Der Rat der Planeten - Erweiterte und ueberarbeitete Gesamtausgabe der Space Opera
die beiden Kinder laufen.
»Tante Anna«, sagte Leif. »Warum denkst du, dass wir nicht leben würden, wenn wir gerettet werden?«
Anna hielt Leif fest und drückte den schmächtigen Kerl an sich. »Ihr habt also alles mitgehört?«
»Das war nicht schwer, Tante Anna. – Warum denkst du das? Muutaapa tut alles, damit wir gerettet werden. Und die Heidenkinder auch. Aber ... sie können uns nicht finden.«
Vorsichtig legte Anna einen Finger über Leifs Lippen, damit der Mund kurz schwieg. »Was denkst du, das ich tun sollte, damit uns die Heiden finden?«
Im Saal war es totenstill.
Leif flüsterte, denn er genoss die Aufmerksamkeit. »Sie müssen alle hier sein. Du solltest den Rat der Planeten einberufen.«
»Den Rat der Planeten? Sie können nicht alle hier sein! Viele Ikonier sind tot.«
Lykke zog an Leifs Ärmel, worauf beide lachten.
Nun war es so weit, dass die Kaiserin sich selbst wie ein Kind vorkam. Sie verstand nichts. Die Lage war ernst und bedrohlich, doch die beiden Kinder lachten über sie.
Es war Telonia, der die Gedanken der Kinder teilte und sich nun der jungen Frau näherte. »Kaiserin Anna, die beiden kleinen Synusier haben eine andere Definition des Rates der Planeten.«
»Und ... welche Definition wäre das?«
»Re, Atum und Muutaapa meinen doch einen Rat aus Synusiern. Du solltest sie alle hier zusammenbringen, Tante Anna. Und das hast du geschafft.«
»Das habe ich geschafft?«, fragte Anna ungläubig.
»Natürlich. Alle sind hier. Ich, Lykke, Papa, Mama, Guvaika, Telonia, Koor Mina und du, Tante Anna.«
*
Nedal Nib betrachtete seinen schlafenden Sohn Baba, der, wie schon damals als kleines Kind, neben Fidelia lag, zusammengerollt und den Kopf unter den Armen versteckt. Doch war Baba längst ein Mann geworden.
Nachdem Nedal Nib lange dagestanden und die beiden beobachtet hatte, setzte er sich an einen Tisch und ließ den Kopf in die Arme sinken.
Ein ganzes Leben zog an ihm vorüber. Einzelne Erinnerungen schlugen auf ihn ein.
Die eigene Kindheit des Lecohraners, unbeschwert und glücklich auf Rook. Die erzwungene Militärzeit als junger Mann und Söldner, die erste Liebe mit dem verrückten Mädchen Fidelia, dann die ersten politischen Aktivitäten, die Geburt einer wunderschönen Tochter und der feige Anschlag Insaidias, bei dem die Tochter gestorben war. Das Aufwachsen der beiden Söhne Baba und Keko, zunächst auf Rook, dann auf verschiedenen Schiffen, stets versteckt und auf der Flucht.
Baba war in die Kommandozentrale gestürmt und hatte beinahe einen Ikonier umgerannt. Kurz darauf war auch Keko herbeigelaufen, war gestolpert und der Länge nach hingefallen, was ihn aber nicht zu stören schien. Er hatte gebrüllt: »Ich fang dich und dann mach ich dich tot, Baba!«
Nedal Nib hatte daraufhin den kleinen Sohn mit einer Hand am Hosensaum hochgehoben und so gedreht, dass dieser Junge ins Gesicht des Vaters sehen musste. »Baba ist dein Bruder«, hatte er gesagt. »Du darfst ihn nicht totmachen. Ich habe dir das schon tausend Mal erklärt! Brüder hat man lieb und tötet sie nicht einfach.«
»Och, nicht mal ein bisschen?«, hatte der kleine Kerl in der Luft hängend und zappelnd gefragt.
»Nicht mal ein bisschen«, hatte Nedal Nib festgelegt. Dann hatte er den Jungen mit den Trägern der Hose an einen Kabelhaken der Wand gehängt, so dass dieser nicht mehr fortrennen konnte.
Baba, der nach Rook-Verhältnissen zehnjährige Bruder von Keko, hatte nichts Besseres zu tun gehabt, als dem in der Luft hängenden Brüderchen die Zunge entgegenzustrecken. Zu seinem Pech hatte er ähnliche Hosen wie Keko getragen, nur einige Nummern größer. Kurz darauf hatte er neben Keko gehangen. Die nachfolgenden Geschehnisse hatten die Jungs von oben betrachten müssen ...
Der Tag, an dem Nedal Nib erfahren hatte, dass der Ikonier Insaidia hinter dem Anschlag auf die Regierung Rooks steckte; der Plan zur Rache, den er mit Fidelia umsetzte, die Entwicklung zu einem Auftragskiller, um an Insaidia heranzukommen, dessen Tod und die Flucht mit den Zwillingen Malte und Anna zum Planeten Erde, das glückliche Aufwachsen seiner Kinder; Kriege, Kriege, Kriege. Schließlich die Heimkehr nach Rook, der Honighandel, die Vertreibung und der Tod Kekos. Auch die Rettung der Menschen von Fees-Eins war nicht spurlos an Nedal Nib vorübergegangen.
Und nun ... ein Blick in den sicheren Tod. Die von Minute zu Minute steigende Angst vor dem Ende. Eine unbeschreibliche Ausweglosigkeit, die Nedal Nib Schlaf
Weitere Kostenlose Bücher