Der Regenmacher
Augenbrauen beginnt; angenehmes Gesicht, ruhige Stimme.
Man würde ihm die örtliche Pfadfindertruppe anvertrauen. Jackie Lemancyzk hat mir erzählt, daß er sie fesseln wollte.
Sie haben keine Ahnung, daß sie morgen aussagen wird.
Wir reden über die Schadensabteilung und ihre Rolle im Gesamtsystem von Great Benefit. Er arbeitet dort seit acht Jahren, sechs davon als Vizepräsident der Schadensabteilung, und hat die Abteilung fest unter Kontrolle, ganz der tüchtige Manager. Er möchte bei den Geschworenen den Eindruck einer wichtigen Persönlichkeit erwecken, und binnen Minuten haben wir festgestellt, daß es sein Job ist, jeden Aspekt der Schadensabteilung zu überwachen. Er kümmert sich nicht um jeden einzelnen Anspruch, ist aber für das Funktionieren der Abteilung verantwortlich. Es gelingt mir, ihn mit einer langweiligen Erörterung von nichts als Firmenbürokratie einzulullen, dann frage ich plötzlich: »Wer ist Jackie Lemancyzk?«
Seine Schultern zucken ein bißchen. »Eine ehemalige Sachbearbeiterin.«
»Hat sie in Ihrer Abteilung gearbeitet?«
»Ja.«
»Wann hat sie aufgehört, für Great Benefit zu arbeiten?«
Er zuckt die Achseln, kann sich nicht an das Datum erinnern.
»Wie wäre es mit dem 3. Oktober vergangenen Jahres?«
»Könnte hinkommen.«
»Und war das nicht zwei Tage vor ihrer geplanten Vernehmung in diesem Fall?«
»Das weiß ich wirklich nicht mehr.«
Ich frische sein Gedächtnis auf, indem ich ihm zwei Dokumente zeige. Das erste ist ihr Kündigungsschreiben, datiert auf den 3. Oktober, das zweite ist meine Ankündigung, sie am 5. Oktober zu vernehmen Jetzt erinnert er sich. Er gibt widerstrebend zu, daß sie Great Benefit zwei Tage vor ihrer geplanten Vernehmung in diesem Fall verlassen hat.
»Und sie war die Person, die für die Bearbeitung dieses Falles für Ihre Gesellschaft zuständig war?«
»Das ist richtig.«
»Und Sie haben sie entlassen?«
»Natürlich nicht.« »Wie sind Sie sie losgeworden?«
»Sie hat gekündigt. Es steht hier in ihrem Brief.«
»Weshalb hat sie gekündigt?«
Er greift nach dem Brief, als könnte ihn nichts auf der Welt erschüttern, und liest ihn für die Geschworenen vor: »Ich kündige hiermit aus persönlichen Gründen.«
»Es war also ihre Idee, den Job aufzugeben?«
»So steht es hier.«
»Wie lange hat sie unter Ihnen gearbeitet?«
»Unter mir arbeiten eine Menge Leute. An solche Details kann ich mich nicht erinnern.«
»Sie wissen es also nicht?«
»Nicht genau. Mehrere Jahre.«
»Haben Sie sie gut gekannt?«
»Im Grunde nicht. Sie war nur eine Sachbearbeiterin, eine von vielen.«
Morgen wird sie aussagen, daß ihre schmutzige kleine Affäre drei Jahre gedauert hat.
»Und Sie sind verheiratet, Mr. Lufkin?«
»Ja, glücklich.«
»Haben Sie Kinder?«
»Ja. Zwei erwachsene Kinder.«
Ich lasse ihn eine Minute hängen, während ich zu meinem Tisch gehe und einen Stapel Dokumente hole. Es ist die Schadensakte der Blacks, und ich reiche sie Lufkin. Er läßt sich Zeit, sieht sie durch, sagt dann, sie scheine vollständig zu sein. Ich sorge dafür, daß er versichert, daß dies die vollständige Akte ist und nichts fehlt.
Zur Information der Geschworenen stelle ich ihm eine Reihe von trockenen Fragen, die alle den Sinn haben, eine grundlegende Erklärung dafür zu liefern, wie Schadensansprüche angeblich gehandhabt werden. Natürlich verhält sich Great Benefit in allen Dingen ganz, wie es sich gehört.
Dann kommen wir zum schmutzigen Teil. Ich lasse ihn, ins Mikrofon und zu Protokoll, jeden der ersten sieben Abweisungsbriefe vorlesen. Ich fordere ihn auf, jeden einzelnen Brief zu erklären. Wer hat ihn geschrieben? Warum wurde er geschrieben? Entsprach er den im Schadenshandbuch enthaltenen Richtlinien? Welchem Abschnitt des Schadenshandbuchs? Hat er den Brief selbst gesehen?
Dann muß er den Geschworenen sämtliche Briefe von Dot vorlesen. Sie flehen um Hilfe. Ihr Sohn stirbt. Gibt es da oben jemanden, der ihr zuhört? Und ich befrage ihn zu jedem Brief: Wer hat ihn bekommen? Was ist damit geschehen? Was verlangt das Handbuch? Hat er ihn selbst gesehen?
Die Geschworenen scheinen darauf zu warten, daß wir zu dem Blöde-Brief kommen, aber Lufkin ist präpariert worden. Er liest ihn der Jury vor, dann erklärt er, ziemlich trocken und monoton und ohne den geringsten Anflug von Mitgefühl, daß dieser Brief von einem Mann geschrieben wurde, der später ausgeschieden ist. Der Mann hat einen Fehler begangen, die Gesellschaft
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