Der Rattenfänger
wartete, hatte Admiral Decres schließlich das Zeichen zum Abtauchen gegeben.
Kurz darauf hatte eine Explosion den Fluss aufgewühlt und die Barke war sofort gesunken. Wie ein Donnerschlag war der Knall über das Sumpfland gehallt und hatte Wasservögel im Umkreis von einem Kilometer aufgescheucht. Wrackteile trieben ans Ufer, und die zersplitterten Planken des Boots steckten im Schlamm. Der Kaiser hatte sich sehr beeindruckt gezeigt und Lee zu einem Spaziergang eingeladen. Es galt wichtige Fragen zu erörtern.
Dieser Spaziergang aber hatte erst nach der Entdeckung des Spions stattgefunden.
Ausgerechnet der einäugige Major Daubert hatte das im Sonnenlicht aufblitzende Fernrohr entdeckt und sofort den Verdacht geschöpft, dass ein Agent heimlich Zeuge dieser Operation geworden war.
Sofort hatte der Major mit seinen Leuten die Verfolgung der Gestalt aufgenommen, die hinter einer Sanddüne aufgetaucht und dann sofort geflohen war. Auch Napoleons Eskorte war losgeprescht, um dem Flüchtenden den Weg abzuschneiden. Es war vorauszusehen, dass die Grenadiere und die Reiter den Mann stellen würden. Ein Entkommen war unmöglich.
Erst als zwei Grenadiere, der erste von einer Pistolenkugel niedergestreckt, der zweite mit dem Schwert erschlagen, tot im Sand gefunden worden waren, kam der Major zu dem Schluss, dass es sich bei dem Flüchtenden weder um einen Bauern noch um einen Wilderer handelte und es klüger wäre, den Mann gefangen zu nehmen, damit er verhört werden konnte.
Doch ehe der Major seinen Männern einen entsprechenden Befehl erteilen konnte, war der mittlerweile im seichten Gewässer watende Flüchtende von einem Gewehrschuss getroffen worden, hatte es jedoch noch geschafft, bis zur Mitte des Flusses zu schwimmen. Der Major hatte seinen Männern gerade befohlen, nicht zu schießen, als der Mann im Wasser versank und nicht wieder auftauchte. Die Strömung musste die Leiche mit sich fortgerissen haben.
Das hatte der Major vermutet.
Neben dem toten Grenadier hatte man eine Pistole gefunden und sie William Lee gezeigt. Lee hatte sofort der Annahme des Majors widersprochen, bei dem Flüchtenden könne es sich um einen neugierigen Bauern gehandelt haben. Auch die Spekulation des Admirals, bei dem Mann habe es sich eventuell um einen Attentäter gehandelt, der von den im Exil lebenden Gegnern des Kaisers beauftragt worden war, erwies sich als haltlos.
William Lee hatte die Pistole sofort als englisches Fabrikat erkannt und auf den eingravierten Namen der Stadt York im Kolben hingewiesen und erklärt, dass diese Waffe hauptsächlich von Marineoffizieren getragen werde.
Was hatte das zu bedeuten?
Lee hatte den Kaiser darüber aufgeklärt, dass die Briten von der Existenz dieser neuen Waffe wüssten. Fulton habe sie ihnen vor sieben Jahre angeboten, aber die Engländer hätten das Projekt verworfen. Es sei jedoch vorstellbar, dass Informationen über die Weiterentwicklung des Unterseeboots nach England gedrungen seien und der Geheimdienst Spione nach Frankreich geschickt habe, um Nachforschungen anzustellen.
Jedenfalls hätte ich das getan, hatte Lee noch hinzugefügt.
Auf dem folgenden gemeinsamen Spaziergang von Lee und dem Kaiser hatten die beiden den Plan zur Versenkung eines britischen Kriegsschiffs entwickelt.
Lee war erstaunt gewesen, mit welcher Offenheit der Kaiser über den Verlauf der Kriege gesprochen hatte.
Wellingtons Siege in Spanien würden dazu führen, dass Frankreichs Verbündete die Seiten wechselten. Und nicht nur die südlichen Grenzen des Reichs seien bedroht, sondern auch mit der Unterstützung Zar Alexanders könne der Kaiser nicht mehr rechnen. Wahrscheinlich müssten diesbezüglich Maßnahmen ergriffen werden.
Da hatte Lee das Undenkbare ausgesprochen. »Euer Majestät würden Russland angreifen?«
Der Kaiser hatte nur mit den Schultern gezuckt und gesagt: »Vielleicht.«
Und das würde bedeuten, dass Napoleons Armeen an zwei Fronten kämpfen müssten und dadurch erheblich an Schlagkraft verlören.
»Deshalb muss dringend ein Wunder her«, hatte der Kaiser finster lächelnd verkündet. »Ein kleines würde schon reichen.«
Und dieser Schlüssel zum Erfolg könnte Fultons Kriegsgerät sein. Dadurch könnte Britanniens Nachschub an Truppen und Material nach Spanien behindert werden, was wiederum den Franzosen ermöglichen würde, sich neu zu formieren und Wellingtons Flotte aufs Meer hinauszutreiben. Was zweifelsohne Zar Alexander dazu bewegen würde, seine Verpflichtungen neu
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