Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Regenmacher

Der Regenmacher

Titel: Der Regenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
Seite stehen ausführliche Fußnoten. Es gibt sogar ein Inhaltsverzeichnis, ein Register und eine Bibliographie.
    Fehlt nur noch eine unterschriftsreife Verfügung, in der der Richter dem Antrag von Great Benefit in allen Punkten entspricht.
    Nach dem dritten Durchlesen reiße ich mich zusammen und fange an, mir Notizen zu machen. Vielleicht gibt es ja doch ein oder zwei Löcher, in die man hineinstochern könnte. Der Schock und die Angst lassen langsam nach. Ich rufe mir meinen immensen Abscheu gegen Great Benefit und das, was sie meinen Mandanten angetan haben, ins Gedächtnis und kremple die Ärmel auf.
    Mr. Leo F. Drummond mag ein Hexenmeister im Gerichtssaal sein und zahllose Speichellecker unter sich haben, die die Arbeit für ihn machen, aber ich, Rudy Baylor, habe sonst nichts zu tun. Ich bin intelligent, und ich kann arbeiten. Er will einen Papierkrieg mit mir anfangen, na schön. Ich werde ihn in Papier ersticken.
    Deck hat das Anwaltsexamen sechsmal mitgemacht. Beim dritten Versuch, in Kalifornien, hätte er es beinahe geschafft, fiel aber doch noch durch, weil seine Gesamtnote zwei Punkte zu niedrig lag. Dann hat er es dreimal in Tennessee versucht, wo es keinmal auch nur annähernd gereicht hat, wie er mir mit bemerkenswerter Offenheit erzählte. Ich bin nicht sicher, ob Deck das Examen überhaupt noch ablegen möchte. Er verdient vierzigtausend im Jahr, indem er Fälle für Bruiser an Land zieht, und er leidet nicht unter irgendwelchen ethischen Bedenken. (Nicht, daß Bruiser das kümmern würde.) Deck braucht keine Anwaltsgebühren zu zahlen, sich keine Gedanken über juristische Weiterbildung zu machen, keine Seminare zu besuchen, nicht vor Richtern zu erscheinen, sich keine Sorgen wegen Probono-Arbeit zu machen, und laufende Unkosten hat er auch nicht.
    Deck ist ein Blutegel. Solange er einen Anwalt hat mit einem Namen, den er benutzen, und ein Büro, in dem er arbeiten kann, ist Deck im Geschäft.
    Er weiß, daß ich kaum etwas zu tun habe, deshalb hat er es sich angewöhnt, gegen elf in meinem Büro aufzukreuzen. Wir unterhalten uns eine halbe Stunde, dann gehen wir auf einen billigen Lunch zu Trudy’s. Ich habe mich inzwischen an ihn gewöhnt. Er ist einfach Deck, ein bescheidener kleiner Kerl, der mein Freund sein möchte.
    Wir sitzen in einer Ecke bei Trudy’s zwischen den Transportarbeitern, und Deck redet so leise, daß ich ihn kaum verstehen kann. Gelegentlich, zumal in einem Krankenhauswartezimmer, kann er so aufdringlich sein, daß es geradezu peinlich ist, zu anderen Zeiten dagegen ist er schüchtern wie eine Maus. Er murmelt etwas, das er mir umbedingt mitteilen will, und schaut dabei ständig über die Schulter, als rechnete er jeden Augenblick mit einem Angriff.
    »Es gab da mal einen Typ, der hier in der Kanzlei gearbeitet hat, ein gewisser David Roy, der war ziemlich dicke mit Bruiser. Die waren so richtig ein Herz und eine Seele, haben ihr Geld zusammen gezählt, na, Sie wissen schon. Roy wurde aus der Anwaltskammer ausgeschlossen, weil er Gelder veruntreut hatte, er kann also nicht mehr als Anwalt arbeiten.« Deck wischt sich mit den Fingern Thunfischsalat von den Lippen. »Kein Problem für ihn. Roy haut hier ab, geht auf die andere Straßenseite und macht einen Pornoclub auf. Der Club brennt ab. Er macht einen anderen auf, der brennt wieder ab. Und dann noch einer. Danach bricht Krieg aus in der Tittenbranche. Bruiser ist zu schlau, um mittendrin mitzumischen, aber er hält sich ständig am Rande. Ihr Kumpel Prince Thomas macht es genauso. Der Krieg dauert ein paar Jahre. Ab und zu taucht mal eine Leiche auf. Es gibt noch mehr Brände. Roy und Bruiser geraten sich über irgend etwas ernsthaft in die Haare. Voriges Jahr hat das FBI Roy festgenagelt, und jetzt heißt es, daß er singen wird. Sie wissen, was das bedeutet?«
    Ich nicke und beuge mich jetzt genauso tief über den Tisch wie Deck. Es kann uns niemand hören, aber ein paar Leute starren zu uns herüber, weil wir so konspirativ die Köpfe über unserem Essen zusammenstecken.
    »Also, gestern hat David Roy vor dem großen Geschworenengericht ausgesagt. Sieht so aus, als hätte er einen Handel abgeschlossen.«
    Damit hat Deck seine Pointe abgeliefert. Er richtet sich steif auf und verdreht die Augen, als müßte ich mir jetzt alles weitere selber zusammenreimen können.
    »Und?« frage ich, immer noch flüsternd.
    Er runzelt die Stirn und sieht sich mißtrauisch um, dann senkt er wieder den Kopf. »Es ist damit zu rechnen,

Weitere Kostenlose Bücher