Der Rat der Zehn
selbst in Teegs Augen, obwohl dieser andere selten als groß oder stark empfand. Er würde es niemals wagen, den weißhaarigen Mann zu betrügen, jedoch aus anderen Gründen als wegen dessen Ruf. Teeg haßte die Art, auf die seine Augen ihn auseinandernahmen, jede seiner Bewegungen und Handlungen analysierend, während sein Hirn jeden Bericht, den Teeg abgab, entschlüsselte. Es waren tiefliegende Augen, fast eingefallen, sehr hell und irgendwie mandelförmig. Augen, hatte Teeg oft gehört, waren der Spiegel der Seele. Wenn dies der Fall war, verzichtete er darauf, sich vorzustellen, was sich im Inneren des weißhaarigen Mannes verbarg, obwohl er sicher war, das es die Basis für ihre erfreuliche Verbindung darstellte.
Heute pries er die Tatsache, daß die Sonnenbrille des weißhaarigen Mannes seine milchigen Pupillen verbarg.
»Blieb Selinas noch viel Zeit mit Jordan?« fragte er Teeg plötzlich.
»Soviel ich weiß, nicht. Und selbst wenn, dann hat er nichts verraten, was uns schaden könnte.«
Der Weißhaarige lächelte. »Ich bin froh, daß ich dich eingesetzt habe, um ihn möglichst langsam sterben zu lassen. Er hat uns betrogen. Nur der Tod allein war keine ausreichende Strafe. Er mußte leiden.«
Teeg bewegte seinen Haken. »Er hat gelitten.«
Eine Wolke schob sich vor die Sonne, und der weißhaarige Mann nahm seine Sonnenbrille ab. »Über die Zeit zwischen seiner Flucht aus dem Hafen und dem Zeitpunkt, zu dem er verhaftet wurde, wissen wir nichts. Wir haben keine Ahnung, wo Jordan war und mit wem er gesprochen haben könnte.«
»Er kann uns nicht geschadet haben.«
»Was tat er in Bay Harbor, als die Polizei ihn schließlich fand? Das stört mich auch. Aber es ist seine Flucht, mit der wir uns beschäftigen müssen – und mit denen, die dahinterstecken. Wir müssen davon ausgehen, daß er einen Schutzengel bekommen hat und wir einen neuen Feind.«
»Hast du Europa informiert?« Teeg erhob sich und hoffte auf die Rückkehr der Sonne, damit der weißhaarige Mann einen Grund hatte, seine Sonnenbrille wieder aufzusetzen.
»Ich werde sie informieren, wenn diese Jordan-Sache geregelt ist und nicht eher. Er muß mit aller gebührenden Eile ins Jenseits befördert werden. Unsere Fehler müssen korrigiert werden, selbst wenn das bedeutet, daß die Identität seines Schutzengels ein Geheimnis bleibt.« Er unterbrach sich. »Jordan wird nach Nassau gehen. Er weiß, daß es dort für seine Großmutter angefangen hat und es dort also auch für ihn beginnen muß.« Er machte eine kleine Pause. »Und enden muß.«
Die Sonne schaute hinter einer Wolke hervor und glänzte auf dem Haken des Riesen. »Sieh es als erledigt an.«
Corbano lächelte.
18
Drew kam am frühen Donnerstagnachmittag an. Den Rest seines Aufenthalts in Kolumbien hatte er damit verbracht, mit Trelanas Leuten die Rolle zu studieren, die er spielen sollte. Als Narcotrafficanté Adam Balazar, der vorhat, einem als unterbrochen geltenden Drogenring zu folgen, gab es Dinge, die er tun oder nicht tun, sagen oder nicht sagen durfte.
Drews Tarnung schloß Flugreisen ein, die niemals zur vorgesehenen Zeit erfolgten. Er kam schließlich mit mehr als sechsstündiger Verspätung an und nahm ein Taxi vom Nassauer Flughafen zum Cable-Beach-Hotel und Kasino. Die Ausmaße des Komplexes erstaunten ihn. Die Postkarten seiner Großmutter konnten den Zwillingsflügeln, von denen jeder fast vierhundert Betten beinhaltete, nicht gerecht werden. Sie konnten auch nicht den ultramodernen Sportkomplex widerspiegeln, der dem Hotel gegenüber lag und dessen Annehmlichkeiten die Hotelgäste frei genießen konnten. Ein kurzer Spaziergang von kaum hundertachtzig Metern würde ihn zum schönen weißen Sandstrand, der an das Hotel grenzte, bringen, und das Kasino war natürlich in der ganzen Welt berühmt.
Dem Swimming-pool-Bereich galt jedoch Drews größtes Interesse, und er wollte hinuntergehen, sobald er eingecheckt und sich umgezogen hatte. In seiner Tasche hatte er eine Goldmünze, die er nach Trelanas Anweisungen einem Pooldiener übergeben sollte, ein Zeichen, das die Glieder der Kette wieder einklinken lassen würde. Es war das gleiche Zeichen, das seine Großmutter auf ihren Reisen hierher benutzt hatte. Er würde viele ihrer Handlungen nachvollziehen, und sie würden ihn letztendlich zum Infiltrationspunkt der Kette bringen, Trelanas Nadelstich in den Sack mit jenem weißen Pulver, das die Großmütter das Leben gekostet hatte.
Drew bekam ein Zimmer im dritten
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