Der Rat der Planeten - Erweiterte und ueberarbeitete Gesamtausgabe der Space Opera
mehr daran, dass die Distriktgrenzen ein Hindernis darstellen.«
»Was soll ich antworten, Kaiserin?«, fragte das Thronario dazwischen.
»Wenn wir nicht mehr daran glauben, dass die Menschheit im Ersten Distrikt sicher ist, dann geben wir auf!« Annas Stimme war heiser.
»Glaubst du nicht, dass viele Menschen längst aufgegeben haben? Es gibt vielleicht keine täglichen Medien in diesem Distrikt. Doch entstehen sie bereits. Und die ersten Meldungen berichten von Massenselbstmorden und dem Entstehen barbarischer Sekten in verschiedenen Kolonien. Menschenopfer werden gebracht, psychische Krankheiten breiten sich aus. Wir sollten auf jeden Fall berücksichtigen, dass es zu einem großen Ende kommen könnte.«
»Die Heiden sagten aber ...«
»Was soll ich antworten, Kaiserin?«
»Die Heiden! Die Heiden!« Nun wurde auch Tämmler laut. »Ich kann es nicht mehr hören. – Was sind die Heiden überhaupt? So etwas wie die Götter unserer Vorfahren? Haben wir nicht gelästert über deren Anbetungen? Vielleicht versteckt sich hinter den Heiden ein durchgeknallter Synusier, der uns einfach nur verarschen will?«
»Du willst mich nicht verstehen, Emma.«
»Was soll ich antworten, Kaiserin?«
»Natürlich verstehe ich dich, Anna! Doch musst du unbedingt die Dinge von allen Seiten betrachten, nicht nur von der, die dir am besten gefällt!«
Ruckartig wandte sich Anna zu Jovinus um. »Teile den Regierungen mit, dass keine weiteren VERVOER zur Verfügung stehen.« Anschließend wischte sie Tränen von ihren Wangen, rückte die Krone mit dem Schleier gerade, zog den Schleier etwas vor ihr Gesicht und ging voller Elan auf eine Schleuse zu. »Aufmachen!«, befahl sie laut.
Das große Tor öffnete sich sanft. Anna trat in die Kuppelhalle der Pyramide und Jovinus folgte ihr schwebend. Geräuschvoller schloss sich die Schleuse hinter ihnen. Die Kaiserin blieb hinter dem Portal stehen und schaute sich um.
Ihr bot sich ein merkwürdiger Anblick. Die Bänke und Tische, die in dieser Halle installiert waren und dem Rat der Planeten oder anderen Gremien dienen sollten, hatte man bis auf eine einzige Gruppe versenkt. Diese stand allein im Zentrum der gewaltigen Halle, die mehrere hundert Meter in der Höhe zu einer Spitze auslief. Die Beleuchtung wirkte äußerst spärlich und kühl. Ein Roboter fuhr in diesem Moment mit knirschendem Fahrwerk aus einer Versorgungsluke. Er passte sich dem skurrilen Gesamtbild an. Sein Kopf drehte sich zu Anna. Er trug eine Schürze, unter der eine Waffe hervorragte. In den Greifern hielt er ein Tablett mit gefüllten Gläsern und Tellern. Er fuhr zum einzigen Tisch, deckte ihn vorbildlich und sprach dann mit röhrender, männlicher Stimme: »Kaiserin, es ist angerichtet.« Sodann drehte sich der Roboter auf der Stelle und verschwand ebenso geräuschvoll hinter der sich schließenden Versorgungsluke.
Am Tisch saß der dicke Mann, schäbig und abstoßend. Er blickte auf die Speisen, nicht zu Anna.
Jovinus flog in eine dunkle Ecke und begann dort einen lautlosen Datenaustausch mit Plaabla, dem Thronario, das Veit Erso stets begleitete.
Zögernd lief Anna durch die Kuppelhalle auf den Tisch zu, blieb davor stehen und betrachtete Veit Erso.
»Setz dich, Kaiserkindchen, sonst wird alles kalt!«, murmelte der Mann und leckte sich die Lippen.
Anna brachte zunächst kein Wort heraus. Sie nahm den ihr zugedachten Platz ein, zog die Krone samt Schleier vom Kopf und ließ beides neben sich auf den Boden fallen.
»B1-1B hat das Essen zubereitet. Austern von Aurus, Brot von Fees und Honig von Rook. Dazu ein Gemüse, das die M’baganianer P’gah nennen. Einfach köstlich! Und ein guter Wein von Universus. – Greif zu, kleine Kaiserin! Es ist vielleicht die letzte Spende aus dem Vorratsraum der QUWATAHULYA.« Veit Erso packte sich den Teller voll und begann sein Mahl. Er redete mit vollem Mund: »Mein Schiff wurde beschlagnahmt. Zum Transport von Menschen. – Was ist? Hast du keinen Appetit? Du kannst es besser vertragen als ich.«
Eine Minute lang beobachtete Anna den alten Mann. Dann nahm sie sich etwas P’gah und stocherte darin herum. »Du bist der merkwürdigste Mensch, dem ich jemals begegnet bin«, flüsterte sie.
Einen Augenblick lang schaute Veit Erso kauend auf. »Nein, Kindchen. Ich bin der normalste Mensch, dem du jemals begegnet bist. Und das macht mich so merkwürdig in deinen Augen.«
»Ich ...«
»Du musst dich nicht entschuldigen, Anna«, unterbrach der Alte.
»Das wollte ich auch
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