Der Rebell
McKenzie! Was hatte sie verbrochen, um das zu verdienen? Welche grausame Ironie des Schicksals suchte sie heim?
Sie hatte nicht gewußt, daß er nach Cimarron zurückgekehrt war. Bei Tara McKenzies Teeparty hatte sie ihn nicht gesehen. Und kurz danach war sie geflohen.
Offenbar hatte er ihre Konfrontation mit Peter miterlebt, oder zumindest teilweise. Konnte man an maßloser Demütigung sterben? Sollte sie in der kühlen Wassertiefe versinken und nie wieder auftauchen?
»Ian«, würgte sie hervor.
Nun wurde ihr die schlimmste Erniedrigung dieses Tages zugemutet. »Kennen wir uns?« fragte er höflich und leicht belustigt. Sie blinzelte ungläubig, dann unterdrückte sie einen Fluch und wandte sich ab, um davonzuschwimmen. Aber er packte ihre Schulter. »Warten Sie!«
Sie versuchte sich loszureißen. Den Tränen nahe, schau-
te sie ihn an. Nein, sie würde nicht weinen, was immer auch geschehen mochte. Obwohl sie nackt in diesem Teich badete. Mit Ian McKenzie. Wie ein mieses Flittchen. Sie hatte sich nie um ihren Ruf gekümmert, weil sie genau wußte, daß sie unschuldig war. Aber jetzt ... »Wie können Sie es wagen, mich anzurühren?« zischte sie.
»Diese dramatische Szene sollten Sie uns ersparen«, entgegnete er irritiert. »Ich weiß nicht, wer Sie sind, und ich hielt Sie für jemand anderen.« Langsam wanderte sein Blick über ihren Körper, um sie an ihre Blöße zu erinnern. »Und offensichtlich haben auch Sie jemand anderen erwartet.«
Wütend hob sie einen Arm, um ihn zu schlagen. Doch er hielt ihr Handgelenk blitzschnell fest. Im klaren Wasser sah sie seine nackte Gestalt viel zu deutlich, und sie wandte verlegen ihren Blick ab. »Ich erwarte niemanden ...«
»Vielleicht Peter O'Neill?«
»Nein, verdammt noch mal, ich bin nicht seine Geliebte!«
»Und wessen Geliebte sind Sie?« Seine dunkelblauen Augen starrten sie durchdringend an.
O Gott, was für eine schreckliche Situation! Obwohl ihr Vater in einem Wölkenkuckucksheim lebte, würde er diesen Skandal, in den seine einzige, innig geliebte Tochter verwickelt war, niemals verkraften. »Lassen Sie mich sofort los!« kreischte sie und zerkratzte Ians Arm.
Aber er umklammerte ihr Handgelenk unerbittlich. »Wer sind Sie?«
»Lassen Sie mich los! Wollen Sie den Ruf aufs Spiel setzen, den Sie als grandioser, vornehmer Gentleman genießen?«
»Sicher würde mir niemand verübeln, daß ich wissen will, wer unbefugterweise in meinem Teich schwimmt.«
»Ich bin ein Gast!«
»Würden Sie mir endlich Ihren Namen verraten?«
»Alaina McMann. Früher trafen wir uns sehr oft, wenn Sie Ihre Tante und Ihren Onkel — und meinen Vater in der Nähe des zerstörten Fort Dallas besuchten. Und jetzt lassen Sie mich los!«
Vor lauter Verblüffung erfüllte er ihren Wunsch. Sie wäre auch eilends davongeschwommen, hätte sein Blick sie nicht festgehalten. »Alaina!« In seiner Stimme schwangen Wut und Verachtung mit. »Alaina?« Unsanft griff er wieder nach ihren Schultern. »Alaina McMann schwimmt nackt in meinem Teich, um auf Peter O'Neill zu warten? Heiliger Himmel, was würde Ihr Vater dazu sagen?«
»Aber ich habe nicht auf Peter gewartet ...«
»Ausgerechnet Peter O'Neill! Dieser lächerliche, hohlköpfige Dandy!«
»Er hat sich nicht schlimmer benommen als Sie, Ian«, verteidigte sie Peter zu ihrer eigenen Überraschung.
»Offenbar begreifen Sie gar nicht, wie albern Sie sich verhalten. Wie ein leichtsinniges Kind! Man sollte Sie übers Knie legen. Was haben Sie sich bloß dabei gedacht?«
Obwohl er nur fünf Jahre älter war als sie, schien er sie für das kleine Mädchen zu halten, das er vor mehreren Jahren zuletzt gesehen hatte. Aber inzwischen war sie zu einer reifen, unabhängigen Frau herangewachsen — und imstande, ihre Kämpfe selbst auszufechten. »Und was haben Sie sich gedacht? Sie baden nackt in diesen Teich und überfallen eine junge Dame, einen Gast Ihres Hauses ...«
»Während Sie gehofft hatten, ein anderer würde über Sie herfallen? Ich muß Sie warnen, Alaina. Wenn ein Mann eine nackte Nymphe in einem Teich schwimmen sieht, wird er das für eine unmißverständliche Einladung halten.«
»Oh, Sie Bastard!« Wieder versuchte sie, sich zu befreien.
Aber er war unglaublich stark und entschlossen. Plötzlich umschlang er sie mit beiden Armen und preßte sie an seinen Körper. Sie spürte seine harten Muskeln an ihren Brüsten, seine Hüften, seine Schenkel. Brennend stieg ihr das Blut in die Wangen. Jetzt erschien ihr der Kampf
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