Der Raub des Wikingers
genoss hier großes Ansehen.
Sie hatte gleich gewusst, dass es ihr unmöglich sein würde, Adam und ihre Liebesnacht zu vergessen. Sie hatte nur unterschätzt, wie unglücklich sie sich fühlen würde. Sie verlor Gewicht, konnte nicht mehr schlafen und wurde schwermütig.
Sie vermisste Stoneheim.
Sie vermisste ihre Schwestern und ihren Vater.
Vor allem vermisste sie Adam.
Außerdem war sie nicht schwanger. Ihre Regel hatte sich verspätet. Tief in ihrem Innern hatte Tyra nämlich den törichten Wunsch gehegt, Adams Same könnte sich festgesetzt haben, aber so war es nicht. Das war seit zwei Tagen eindeutig.
Um die schwierige Route um Jütland herum zu vermeiden, hatte Tyra ihre kleine Flotte über das Baltische Meer gelenkt. Dann wollten sie der Handelsroute über die Wolga bis nach Aldeigjuborn, einem nordischen Handelspunkt, folgen. Als sie am Dneipr waren, mussten sie auf Riffe und Sandbänke Acht geben. Sie hatten alle Hände voll zu tun.
Als sie in den Hafen von Konstantinopel einliefen, die Hauptstadt des Byzantinischen Reichs, das den halben Kontinent des alten Rom einnahm, gesellten sich Gunter und Egil zu ihr an die Reling. Es war ein überwältigender Anblick, selbst für sie, die schon vorher hier gewesen waren. Die Stadt wurde an drei Seiten von einer Mauer umschlossen, in die einhundert massive Türme eingelassen waren, jeder zwanzig Meter hoch. Rund um die Wälle lief eine Galerie, von der aus an der Seeseite Ketten ins Wasser führten, um eine Invasion vom Wasser aus zu verhindern. Es gab auch viel zu schützen, denn die Stadt hatte einige hunderttausend Einwohner und war immens reich.
»Bereust du es?«, fragte Gunter und legte ihr den Arm um die Schultern. Tyra sah betont auf seine Hand, deren Finger fast ihre Brust berührten, und Gunther lachte. »Nur ruhig Blut, Mylady, ich bin doch nur freundlich.«
»Wie in der ersten Nacht, als du versucht hast, in mein Bett zu kriechen?«
Gunther zuckte gespielt zusammen. »Du kannst es einem Mann nicht zum Vorwurf machen, wenn er es versucht. Was wäre ich für ein Wikinger, wenn ich meine Dienste einem hübschen Mädchen nicht zumindest anbieten würde?«
»Oh, Gunther, ich bitte dich!« Jetzt lachte sie. »All die Jahre sind wir gemeinsam gereist, und nicht einmal hast du mir in der Vergangenheit deine Dienste angeboten. Warum also jetzt?«
Er zuckte die Achseln. »Du hast dich verändert.«
»Wie denn?« Sieht man, dass ich keine Jungfrau mehr bin?
»Du wirkst irgendwie weicher.«
Na, wundervoll! Ein weicher Soldat! Ein sanfter Varangier! Eine weiche Frau ! Anscheinend musste sie mehr an ihrer Männlichkeit arbeiten. Sich häufiger im Schritt kratzen, o-beinig gehen und ausspucken. Fluchen konnte sie bereits wie ein Seemann.
»Was deine Frage angeht«, wechselte sie das Thema, »nein, ich bedaure nichts. Das ist genau das Richtige für mich.«
»Für mich auch!«, ergänzte Egil und trat an ihre andere Seite.
»Wage es ja nicht, meinen Hintern zu berühren«, drohte Tyra. Wenn Egil noch einmal seine Hand auf ihre Pobacken legte, was anscheinend zu einem Reflex bei ihm geworden war, würde sie ihren Dolch ziehen und ihm in die Hand schneiden.
Er drücke eine Hand an die Brust, als hätten ihre Worte ihn tief getroffen. »Mylady, Ihr tut mir Unrecht. Ich bin verlobt und werde bald heiraten.«
»Oh, wirklich! Das hat dich aber nicht davon abgehalten, mir unsittliche Anträge zu machen.«
»Was für unsittliche Anträge?«, wollte jetzt Gunter wissen.
»Dieselben, die du gemacht hast«, erklärte Tyra.
»Oh.« Gunter wirkte enttäuscht, dass sein Erfahrungsschatz in dieser Hinsicht wohl nicht bereichert werden sollte. Männer! »Aber ich bin nicht verlobt, Tyra. Also kann ich dir ruhig Vergnügen verschaffen, anders als Egil. Apropos, Egil, wen willst du denn mit deinen engen Hosen beeindrucken ?«
»Was hat Verlobt sein denn mi t Sex mit anderen Frauen zu tun ? Meine Inga erwartet nicht, dass ich keusch bleibe, solange ich Schätze für ihren Brautpreis verdiene. Und was meine engen Hosen angeht, habe ich wenigstens etwas Substantielles, um sie zu füllen.«
Gunter versteifte sich und ließ den Arm von Tyras Schulter gleiten. Gleich würden sie sich noch duellieren.
»Könnt ihr bitte beide aufhören? Wir legen gerade an.« Dann rief sie Ivan, dem Steuermann, zu: »Rudert zum Tor von Phanar, das liegt dem Palast von Blachernae, in dem der Kaiser und die Kaiserin residieren, am nächsten.«
Ivan nickte, und schon bald hatten sie
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