Der Raub des Wikingers
ihn stand. Thorvald war immer schon ein außergewöhnlicher Mann gewesen, sehr klug. Tykir würde nicht nach den Gründen fragen.
»Ich bitte Euch, mir alles zu berichten, was Euch in meiner Festung auffällt«, bat der König. »Ich muss nicht nur wissen, was mit meinen Kriegern los ist, sondern auch, was meine Töchter im Schilde führen.«
»Warum sollten wir sie nicht einfach fragen?«
»Schämt Euch, Tykir! Ich hätte gedacht, dass Ihr klüger seid. Eine Frau beantwortet nie eine Frage, wenn man sie ihr direkt stellt.«
»Das wird wohl stimmen.«
»Nun wüsste ich gerne, was Ihr von einer Verbindung zwischen Eurem Neffen Adam und meiner Tochter Tyra haltet?«
»Es ist nicht an mir, mich dazu zu äußern, Thorvald. Eines will ich sagen: Beide begehren einander.«
Der König klatschte erfreut in die Hände. »Perfekt! Perfekt! Es verläuft alles nach Plan.«
»Nach welchem Plan?«, fragte Tykir und fragte sich, ob der König von dem Plan gehört hatte, den er selber mit Rafn, Rashid und Bolthor zusammen ersonnen hatte, aber das war unmöglich.
Der König gab keine Antwort. Statt dessen befahl er: »Schickt Rashid zu mir. Sagt ihm nicht, dass ich aufgewacht bin. Sagt einfach nur, dass er jetzt an der Reihe ist, eine Weile beim König zu wachen.«
»Warum wollt Ihr den Araber sehen?«
»Ich habe seltsames Gerede von einem Harem gehört. Also wirklich, ein Harem! Es wird auf Stoneheim keinen Harem geben ... es sei denn, er gehört mir.«
»Erzählt mir von Eurem Meister, Rashid. Was ist er für ein Mann?«
Rashid fühlte sich geehrt, dass der König ihn ins Vertrauen zog, vor allem, weil er der Einzige war.
»Mein Meister Adam ist ein guter Mann. Ehrenhaft. Er hat zwei harte Jahre hinter sich, nachdem er seine Schwester verloren hat. Davor war er abenteuerlustig, witzig und voller Energie. Jetzt ist er ernst und zurückhaltend. Aber ich habe den Eindruck, dass er mit jedem Tag zu seinem alten Selbst zurück findet.«
»Dank meiner Tochter?«
Rashid war überrascht, dass der König so viel von der wachsenden Beziehung zwischen seinem Meister und Tyra wusste - denn sie entwickelte sich wirklich, egal, wie sehr beide es auch leugneten. Man musste schon blind und taub sein, um nicht zu sehen, was zwischen den beiden vorging-
»Sie kämpfen beide gegen ihre Gefühle an«, verriet er dem König, »aber Ihr wisst ja, wie man sagt: >Die Lust ist die Magd der Liebe<.«
»Huh?« Der König machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ihr werdet mir berichten? Werdet Augen und Ohren für mich offen halten und mein Geheimnis bewahren?«
Rashid nickte zu allem und erwiderte: »Ich schwöre es bei den Füßen Allahs.«
In Wirklichkeit dachte er, dass Tyra und Adam verbandelt waren, und das nicht aus Lust, sondern weil der König sich einmischte.
»Und nun, mein arabischer Freund, erklärt mir, wie man es anstellt, einen Harem einzurichten.«
Kapitel 11
Tyra erwachte am nächsten Morgen sehr früh und machte sich bereit, um mit ihren Männern wieder die Grenze abzureiten. Sie würde in die eine Richtung reiten, Rafn mit der gleichen Anzahl Männer in die andere. Auch zwei der zwanzig Langschiffe im Hafen sollten an der Küste entlang segeln. Sie würden nicht noch einmal das Risiko eingehen, unvorbereitet angetroffen zu werden.
Das erste, was sie sah, als sie aus ihrem Zimmer trat, war Adam, der an der Wand vor ihrem Zimmer lehnte und auf sie wartete. Das zweite, was sie sah, war Kämpferin, die vor Adams Füßen saß und zischte und fauchte. Während das Kätzchen Zuneigung zu ihr gefasst hatte, schien sie für Adam nur Abneigung zu empfinden. Wenn Vana das Kätzchen in der Burg sah, würde sie einen Anfall bekommen.
»Du wirst nicht mitkommen«, schleuderte sie ihm entgegen, ehe er auch nur ein Wort sagen konnte. Sie war immer noch wegen seines Benehmens nach ihrer Rückkehr wütend auf ihn und ging zur Treppe, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen.
Adam folgte ihr, ergriff ihren Arm und zwang sie zum Stehenbleiben. Kämpferin sprang hinter ihnen her. »Nicht so schnell, meine blutdürstige Lady. Versuch nicht, meine Gedanken zu lesen, denn die sind vielschichtig und schwer zu entziffern.«
Tyra blieb stehen und wartete, dass er mehr erklärte.
»Du trägst Metall, nicht wahr?«
»Natürlich. Ich habe ein Kettenhemd unter der Tunika. Hast du dagegen auch etwas?«
Er schüttelte traurig den Kopf. »Nein, wenn du schon wie eine Amazone in den Kampf ziehen musst, dann ist es besser, du bist
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