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Der Regenmacher

Der Regenmacher

Titel: Der Regenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Urteile. Er klagt besonders gern gegen Gynäkologen wegen Entbindungsfehlern und hat erst kürzlich bei einem Asbest-Prozeß ein Vermögen verdient.
    Jeder Prozeßanwalt ist für seine Mitarbeiter zuständig, kann einstellen und entlassen und muß außerdem zusehen, daß er ständig neue Fälle an Land zieht. Ich habe gehört, daß fast achtzig Prozent der Arbeit der Kanzlei auf Hinweisen von anderen Anwälten, Journalisten und Grundstücksmaklern basiert, die gelegentlich über einen verletzten Kunden stolpern. Das Einkommen der Prozeßanwälte in dieser Firma hängt unter anderem davon ab, wie viele neue Fälle sie anschleppen.
    Barry X. Lancaster ist ein aufgehender junger Stern in der Kanzlei, ein frisch gesalbter Prozeßanwalt, der vorige Weihnachten einem Arzt in Arkansas zwei Millionen abgeknöpft hat. Er ist vierunddreißig, geschieden, lebt in seinem Büro, hat an der Memphis State Jura studiert. Ich habe meine Hausaufgaben gemacht. Außerdem sucht er einen Anwaltsgehilfen. Ich habe die Anzeige in The Daily Record gesehen. Wenn ich schon nicht als Anwalt anfangen kann – was spricht dagegen, daß ich es erst mal als Anwaltsgehilfe versuche? Später einmal, wenn ich erst ein erfolgreicher Mann bin und selber eine große Kanzlei besitze, wird das eine prächtige Story abgeben: Der junge Rudy konnte keinen anständigen Job bekommen, also hat er im Postzimmer von Jonathan Lake angefangen. Und seht ihn euch jetzt an.
    Ich habe um zwei Uhr einen Termin bei Barry X. Die Empfangsdame mustert mich argwöhnisch, dann schluckt sie es. Ich bezweifle, daß sie mich von meinem ersten Besuch hier wiedererkennt. Seither sind tausend Leute gekommen und gegangen. Ich verstecke mich hinter einer Zeitschrift auf einem Ledersofa und bewundere die Perserteppiche, den Dielenfußboden und die freiliegenden dicken Balken über meinem Kopf. Lakes Kanzlei befindet sich in einem alten Lagerhaus in der Nähe des Ärzte-und Krankenhausviertels von Memphis.
    Angeblich hat er drei Millionen Dollar ausgegeben für die Restaurierung und Ausschmückung dieses Denkmals für sich selbst. Ich habe Fotos davon in zwei verschiedenen Zeitschriften gesehen.
    Nur Minuten später werde ich von einer Sekretärin durch ein Labyrinth von Fluren und Treppen in ein Büro in einem der oberen Stockwerke geführt. Darunter liegt eine offene Bibliothek ohne Wände oder andere Abgrenzungen, nur Reihen um Reihen von Büchern. Ein einsamer Gelehrter sitzt an einem langen Tisch, umgeben von Stapeln von Abhandlungen, versunken in eine Flut einander widersprechender Theorien.
    Das Büro von Barry X. ist lang und schmal, mit Ziegelsteinwänden und knarrendem Fußboden. Es ist mit Antiquitäten und anderen dekorativen Gegenständen geschmückt. Wir reichen uns die Hand und setzen uns. Er ist schlank und fit, und ich erinnere mich, daß ich in dem Zeitschriftenartikel auch Fotos von der Turnhalle gesehen habe, die Mr. Lake für seine Mitarbeiter eingerichtet hat. Außerdem gibt es hier eine Sauna und ein Dampfbad.
    Barry ist sehr beschäftigt, zweifellos muß er gleich zu einer Strategiebesprechung mit seinem Prozeßteam, zur Vorbereitung einer wichtigen Verhandlung. Sein Telefon steht so, daß ich das hektische Blinken der Leuchtanzeigen sehen kann. Seine Hände sind ganz ruhig, aber er bringt es nicht fertig, nicht auf die Uhr zu sehen.
    »Erzählen Sie mir von Ihrem Fall«, sagt er nach ein paar einleitenden Worten. »Etwas über einen abgelehnten Versicherungsanspruch.« Er ist schon jetzt argwöhnisch, weil ich Jackett und Krawatte trage und nicht aussehe wie der Durchschnittsmandant.
    »Nun, in Wirklichkeit bin ich wegen eines Jobs hier«, sage ich kühn. Alles, was er tun kann, ist, mich zum Gehen aufzufordern. Was habe ich schon zu verlieren?
    Er verzieht das Gesicht und greift nach einem Blatt Papier. Die verdammte Sekretärin hat wieder Mist gebaut.
    »Ich habe Ihre Anzeige wegen eines Anwaltsgehilfen im Daily Record gesehen.«
    »Sie sind also Anwaltsgehilfe?« fährt er mich an.
    »Ich könnte einer sein.«
    »Was zum Teufel soll das bedeuten?«
    »Ich habe drei Jahre Jura studiert.«
    Er mustert mich ungefähr fünf Sekunden, dann schüttelt er den Kopf, schaut auf die Uhr. »Ich bin wirklich sehr beschäftigt. Meine Sekretärin wird Ihre Bewerbung entgegennehmen.«
    Ich springe plötzlich auf und beuge mich über seinen Schreibtisch. »Hören Sie, ich mache Ihnen ein Angebot«, sage ich dramatisch, als er verblüfft aufschaut. Dann stürme ich durch

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