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Der Rat der Zehn

Titel: Der Rat der Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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war genug für mich.«
    »Es war mehr als genug. Es war zuviel.«
    »Denkst du das wirklich?«
    »Ich denke, daß es dich auffraß, dich ausbrannte. Ich glaube auch, daß du deshalb aufgehört hast. Nach Korsika …«
    »Vergiß Korsika.«
    »Das kann ich nicht, ebensowenig wie du«, sagte sie anklagend. »Es bedeutete das Ende, weil du plötzlich nicht mehr deinen eigenen Idealen entsprechen konntest. Aber es war unmöglich, weil niemand diesen Idealen entsprechen konnte. Sie waren zu verdammt hochgesteckt, und im Laufe der Jahre und nach all den Aufgaben wurden sie immer höher. Du hast zuviel von der Firma, von mir und hauptsächlich von dir selbst erwartet.«
    »Wie kann man zuviel erwarten? Wir haben für eine Sache gekämpft, verdammt noch mal!«
    »Das ist das Problem. Du wurdest die Sache, Peter, und als dir klar wurde, daß du nicht alleine gewinnen konntest, daß dir wie dem Rest der Menschheit Fehler unterliefen, bist du ausgestiegen. Corbano war nötig, um dir schließlich die Wahrheit zu zeigen.«
    »Scheiß auf Corbano. Alles, was er mir zeigte, waren die Körper all dieser Kinder, die starben, weil ich versagt hatte.«
    Jillys Stimme wurde weicher. »Niemand gab dir die Schuld.«
    Waymanns Gesichtsausdruck war ruhig bis zu einem Grad, den man als steinern bezeichnen konnte. »Aber das Problem war, daß ich mir die Schuld gab. Du kanntest mich besser als irgend jemand sonst damals, und das meiste von dem, was du sagst, ist völlig richtig. Das einzige, was du ausgelassen hast war die Angst. Nach Korsika hatte ich Angst, einen Fehler zu machen, nicht mehr meiner eigenen Legende entsprechen zu können. Ich habe das Handtuch geworfen, weil ich glaubte, vor diesen Wertmaßstäben, die ich mir selbst gesetzt hatte, weglaufen zu müssen.« Seine Gesichtszüge wurden straffer, die Stimme wurde entschiedener. »Aber ich konnte es nicht. Und vor ein paar Tagen, als ich diesen jungen Mann wegschickte, habe ich alle Ideale verraten, denen ich früher einmal nachstrebte. Ich versuchte mir zu sagen, daß der Kodex nicht mehr zählte, daß ich so lange ohne ihn gelebt hatte – was bedeutete da schon das Leben eines armen Hundes mehr?« Er schwieg. »Eine Menge, Jilly. Wertmaßstab Nummer eins. Und wenn ich ihn verrate, wenn ich diesem Kerl nicht helfe, indem ich mich weiter abwende, dann wird alles, was ich glaubte, erreicht zu haben, bedeutungslos sein, weil ich dann nicht besser bin als diese Scheißer, die ich all die Jahre gejagt habe.«
    Eine Weile sagte keiner von beiden etwas, aber dann, fast widerwillig, holte Jilly noch eine Mappe aus ihrer Tasche. »Das könnte das sein, was du brauchst, Peter. Ich habe diese dreißig Adressen, die du mir gabst, durchlaufen lassen und eine direkte Verbindung zu den Riveros erhalten – zweifellos ihre Verteilerstelle. Und die Zeiten von Aktivität korrespondieren mit der jeweiligen Rückkehr dieser Großmütter aus Nassau. Aber was bedeutet das?«
    »Eine Menge, Jilly«, sagte Timberwolf. »Eine ganze Menge.«
    Es war der ohrenbetäubende Lärm des Mahlwerkes, der Ellie wieder völlig zu Bewußtsein brachte. Ihr Herz hämmerte und pochte. Sie zwang sich nachzudenken, zu planen.
    Hellhaar schleppte sie über den Boden in Richtung der Preßmaschine. Da Dunkelhaar direkt hinter ihnen herging, mit gezogener Pistole, die freie Hand auf die verletzte Schulter pressend, bedeutete das, daß Lefleur die Maschine angeschaltet hatte. Das waren also drei gegen eine, ganz abgesehen von der Maschine. Lausige Chancen.
    Ellie hielt die Augen gesenkt und ließ die Füße schleifen. Das war ihre einzige Chance. Der Schlag auf ihre Schläfe hatte ihr eine klaffende Wunde beigebracht, die allerdings viel schlimmer aussah als sie war. Das Blut würde ihr als Tarnung dienen. Sie konnte die Preßmaschine jetzt sehen.
    Es war ein riesiger Apparat, dessen Öffnung am Ende einer Rampe etwa zwei Meter über dem Boden lag. Gab man dort Fische hinein, kamen die gepreßten Teile heraus, fertig zum Einfrieren oder zur Auslieferung, so wie sie waren. Um große Ladungen leichter einfüllen zu können, war die Öffnung recht groß – groß genug für einen menschlichen Körper.
    Ellie versuchte nicht daran zu denken, wie ein Körper aussehen würde, wenn er auf dem Fließband seinen Weg zur Gefrierstation nahm.
    Das Preßwerk brummte laut. Ellie roch Schmierfett. Schritte kamen näher. Ohne Zweifel war das Lefleur, der bei dem gräßlichen Mord dabeisein wollte. Sie konnte seinen vor Anstrengung

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