Der Raub des Wikingers
er sprach. »Wir führen unausgesetzt Kriege gegen die Ungläubigen, um sie in die Wüste zurückzutreiben. Dort hat mein Bruder Leo das Kommando. Habt Ihr Probleme damit, gegen Araber zu kämpfen ?«
Aus irgendeinem Grund sah Tyra kurz Rashids Gesicht vor sich, doch sie antwortete, wie es von ihr erwartet wurde: »Der Feind meines Freundes ist auch mein Feind.«
Er nickte zufrieden und winkte dann in Richtung des Kaisers. »Es sei, wie Ihr wünscht, Majestät.« Damit zog er sich wieder zurück.
Romanus kam die Stufen herunter und lächelte sie strahlend an. »Willkommen in Byzanz«, erklärte er und küsste sie leicht auf beide Wangen.
Tyra sah über seiner Schulter, dass Theophano ihr einen hasserfüllten Blick zuwarf. Anscheinend war sie nicht bei allen in Byzanz willkommen.
»Sei vorsichtig«, warnte Gunter sie leise. »Seid sehr vorsichtig, Mylady.«
Egil ergänzte von der anderen Seite: »Du befindest dich im Nest einer Viper. Und die Königin bleckt schon ihre Giftzähne.«
Die warnenden Worte bestätigten sich, als auch die Kaiserin von der Empore stieg und zur Seite ging, wo sie sich leise mit General Phocas austauschte und Tyra ab und zu einen Blick zuwarf.
Tyra überkam ein unbehagliches Gefühl von Vorahnung. Kriege konnte sie führen, das hatte sie gelernt. Aber mit Hofintrigen kannte sie sich nicht aus.
Gunter und Egil und ein paar Dutzend ihrer hesire begleiteten sie, aber Tyra kam dennoch zu einer alarmierenden Erkenntnis:
Ich bin ganz alleine.
Tyras Ängste kamen in der Nacht zurück, als sie sich für das Bett in einer kleinen Kammer des Schlosses fertig machte, die ihr zugewiesen worden war. Gunter, Egil und ihre Männer hatten Quartier in der Armeebaracke bezogen. Damit war sie von ihren Männern isoliert.
Azize, die türkische Dienerin, die ihr zur Seite gestellt worden war, flüsterte eine Warnung, als sie das Bettzeug glatt strich: »Hütet Euch vor der Kaiserin, Mylady. Ihre Schönheit ist eine Fassade, die viel Böses verbirgt. Nichts und niemand darf sich ihren Ambitionen in den Weg stellen.«
Tyra war über die offenen Worte der Dienerin überrascht, wollte die gute Absicht des Mädchens aber nicht in Zweifel ziehen. Trotzdem sagte sie vorsichtig: »Vielleicht hast du diese Einstellung wegen deiner Stellung«, und begann, sich auszuziehen. Azizes Ausdrucksweise verriet, dass sie von guter Herkunft war. Ohne Zweifel war sie der Gewinn einer Schlacht und voller Hass auf die Kaiserin, die in einem anderen Land sehr gut ihre Dienerin hätte sein können.
Azize schüttelte heftig d£n Kopf. »Die Kaiserin duldet keine Rivalinnen - ob wahre oder eingebildete. Als Romanus Kaiser wurde, hat sie seine Mutter und fünf Schwestern in einen entfernten Teil des Schlosses bringen lassen, als wären sie Gefangene. Nach dem Tod der Mutter hat sie alle fünf Schwestern in ein Kloster gezwungen. Der Patriarch Polyeuctus persönlich musste ihnen öffentlich die Köpfe scheren. Ah, ihr Klagen und Jammern war so traurig! Alle fünf wurden in verschiedene Klöster gebracht, damit sie einander nie wiedersehen. Sie sind nicht weniger Sklaven als ich!«
Da beschloss Tyra, sich Azizes Warnung zu Herzen zu nehmen. Je eher sie von hier verschwand, desto besser. Sie würde neben ihrem Schwert schlafen. Adams Schild spendete ihr seltsamerweise großen Trost, als die erste Nacht in einem fremden Land begann.
Kapitel 18
Vier Wochen später in Birka
W as hat oben ein Loch und ist voller Met?«, fragte ein Soldat aus Stoneheim einen anderen.
»Ein Fass«, antwortete ein dritter Soldat unschuldig, obwohl er die Antwort kannte.
»Nein, der betrunkene König von Stoneheim.«
»Hahaha!« Die Männer rund um den Tisch lachten.
»Habt ihr gehört, dass der König letzte Nacht mit Bertha geschlafen hat?«, rief ein anderer Soldat. Bertha, die Wirtshaus-Dirne, richtete sich auf. »Das Problem ist nur, dass er das falsche Loch gestopft hat.«
Größeres Gelächter erklang.
»Der König hat sich selbst gefickt«, erklärte der Soldat einem anderen, der die Pointe nicht verstanden hatte.
Die Männer mussten ziemlich schwachsinnig sein, dass sie die endlosen Loch-im-Kopf-Witze lustig fanden, dachte Adam, aber nach den vier Wochen, die sie jetzt schon, da der König sich von einem Fieber-Schub erholen musste, gezwungenermaßen in der Handelsstadt verbrachten, waren auch er selbst und seine Freunde über alle Maßen gelangweilt.
»Passt lieber auf, dass Thorvald euch nicht hört«, warnte Adam.
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