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Der Rebell - Schattengrenzen #2

Der Rebell - Schattengrenzen #2

Titel: Der Rebell - Schattengrenzen #2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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verbrannte, zerriss etwas in ihm. Ein Teil des Menschen in ihm blieb zurück, während sich der Schmerz in seiner Brust konzentrierte, bevor er in einer Lohe explodierte. Sein Herz begann zu schlagen. In der gleichen Sekunde umfing ihn die Finsternis.
     
    Wind bewegte die Gardine vor seinem Fenster. Oliver sah in den Park hinaus. Die Sonne strahlte von einem wolkenlosen Himmel herab. Trotzdem fror er in seinem T-Shirt. In den vergangenen Tagen waren die Temperaturen stetig gesunken. Es wurde Herbst, schließlich war es bereits Mitte September. Trotz des schönen Wetters wusste er, dass der Sommer vorbei war. Die Blätter verfärbten sich. Einige Bäume in den Anlagen der Reha-Klinik entlaubten bereits.
    Draußen kratzte eine Harke über den fest gestampften Boden. Der Gärtner legte die Wege frei. Der Geruch feuchten Laubes und aufgeworfenen Erdreichs wehten herauf. Oliver mochte das Geräusch, etwas Beruhigendes ging davon aus.
    Frau Richter redete mit ihm – oder nicht? Gerade war es verdächtig still. Egal. Er hörte seiner Psychologin ohnehin nicht zu. Seine Gedanken wanderten in seine Erinnerung.
    »Oliver.«
    Er blinzelte. Schwieg aber. Mit halb gesenkten Lidern lauschte er den Gartengeräuschen.
    In den letzten drei Monaten hier in Bad Schwalbach hatte er gelernt, nur noch bestimmte Dinge an sich herankommen zu lassen, die, die ihn aufzubauen vermochten.
    Ihm ging es nicht sonderlich gut und er war nicht glücklich – überhaupt nicht.
    Schließlich hatte er alles verloren, bis auf die Zwillinge. Christian und Michael ging es gut, wenn man das Leben bei einem neunzigjährigen Großvater als schön oder erfüllend bezeichnen konnte.
    Walter Markgraf, der Vater seiner Mutter, war ein wortkarger, abweisender Mann, dessen Mimik nichts von seinen wahren Gefühlen offenbarte. Laut Hauptkommissar Roth war er der einzige Verwandte, der sich erboten hatte, Chris und Micha aufzunehmen.
    Gab es überhaupt noch andere Angehörige? Nicht dass er wusste. Walter war mehrfacher Witwer.
    Vor Jahren hatte Tom – nein, Vater – über die Markgrafs erzählt. Er war angetrunken und in einer seltsamen Stimmung redselig gewesen, wie Oliver ihn kaum kannte. Walter hatte wohl fünfmal oder öfter geheiratet und seine Frauen fast alle zu Grabe tragen müssen. Kinder seien aber keine geboren worden. Nur – wie er sich ausdrückte – Silke.
    Silke … Oliver dachte an seine schöne Mutter.
    Wie hatte sein uralter Großvater, der eher einem alten Gargoyle glich, im weit fortgeschrittenen Alter noch Kinder zeugen können? Angeekelt verzog er die Lippen.
    Körperlich war Walter gut beieinander, intelligent und durchaus mit einem Siebzigjährigen zu vergleichen, trotzdem fühlte es sich eigenartig an. Andere Großeltern waren vielleicht sechzig, siebzig, aber nicht neunzig.
    Früher war die Beziehung zu Walter auch nicht schlecht gewesen.
    Freundlich war der alte Mann zwar selten, aber dennoch bereit, jederzeit all seine Enkel aufzunehmen. Seit der Mordnacht war er allerdings weder in die Klinik noch in die Reha gekommen, um ihn zu besuchen.
    Auch ihr sogenannter Onkel Amman, der engste Freund seines Vaters, ließ sich selten blicken. Amman Aboutreika schien jedes Mal Höllenqualen zu leiden, wenn sie sich begegneten.
    Warum wohl?
    Sicher lag es daran, dass Oliver seinem Vater erschreckend ähnlich sah. In den vergangenen Wochen war genug Zeit geblieben, sich auch über eine andere Form der Wahrheit Gedanken zu machen. Vielleicht lagen sein Ausbleiben und seine Leidensmiene mit daran, dass es sich dabei um ein stummes Schuldeingeständnis handelte. Schließlich lag es auf der Hand, dass Elli seine Tochter war. Sie glich seinem Sohn Jamal bis aufs Haar.
    Vermutlich hing die Mordnacht mit Elli zusammen. Im Streit seiner Eltern ging es immer um dieses eine Mal Untreue.
    Er hatte diverse Polizisten kennengelernt. Seit er aus dem Koma erwacht war, gaben sich der alternde Gregor Roth und der wesentlich jüngere Bernd Weißhaupt die Klinke in die Hand. Mal kamen die Kommissare allein, mal in Begleitung ihrer Assistenten. Gefühlte hundert Mal hatte er den Hergang der Mordnacht, jedes Detail, bis die Bilder ihn in seinen Träumen zu ersticken versuchten, erzählt. Nur das Danach verschwieg er.
    Wichtiger waren ihm die eigenen Fragen. Leider antworteten die beiden Kommissare auf keine einzige. Entweder blockten sie, wichen aus oder schwiegen betreten.
    Sein Vater saß im Gefängnis. Vor Gericht soll er sich angeblich nicht ausreichend

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