Der Rat der Zehn
Wald zu Fuß zurück. Sie hofften, daß niemand auf sie aufmerksam würde. Der Weg war länger, als sie gedacht hatten. Sie brauchten gut vierzig Minuten, um zur Lichtung zu gelangen, an der das umzäunte Gebäude lag. Einige Minuten später kämpfte sich ein schwarzes Auto durch Schlamm und Gestrüpp den schmalen Privatweg entlang. Eine schwere Kette wurde beiseite genommen, um das Auto passieren zu lassen. Interessiert beobachteten Waymann und Ellie die Autoinsassen, als sich alle vier Türen gleichzeitig öffneten.
Der erste, den sie sahen, war Corbano, der einen feinen weißen Anzug über seinem muskulösen Körper trug. Seine milchig weißen Gesichtszüge gaben ihm das Aussehen einer Leiche. Er sah schreckenerregend, kalt und tot aus.
Zwei seiner Männer zogen eine Gestalt heraus, die Ellie nicht erkennen konnte, die aber dem Timberwolf den Atem raubte.
»Das ist Drew Jordan«, murmelte er geschockt, und gleichzeitig überrascht, daß der junge Mann noch am Leben war. »Mein Gott, er … Was macht er hier? Wofür braucht Corbano ihn?«
»Wichtig ist«, sagte Ellie, »daß er lebt.«
»Nicht mehr lange, wenn wir nichts tun.«
»Hast du eine Idee?«
Der Timberwolf schaute durch das Fernglas und dachte dabei nach. Da waren mindestens ein Dutzend Wachen draußen, und in dem Haus, in das Drew Jordan geführt wurde, befanden sich gewiß noch mehr.
»Ich muß ihn rausholen«, sagte Waymann ein zweites Mal.
»Ich bin einverstanden«, gab sie nach. »Wenn wir Corbano auch bekommen. Er ist eine Schlüsselfigur. Die Aktion Pulverfaß soll morgen an der Ostküste beginnen. Er ist unsere einzige Chance, die ganze Sache noch zu stoppen.«
»Vielleicht. Aber der Rat zieht die Fäden. Er gibt nicht mehr Kontrolle als unbedingt nötig. Das bedeutet, daß die Signale aus der Zentrale kommen werden, nicht von hier.«
»Stimmt. Aber wir wissen eben nicht, wo sich die Zentrale befindet. Corbano muß es wissen. Wir müssen ihn haben.«
»Bei Einbruch der Nacht«, sagte der Timberwolf plötzlich. Seine Gedanken schienen sich zu sammeln.
»Wir haben deine Pistole und meine. Das ist reichlich wenig an Feuerkraft.«
»Dann müssen wir uns mehr besorgen.«
»Jetzt? Wie denn?«
»Du bleibst hier«, befahl Waymann und ging los.
»Wohin gehst du?«
»Einkaufen.«
»Wie gut, dich munter zu sehen«, sagte der völlig weiße Mann zu Drew, als dieser aufsah. Seine Augen hatten Mühe, sich einzustellen. Sein Kopf schmerzte.
»Ja«, fuhr der Mann fort, »es geht dir wahrscheinlich nicht gut. Wir haben dir etwas gegeben, um dir die Fahrt von Virginia hierher einfacher zu machen.« Corbano stand auf und stellte sich zwischen Drew und einem lodernden Feuer, das einer der vielen Männer im Zimmer entfacht hatte und jetzt schürte. »Gibt es irgend etwas, was ich dir geben kann?«
»Wasser«, brachte Drew hervor.
»Ja, natürlich.«
Corbano ließ sofort ein Glas kommen. Ein anderer Mann gab es ihm. Corbano machte einen Schritt nach vorn und bot es Drew an, zog es aber im letzten Moment zurück und schüttete ihm den gesamten Inhalt ins Gesicht.
»Oh, es tut mir leid. Wie ungeschickt von mir …« Drew leckte sein Gesicht ab, um möglichst viel von der Flüssigkeit zu erwischen.
Am anderen Ende des Zimmers loderten die Flammen im Kamin immer höher.
»Ungewöhnlich kalt für einen Herbst im Hinterland«, sagte Corbano zu niemanden direkt. »Eine hervorragend geeignete Nacht, um am Kamin zu sitzen.«
Dann, an Drew gerichtet: »Du weißt alles über Feuer, nicht wahr? Sonntagnacht wurde das Labor durch ein Feuer zerstört. Ich habe gehört, daß deine Freundin schwere Verletzungen davontrug und daß du selbst sehr knapp dem gleichen Schicksal entkommen bist. Was für eine Schande … Sie war so ein schönes Mädchen …«
Drew fühlte die Wut in sich aufsteigen. Haßerfüllt blickte er den weißen Mann an.
»Du wärst besser damals gestorben«, sagte Corbano. »Jetzt hast du die Dinge für dich selbst nur komplizierter gemacht … und für mich.«
Er machte eine Pause. »Es war nicht schwierig für uns, das Versteck deines fetten Freundes aufzuspüren. Er starb allein, Drew, so wie du es auch tun wirst.«
Drew knirschte mit den Zähnen.
»Du wirst meine Fragen beantworten, oder?«
Drew sah ihn nur an.
»Ich könnte dir ein Wahrheitsserum geben. In deiner jetzigen Verfassung würde es dich bestimmt umbringen. Aber dann hättest du nicht genug Schmerzen. Können wir sie jetzt verursachen?«
Corbano ging zu einem der
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