Der Raritätenladen
besonderen machen«, sagte Herr Vuffin feier
lich umherblickend, »aber er hat das Gewerbe verdorben, und er starb.«
Der Wirt atmete tief auf und sah auf den Eigentümer der Hunde, der nickte und verdrießlich sagte, er erinnere sich des Falles.
»Das will ich auch meinen, Jerry«, entgegnete Herr Vuffin bedeutungsvoll. »Ich weiß, daß Ihr Euch daran erinnert, Jerry, und die allgemeine Ansicht war, daß ihm recht geschehen ist. Nun, ich entsinne mich noch der Zeit, da der alte Maunders dreiundzwanzig Korbwägelchen hatte, ich weiß noch gut, wie der alte Maunders in seiner Hütte Spa-Fields zur Winterzeit, wenn die Saison vorüber war, jeden Tag acht männliche und weibliche Zwerge am Tische sitzen hatte, die von acht alten Riesen in grünen Röcken, roten kurzen Hosen, blauen Baumwollstrümpfen und hohen Schuhen bedient wurden: und da war ein Zwerg darunter, dem mit dem Alter auch die Bosheit angeflogen war, und wenn ihm sein Riese nicht schnell genug aufwartete, pflegte er ihm Stecknadeln in die Beine zu stecken, weil er nicht höher hinaufreichen konnte. Das ist Tatsache, denn Maunders hat mir's selbst erzählt.«
»Was fängt man mit den Zwergen an, wenn sie alt werden?« fragte der Wirt.
»Je älter ein Zwerg ist, desto mehr steigt er im Werte«, versetzte Herr Vuffin. »Ein grauköpfiger Zwerg mit recht vielen Runzeln ist über allen Verdacht erhaben. Aber ein Riese, der schwach auf den Beinen ist und nicht aufrecht stehen kann? … Zu einer Karawane mit ihm, aber ihn ja nie zeigen, ihn ja nie zeigen, mag man einem auch noch so viel dafür anbieten!«
Während Herr Vuffin und seine zwei Freunde ihre Pfeife rauchten und sich die Zeit durch derartige Gespräche kürzten, saß der schweigsame Gentleman in einer warmen Ecke und verschluckte, es schien wenigstens so, der Übung halber
ein Dutzend Halbpence, balancierte eine Feder auf seiner Nase und probierte andere derartige Kunststücke, ohne auf die Gesellschaft die mindeste Rücksicht zu nehmen, die ihn ihrerseits gleichfalls völlig unbeachtet ließ. Endlich vermochte das müde Kind seinen Großvater zu bewegen, sich zurückzuziehen, und sie verließen die Gesellschaft, die noch immer um das Feuer saß, während die Hunde in bescheidener Entfernung fest schliefen.
Nachdem Nell dem alten Manne gute Nacht gesagt hatte, begab sie sich in ihr armseliges Dachkämmerchen; sie hatte jedoch kaum die Tür geschlossen, als ganz leise daran gepocht wurde. Sie öffnete sogleich wieder und war ein wenig erstaunt, als sie des Herrn Thomas Codlin ansichtig wurde, den sie unten allem Anschein nach in festem Schlafe verlassen hatte.
»Was gibt es denn?« fragte das Kind.
»Nichts Besonderes, meine Liebe«, versetzte Herr Codlin. »Ich bin Euer Freund. Vielleicht habt Ihr Euch das nicht so gedacht, aber ich bin Euer Freund, nicht er .«
»Wen meint Ihr mit diesem Er?« fragte das Kind.
»Short, meine Liebe. Ich will dir was sagen«, fuhr Codlin fort, »er hat zwar etwas an sich, das vielleicht geeignet ist, euch zu gefallen; trotzdem bin aber doch nur ich der eigentliche offenherzige Mann. Mein Äußeres sieht vielleicht nicht danach aus, aber du darfst dich darauf verlassen, daß ich es bin.«
Das Kind begann unruhig zu werden, denn es glaubte, das Bier habe an Herrn Codlin seine Wirkung getan und die Folge davon sei seine Selbstanpreisung.
»Short ist kein übler Mann und scheint es gut zu meinen«, nahm der Misanthrop wieder auf, »aber er übertreibt. Das ist nun freilich nicht meine Art.«
Eins war gewiß: wenn in Herrn Codlins gewöhnlichem Benehmen ein Fehler war, so war es der, daß er seiner Umgebung
eher zu wenig als zu viel Freundschaft erwies. Das Kind war verblüfft und wußte nicht, was es dazu sagen sollte.
»Laßt euch raten!« fuhr Codlin fort. »Fragt mich nicht warum, aber laßt euch raten! Solange ihr mit uns reist, haltet euch so nahe als möglich an mich! Laßt's euch nicht einfallen, uns zu verlassen, um keinen Preis, sondern haltet euch immer an mich und sagt, daß ich euer Freund bin! Willst du dir das merken, meine Liebe, und willst du immer sagen, daß ich es gewesen sei, der euch freundlich beriet?«
»Aber wo und wann soll ich das sagen?« fragte das Kind unschuldig.
»Oh, bei keiner besondern Gelegenheit«, versetzte Codlin, der durch diese Frage etwas außer Fassung gebracht zu sein schien; »es ist mir nur viel daran gelegen, daß ihr so von mir denkt und mir Gerechtigkeit widerfahren laßt. Ihr könnt gar nicht glauben, was ich
Weitere Kostenlose Bücher