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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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sah noch störrischer aus als je; und allein in der Chaise, auf jede Bewegung des Gauls eifrig achtend, saß Herr Abel, der, als er zufällig aufschaute und Kit vorbeigehen sah, diesem zunickte, als ob er sich hätte den Kopf abnicken wollen.
    Kit wunderte sich, das Pony wiederzusehen und noch dazu unmittelbar vor seiner Wohnung; er konnte sich jedoch nicht denken, zu welchem Zwecke das Pony wohl da sein mochte oder wohin die alte Dame und der alte Herr verschwunden waren, bis er auf die Klinke seiner Tür drückte und beim Eintreten beide in eifriger Unterhaltung mit seiner Mutter dasitzen sah. Bei diesem unerwarteten Anblick zog er seinen Hut und machte ziemlich verwirrt seine beste Verbeugung.
    »Wir sind vor dir hier, Christoph, wie du siehst«, sagte Herr Garland lächelnd.
    »Ja, Sir«, sagte Kit und schaute dabei seine Mutter fragend an, was dieser Besuch zu bedeuten hätte.
    »Der Herr ist so gütig gewesen, mein Lieber«, erwiderte sie auf diese stumme Frage, »sich bei mir zu erkundigen, ob du einen guten Platz hast, ob du überhaupt irgendwo beschäftigt bist, und als ich dies verneinte, war er so freundlich, zu sagen, daß …«
    »Daß wir einen guten Burschen in unserm Hause brauchen könnten«, fielen der alte Herr und die Dame zugleich ein, »und daß wir vielleicht daran denken – wenn alles mit unsern Wünschen und Anforderungen stimmen würde.«
    Da dieses Darandenken offenbar bedeutete, sie wollten daran denken, Kit zu dingen, so wurde dieser von der Aufgeregt
heit seiner Mutter angesteckt und in große Verwirrung versetzt; denn das kleine alte Paar ging sehr systematisch und vorsichtig vor und fragte nach so vielem, daß er seine Aussichten auf einen Erfolg zu bezweifeln anfing.
    »Ihr seht, meine gute Frau«, sagte Frau Garland zu Kits Mutter, »daß es nötig ist, sehr vorsichtig und bedachtsam in solchen Dingen zu sein, denn unsere Familie besteht nur aus drei ruhigen, ordentlichen Leutchen, und es wäre schlimm, wenn wir einen Mißgriff machten und etwas ganz anderes fänden, als was wir hofften oder erwarteten.«
    Kits Mutter entgegnete hierauf, es sei gewiß wahr, sehr recht und ganz in der Ordnung und der Himmel verhüte, daß sie Grund hätte, über irgendeine Nachfrage nach ihrem Charakter oder nach dem ihres Sohnes zu erschrecken. Er sei ein sehr guter Sohn, obgleich sie es als seine Mutter nicht sagen sollte; in dieser Hinsicht getraue sie sich übrigens zu behaupten, daß er nach seinem Vater arte, der nicht nur ein guter Sohn gegen seine Mutter, sondern auch der beste Gatte und Vater gewesen sei. Kit könne und werde dies bekräftigen, und dasselbe würden auch der kleine Jakob und das Wickelkind tun, wenn sie alt genug wären; unglücklicherweise sei dies nicht der Fall, obgleich es für die Kleinen vielleicht viel besser sei, daß sie noch so jung seien, da sie doch nicht wüßten, was für einen Verlust sie erlitten hätten. Und so haspelte Kits Mutter eine lange Geschichte ab, indem sie hin und wieder ihre Augen mit der Schürze abwischte und den Kopf des kleinen Jakob tätschelte, der die Wiege in Bewegung setzte und aus Leibeskräften die fremde Dame und den fremden Herrn anstierte.
    Sobald Kits Mutter ausgesprochen hatte, fiel die alte Dame wieder ein und erklärte, sie zweifle nicht im geringsten, daß Frau Nubbles eine sehr anständige und respektable Person
sei, sonst würde sie sich nicht in dieser Weise ausgedrückt haben; auch verdienten gewiß das Aussehen der Kinder und die Reinlichkeit des Hauses großes Lob und gereichten ihr sehr zur Ehre, worauf Kits Mutter einen Knicks machte und etwas getröstet wurde. Die gute Frau erging sich nun in einem langen und ausführlichen Bericht über Kits Leben und Geschichte von den frühesten Tagen an bis in die Gegenwart, wobei sie es nicht unterließ, seines mirakulösen Sturzes aus dem Fenster der Hinterstube, als er noch ein ganz kleines Kind war, oder seiner ungewöhnlichen Leiden während der Masern zu erwähnen, und ihre Erzählung illustrierte durch die höchst gewissenhafte Wiedergabe des kläglichen Tones, in dem er Tag und Nacht nach Wasser und geröstetem Brot verlangte oder zu ihr sagte: »Weine nicht, Mutter, ich werde bald wieder gesund.« Zum Beweise dieser Angaben berief sie sich auf Frau Green, die bei dem Käsehändler um die Ecke wohnte, und auf mehrere andere Damen und Herren in verschiedenen Teilen von England und Wales – auch auf einen gewissen Herrn Brown, der jetzt Korporal in Ostindien sein müßte und

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