Der Raub des Wikingers
Romanus, der ein paar Jahre jünger war als sie.
Gedankenverloren rieb sich Romanus das Kinn, aber seine Augen funkelten entzückt. Sie erkannte, dass ihre ganze Aufmachung ihn belustigte. Gut, sie und ihre Männer waren anders gekleidet als die Menschen in Byzanz. Ihre Männer trugen dicke Tuniken über Wollhosen, die mit einem Gürtel in der Taille gehalten wurden. Einige hatten sogar Wolfsfelle umgehängt. Es spielte keine Rolle, wie gut das Tuch war oder welche Juwelen sie trugen, neben den weltgewandten Byzantinern, die Seiden-und Leinengewänder in A-Form trugen, die bis zu den Knöcheln reichten und reich bestickt waren, wirkten sie wild und primitiv.
Mit seinen dreiundzwanzig Jahren war Romanus bereits ein imponierender Mann, und das nicht nur wegen seiner königlichen Gewänder in Purpur, die mit Gold und Perlen besetzt waren. Der junge Mann hatte die feinen Züge und guten Manieren seines Vaters geerbt, ganz zu schweigen von der Schönheit seiner Mutter. Über seine Eitelkeit sah man deshalb gerne hinweg.
Doch neben Adam konnte er nicht bestehen. Das konnte niemand.
»Eine Frau in der Kaiserlichen Armee, Romanus? Das habe ich noch nie gehört.« Die Frau neben Romanus war Theophano, eine atemberaubende Schönheit mit langen schwarzen Haaren und ebenholzfarbenen Augen. Von dem Türkisband um ihren Hals hätte man fünf Langschiffe finanzieren können. Theophano war eindeutig ebenso sehr in ihren Mann verhebt wie er in sie. Sie mussten einander ständig berühren, mal eine Berührung am Handgelenk, mal ein rasches Streicheln über das Haar. Theophano hatte Romanus schon drei Kinder geboren und war mit dem vierten schwanger. Kein Wunder, bei all den Berührungen.
»Aber das ist ja gerade das Besondere, Theo!«, bemerkte Romanus. »Kein anderer König oder Herrscher kann sich dessen rühmen. Falls Prinzessin Tyra sich bewährt, könnte ich sogar eine weibliche Truppe einführen. Glaub mir, meine Liebe, ich werde von sämtlichen Herrschern beneidet werden.«
Theophano war nicht überzeugt. »Wie um einen Zwerg oder eine Kuh mit zwei Köpfen?«, höhnte sie.
Tyra spürte Wut in sich aufsteigen, beherrschte sich aber, als Gunter und Egil warnend ihre Arme drückten.
Sorge machte ihr, dass Theophano immer wieder zwischen ihr und Romanus hin und her sah, als hegte sie den Verdacht, dass ihr Mann noch ein anderes Interesse an Tyra hatte - was natürlich lächerlich war, erst recht, wo er eine so schöne Frau wie Theophano hatte.
Leider erwies sich ihr Verdacht als Gewissheit, als Theophano ihrem Mann vernehmlich ins Ohr flüsterte: »Sie ist so groß, Schatz, und kein bisschen hübsch.«
Romanus, der Schwachkopf, erwiderte: »Glaubst du das wirklich? Ich hingegen finde sie umwerfend. Groß schon, und vielleicht nicht hübsch, aber sehr attraktiv.«
Beim Thor! Sie würde alle ihre Hoffnungen auf die Varangiergarde begraben müssen. Eine eifersüchtige Ehefrau würde ihrem Mann nie erlauben, eine hübsche Frau anzustellen. Nicht dass Tyra sich attraktiv gefunden hätte. Es mussten die Nachwirkungen dessen sein, was Adam mit ihr gemacht hatte, dass die Männer sie plötzlich anziehend fanden. Gunther, Egil und sie tauschten beredte Blicke und zuckten die Achseln. Vielleicht könnten sie nach Russland Weiterreisen und sich dort als Söldner verdingen. Oder sie gingen zurück nach Trelleborg und wurden Jomswikinger, auch wenn Tyra Zweifel hatte, dass diese Männer zulassen würden, dass eine Frau bei ihnen mitmachte. Die Männer könnten auch hier bleiben und sich der Varangiergarde anschließen, während sie wieder zurückreiste.
Romanus klatschte in die Hände, als hätte er eine Entscheidung getroffen. »So soll es sein. Ihr und Eure Männer seid willkommen, meiner Armee beizutreten, Tyra.« Er bedeutete einem am Rand stehenden Mann, vorzutreten. »Ich möchte Euch meinem General, Nicephorus Phocas, vorstellen. Nicky, du findest sicher einen Platz für ein paar gute Kämpfer und eine Kämpferin, nicht wahr?«
Tyra staunte ehrfürchtig. "Wer hatte nicht von General Nicephorus Phocas gehört? Nicephorus war bekannt für seine triumphalen Siege auf Kreta in den letzten Jahren.
Während Romanus jung und hübsch war, war Nicephorus etwa fünfzig, klein und untersetzt mit breiten Schultern und einer kräftigen Statur. Sein Gesicht war nach Jahren des Dienstes unter syrischer Sonne dunkel und wettergegerbt, seine Augen durchdringend und traurig, klein und dunkel unter buschigen Brauen.
Er sah Tyra lange an, ehe
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