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Der Regenmacher

Der Regenmacher

Titel: Der Regenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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daß er über Bruiser auspackt. Vielleicht auch über Prince Thomas. Ich habe sogar Gerüchte gehört, daß ein Preis auf seinen Kopf ausgesetzt ist.«
    »Ein Mord auf Bestellung?«
    »Ja. Leise!«
    »Von wem?« Doch bestimmt nicht von meinem Arbeitgeber.
    »Raten Sie mal.«
    »Doch nicht Bruiser.«
    Er zeigt mir ein schmallippiges, zahnloses, schüchternes kleines Lächeln, dann sagt er: »Wäre nicht das erste Mal.« Er beißt ein gewaltiges Stück von seinem Sandwich ab und kaut gemächlich, während er mir zunickt. Ich warte, bis er geschluckt hat.
    »Also, was versuchen Sie mir hier beizubringen?«
    »Halten Sie sich Ihre Optionen offen.«
    »Ich habe keine Optionen.«
    »Es könnte sein, daß Sie von hier verschwinden müssen.«
    »Ich habe doch gerade erst angefangen.«
    »Es könnte brenzlig werden.«
    »Was ist mit Ihnen?«
    »Kann schon sein, daß ich auch von hier verschwinde.«
    »Was ist mit den anderen?«
    »Kümmern Sie sich nicht um die, die kümmern sich auch nicht um Sie. Ich bin Ihr einziger Freund hier.«
    Diese Worte gehen mir stundenlang nicht aus dem Kopf. Deck weiß mehr, als er zugibt, aber wenn wir noch ein paarmal zusammen essen, werde ich schon alles aus ihm rausholen. Ich habe den starken Verdacht, daß er nach einem warmen Plätzchen sucht, wo er hinkann, wenn die Katastrophe hereinbricht. Die anderen Anwälte in der Kanzlei habe ich zwar kennengelernt – Nicklass, Toxer und Ridge -, aber die halten auf Abstand und legen keinen Wert auf Gespräche. Ihre Türen sind immer geschlossen. Deck mag sie nicht, und über ihre Gefühle ihm gegenüber kann ich nur Vermutungen anstellen. Deck zufolge sind Toxer und Ridge Freunde und haben vermutlich vor, bald ihre eigene kleine Kanzlei aufzumachen. Nicklass ist Alkoholiker und ziemlich erledigt.
    Schlimmstenfalls würde Bruiser angeklagt, verhaftet und vor Gericht gestellt. Bis zum Prozeß würde noch mindestens ein Jahr vergehen. Vermutlich würde er nach wie vor arbeiten und seine Kanzlei leiten können. Sie können ihn erst aus der Anwaltskammer ausschließen, wenn er verurteilt worden ist.
    Reg dich nicht auf, sage ich mir immer wieder.
    Und wenn ich auf der Straße lande, dann wäre es schließlich nicht das erste Mal. Bisher bin ich noch immer auf die Füße gefallen.
    Ich fahre in die ungefähre Richtung von Miss Birdies Haus und komme an einem städtischen Park vorbei. Im Flutlicht sind mindestens drei Softballspiele im Gange.
    Ich halte an einer Telefonzelle neben einer Autowaschanlage an und wähle die Nummer. Nach dem dritten Läuten meldet sie sich. »Hallo?« Ihre Stimme geht mir durch und durch.
    »Ist Cliff zu Hause?« frage ich, eine Oktave tiefer. Wenn sie ja sagt, hänge ich einfach auf.
    »Nein. Wer ist am Apparat?«
    »Rudy«, sage ich mit normaler Stimme. Ich halte den Atem an und mache mich darauf gefaßt, daß jetzt ein Klicken und dann das Freizeichen folgt, gleichzeitig rechne ich aber auch damit, daß sie etwas Sanftes, Sehnsüchtiges zu mir sagt.
    Sie schweigt einen Moment, legt aber nicht auf. »Ich hatte Sie gebeten, mich nicht anzurufen«, sagt sie ohne eine Spur von Verärgerung oder Ungeduld im Ton.
    »Tut mir leid. Ich konnte nicht anders. Ich mache mir Sorgen um Sie.«
    »Wir dürfen das nicht tun.«
    »Was dürfen wir nicht?«
    »Leben Sie wohl.« Jetzt höre ich das Klicken und das Freizeichen danach.
    Ich habe meinen ganzen Mut zusammennehmen müssen, um sie anzurufen, und jetzt wünschte ich, ich hätte es nicht getan. Manche Leute haben mehr Mut als Verstand. Ich weiß, daß ihr Mann ein hitzköpfger Irrer ist, aber ich weiß nicht, wie weit er gehen würde. Wenn er eifersüchtig veranlagt ist – und da mache ich mir keine Illusionen, denn schließlich ist er ein Prolet, neunzehn und jetzt schon kaputt und noch dazu mit einem schönen Mädchen verheiratet -, dann wacht er vermutlich argwöhnisch über jeden Schritt, den sie tut. Aber würde er so weit gehen, ihr Telefon anzuzapfen?
    Der Gedanke ist ziemlich weit hergeholt, aber er hält mich wach.
    Ich habe weniger als eine Stunde geschlafen, als mein Telefon klingelt. Nach der Digitaluhr auf meinem Nachttisch ist es kurz vor vier Uhr morgens. Ich taste im Dunkeln nach dem Telefon.
    Es ist Deck, der mächtig aufgeregt und in rasendem Tempo in sein Autotelefon spricht. Er ist zu mir unterwegs, keine drei Blocks entfernt. Es ist etwas Großes, Dringendes, irgendeine wundervolle Katastrophe. Beeilen Sie sich! Ziehen Sie sich an! Ich soll in weniger als einer

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