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Der Rebell - Schattengrenzen #2

Der Rebell - Schattengrenzen #2

Titel: Der Rebell - Schattengrenzen #2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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ihn. Er sah an sich herab. Sie sagte nichts, rollte sich nur auf seiner Brust zusammen. Wie klein sie doch noch war, viel zierlicher als andere Mädchen in ihrem Alter. Wahrscheinlich lag es daran, dass sie keine Deutsche war. Dieses süße, liebe, kleine Ding.
    Zärtlich vergrub er seine Finger in ihrem Haar. Dunkle Locken. Sie war ihm so wenig ähnlich und doch war sie seine Schwester. Sacht nahm er sie in die Arme und drückte sie.
    Mein kleiner Liebling. Ellis Wange rieb sich an seiner Schulter. Klamme Feuchtigkeit verteilte sich zwischen ihrer weichen Haut und seiner. Weder Kälte noch Wärme gingen von ihr aus. Verwirrt nahm er ihr Gesicht zwischen seine Hände und hob es.
    Sie weinte. Dunkle Tränen zuckten in Stop -Motion über ihre zerschnittenen Wangen auf seine Brust, seinen Hals.
    Dort, wo ihre Augen waren, klafften tiefe Löcher.
     
    Erstickende Panik flutete über ihm hinweg. Sein Herz schlug schmerzhaft. Diese Nacht – sie waren tot, alle. In seinem Kopf staute sich etwas, das sich mit Druck aus seinem Schädel befreien wollte. Wieder fehlte der Schmerz. Zugleich piepte und tickte etwas. Er hörte ein unidentifizierbares Rascheln und Stimmen. Kälte flutete über ihm zusammen. Sie stach tief in seine Haut, durch seine Nerven, bis hinter seine Augen.
    »Verdammt, bleib da!«
    Die Stimme war fremd. Ihre gellende Intensität steigerte sich zu einem unerträglichen Kreischen. Zusammen mit den Schmerzen explodierte der Ton grell weiß.
    Einen Augenblick später versank er wieder im Nichts.
     
    Schwärze umgab ihn. Nein. Er hielt nur krampfhaft die Augen zusammengepresst. Vor was fürchtete er sich? Vor dem Anblick von Elli oder schlicht vor der Tatsache, dass sie alle tot waren? Angst? Wovor? Einer Leiche konnte nichts mehr passieren, schließlich waren sie nicht mehr an ihre Körper gebunden.
    Unter sich spürte er noch immer den rauen Flokati . Er hob die Lider. Das weiße Flimmern erschreckte ihn nicht mehr. Schließlich kannte er es schon. Elli hockte neben ihm auf dem Teppich. Ihr kleines Gesicht sah schrecklich aus. Allerdings bot er sicher auch keinen hübscheren Anblick. Immerhin musste er aussehen wie wandelndes Hackfleisch.
    Die Vorstellung war schräg. Wenn es nicht so ungerecht und boshaft gewesen wäre, ein absoluter Grund, zu lachen.
    Mühsam stemmte er sich auf die Ellbogen. Es kostete Kraft. Warum? Er sollte doch keinen Körper mehr haben? So was nannte sich doch Geist. Oder wankte er nun als Zombie durch die Gegend? Dawn of the Dead lässt grüßen . Ich sollte mir die Scheiße nicht mehr anschauen. Wird auch schwer als Toter.
    Innerlich musste er grinsen. Auch wenn das Haus stimmte, so würde sicher kaum etwas funktionieren. Weder Fernseher noch Telefone. Wen wollte er auch anrufen?
    Klatschend schlug der sich gegen die Stirn. So ein Schwachsinn … Ektoplasma, oder wie das Zeug hieß, müsste ihm nun als Leib dienen. Okay, er sah eindeutig zu viel Horrortrash und las die falschen Bücher.
    Er blinzelte.
    Zeit sich umzusehen. Home sweet Home.
    In dem ständigen Flackern erkannte er Marcs Zimmer wieder. Klar, hier war er gestorben. Hoffentlich beschränkte sich sein Bewegungsfreiraum nicht nur auf ein Kinderzimmer für einen Zweijährigen. Das wäre sonst die Hölle.
    Das Mobile, all die Piratenposter, verschiedene Spielzeuge und vor allem die riesige grauweiße Plüschrobbe Benni , deren eines Auge von einem verknoteten Taschentuch an einem Gummiband ersetzt wurde. Auf diese Weise musste das Himmelreich von Marc aussehen, seines sah anders aus. Er verdrehte sich den Hals. Gruselig. Das alles war eine Eins-zu-eins-Übertragung, nur spiegelverkehrt. Besonders grässlich war die wild gemusterte Tapete mit den hässlichen Figuren aus Cars . Zusätzlich wirkte das Zimmer heruntergekommen, vollkommen verrottet. Die Tapetenbahnen kräuselten sich. In langen, fahnenartigen Stücken löste sie sich von der Decke und gab Rohbeton und rostige Eisenmatten frei. Wasserflecke beulten die Autofratzen von Lightning McQueen und Lizzie aus.
    Er erinnerte sich noch sehr genau an den Sonntag, den sie zum Vorbereiten des Zimmers veranschlagt hatten. Weil die Wandtattoos auf der Dispersionsfarbe nicht hielten, wie sie sollten, kam Michael mit einer Tube Sekundenkleber an. Zu viert, Vater, Micha, Chris und er, hatten sie den Raum dekoriert, ganze fünf Stunden nahmen diese blöden Aufkleber in Anspruch. Nun fand sich das ganze Cars -Universum doppelt und dreifach an der Tapete. Allerdings sah es so aus, als

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