Der Rat der Zehn
zurückgelegt hatte, und lenkte sich ab, indem er noch einmal die vergangene Zeitspanne überdachte. Es war jetzt Mittwochmorgen, einige Stunden vor Sonnenaufgang. Seit Sonntagnacht war er bei Jabba gewesen, war in die Klamotten geschlüpft, die der fette Mann ihm spät am Dienstag gebracht hatte.
Plötzlich verlief der schmutzige Pfad steil nach oben. Ich bin fast draußen! dachte Drew und lechzte nach dem Mondschein, der ihn begrüßen würde. Dann zum Telefon und alle Nummern anrufen, die in seiner Tasche steckten. Jedem, der antwortet, alles erzählen. Ja, das würde er tun! Er zog sich das letzte steile Stück hinauf und stieß beinahe mit dem Kopf gegen eine hölzerne Tür.
Mit der ganzen Kraft seiner Schultern drückte er die Tür hoch. Er zog sich mit seinen aufgerissenen Händen heraus und zurück auf den Erdboden.
Sofort wurde er von drei Taschenlampen geblendet. Im gleißenden Licht konnte er einen einzelnen Mann erkennen, der vor mehreren anderen stand, ein Mann mit furchterregend weißem Haar und weißer Haut, die sich von der Farbe seines Anzuges kaum zu unterscheiden schien. »Wir haben schon auf dich gewartet«, sagte Corbano.
30
»Es ist unmöglich«, sagte Elliana und gab dem Timberwolf das Fernglas zurück.
»Drew ist dort drinnen, Ellie. Ich muß ihn rausholen.«
Und Waymann starrte durch das Fernglas, um ihrem mißbilligenden Blick zu entrinnen. Vor ihm stand eine dreistöckige Festung mitten in Eastman, Georgia, mit zwanzig Zimmern, umgeben von einer etwa einen Meter zwanzig hohen Steinmauer, die wirkungsvoll einen riesigen, von Wachen umsäumten Hof abschirmte.
Es war Mittwochnachmittag. Der Flug von Deutschland in die Vereinigten Staaten und der Weg in Georgias tiefstes Hinterland war ein schwieriges Unterfangen gewesen. Eine quälende Reise, die sie in unberechenbares Wetter führte, mit zusammengebrochenen Flugplätzen und schlecht funktionierenden Mietwagen. Es schien immer wichtiger zu werden, die Vorsichtsmaßnahmen zu vergessen, um den Rat der Zehn davon abzuhalten, sie zu fangen. Die Zeit drängte.
Der einzige Luxus, auf dem Ellie bestand, war ein Telefongespräch nach Tel Aviv.
»Isser, Gott sei Dank, daß ich dich erreiche!«
Issers Stimme klang dumpf und monoton.
»Es gibt keinen Grund, daß du ihm dankst, Ellie. Ich kann deine Version von dem, was in Prag passiert ist, nicht bestätigen. Der Agent, von dem du behauptest, er habe versucht dich zu töten, ist seit Monaten nicht mehr auf unserer aktiven Liste, ist einfach verschwunden.«
»Das ist jetzt auch egal! Hör einfach nur zu. Der Rat ist bereit, den letzten Schritt zu tun. Morgen, Isser, morgen geht es los!«
»Was geht los?«
»Der größte Horror, den du dir vorstellen kannst. Eine totale politische Neuordnung der Welt. Ich kann jetzt nicht alles erklären. Ich glaube auch nicht alles.«
»Erwartest du, daß ich es tue?«
»Ja, weil du es mußt. Ich mache mir keine Gedanken über die Länge des Gesprächs, denn wenn du mir nicht glaubst, macht es meinem Schicksal auch nichts mehr aus. Ich habe Informationen, die diese Leute stoppen können, aber ich kann sie nicht allein verfolgen. Du verlierst nichts, wenn du mir hilfst.«
»Ellie …«
»Schluß jetzt, Isser. Wie viele Jahre habe ich allein für euch gelebt? Wie vielen Kugeln konnte ich eben gerade noch ausweichen? Ich war die Beste, ich bin die Beste. Das ist alles wahr, keine Illusion. Donnerstag wird der erste Tag einer neuen Welt sein. Niemand wird mehr sicher sein, am wenigsten Israel. Glaube mir! Du mußt es!« Sie machte eine Pause und ergriff wieder die Offensive, als er nicht antwortete. »Die Zentrale des Rats der Zehn ist irgendwo in der Nähe von Lissabon. Es ist egal, woher ich es weiß. Worauf es ankommt ist, daß morgen irgendwann eine Anzahl von außergewöhnlich mächtigen Männern in der Stadt eintreffen wird. Wenn du einen davon aufspüren kannst, dann verfolge ihn …«
»Ellie, was du verlangst ist unmöglich.«
Sie fühlte, daß er nachgab. »Nein! Ich habe schon früher ähnliche Transaktionen geleitet. Wenn du deine ganze Intelligenz mobilisierst, kannst du es schaffen. Du mußt es schaffen. Es steht zuviel auf dem Spiel.«
»Lissabon«, murmelte Isser, und sie wußte, daß sie ihn jetzt hatte.
Nach vierundzwanzig Stunden kamen Ellie und der Timberwolf in Eastman an. Sie fuhren zehn Meilen über schmutzige Straßen und ließen dann das Auto stehen. Sie versteckten es hinter Gestrüpp und legten den Rest der Strecke durch den
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