleidern, als das Haus oder ihre eigenen Bündel liefern konnten, versehen, und dann kauerten sie sich, wie Herr Codlin bereits getan hatte, in die warme Kaminecke, in der sie bald die früheren Mühseligkeiten vergaßen oder sich ihrer nur noch erinnerten, um die Behaglichkeit des Augenblicks zu erhöhen. Nelly und der alte Mann hatten noch nicht lange ihre Sitze eingenommen, als sie infolge des anstrengenden Tages und überwältigt von der behaglichen Wärme einschliefen.
    »Wer sind die?« flüsterte der Wirt.
    Short schüttelte den Kopf und entgegnete, das möchte er selber auch wissen.
    »Wissen Sie's auch nicht?« fragte der Wirt, sich an Herrn Codlin wendend.
    »Nein«, versetzte dieser, »es ist ihnen nicht über den Weg zu trauen, glaube ich.«
    »Ganz harmlose Menschen, verlassen Sie sich drauf!« sagte Short. »Ich will Ihnen was sagen – das sieht doch jeder, daß es in dem Kopf des alten Mannes nicht ganz richtig ist …«
    »Wenn Ihr keine bessere Neuigkeit wißt als diese«, brummte Herr Codlin, »so wäre es besser, Ihr ließet uns ans Nachtessen denken, statt uns mit solchem Gerede zu inkommodieren.«
    »So laßt mich doch ausreden!« entgegnete sein Gefährte. »Ich sehe außerdem deutlich, daß sie an diese Lebensweise nicht gewöhnt sind. Niemand soll mir weismachen, daß dieses hübsche Kind schon so in der Welt herumgestrichen ist, wie sie es in den zwei oder drei letzten Tagen getan hat. Ich weiß das besser.«
    »Gut; aber wer hat denn das Gegenteil behaupten wollen?« brummte Herr Codlin, indem er abermals nach der Uhr und von da aus nach dem Kessel sah. »Könnt Ihr nicht an etwas denken, das zu den augenblicklichen Verhältnissen
besser paßt, als daß Ihr Sätze aufstellt und ihnen hinterdrein widersprecht?«
    »Nun, so wünschte ich, daß Euch jemand Euer Nachtessen gäbe«, entgegnete Short, »denn es wird doch kein Auskommen mit Euch sein, bis Ihrs habt. Ists Euch nicht aufgefallen, wie es den alten Mann nur drängte, weiter fortzukommen, immer weiter fort, immer weiter fort? Habt Ihr das nicht gesehen?«
    »Hm! Und das weiter?« murmelte Thomas Codlin.
    »Weiter nichts«, erwiderte Short, »als daß er vor seinen Freunden Reißaus genommen hat. Merkt Euch, was ich Euch sage, er hat vor seinen Freunden Reißaus genommen, und die Liebe dieses zarten jungen Wesens, die sie ihm entgegenbringt, benutzt, um sie zu überreden, daß

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