Der Regenmacher
habe, kann ich nicht praktizieren.
»Wie nett«, sagt sie und driftet einen Moment ab. »Wir müssen unbedingt mit dem Mulch anfangen«, sagt sie, deutet mit einem Kopfnicken hin und verdreht die Augen.
Mir fällt im Augenblick keine Antwort darauf ein, und dann sage ich: »Eine ziemliche Menge.«
»Ach, so schlimm ist das nicht. Ich werde helfen.«
Das bedeutet, sie zeigt mit dem Spaten hierhin und dorthin und redet ununterbrochen.
»Nun ja, vielleicht morgen. Es ist spät, und ich habe einen anstrengenden Tag hinter mir.«
Sie denkt eine Sekunde darüber nach. »Ich hatte gehofft, wir könnten gleich heute anfangen«, sagt sie. »Ich helfe mit.«
»Ich habe noch nicht einmal gegessen«, sage ich.
»Ich mache Ihnen ein Sandwich«, bietet sie rasch an. Für Miss Birdie ist ein Sandwich eine durchscheinende Lage Dosentruthahn zwischen zwei dünnen Scheiben Diätweißbrot. Kein Tropfen Senf oder Mayonnaise. Kein Gedanke an Salat oder Käse. Es wären vier davon nötig, um den Hunger auch nur annähernd zu stillen.
Sie steht auf und will in die Küche, als das Telefon läutet. Ich habe bisher noch keinen eigenen Anschluß in meiner Wohnung, obwohl sie ihn mir seit zwei Wochen versprochen hat. Im Augenblick muß ich ihren Apparat mitbenutzen, was bedeutet, daß sie alles mit anhören kann. Sie hat mich gebeten, dafür zu sorgen, daß ich möglichst wenig angerufen werde, weil sie ständig erreichbar sein muß. Das Telefon läutet nur selten.
»Es ist für Sie, Rudy«, ruft sie aus der Küche. »Irgendein Anwalt.«
Es ist Barry X. Er sagt, er hätte mit Jonathan Lake gesprochen, und es wäre okay, wenn wir uns noch einmal unterhielten. Er fragt, ob ich in sein Büro kommen könnte, jetzt gleich am besten, er hätte den ganzen Abend zu arbeiten. Und ich soll die Akte mitbringen. Er will sämtliche Unterlagen meiner Versicherungssache sehen.
Während wir miteinander sprechen, beobachte ich Miss Birdie, wie sie mit allergrößter Sorgfalt ein Truthahnsandwich zurechtmacht. Gerade als sie es durchschneidet, lege ich den Hörer auf.
»Ich muß los, Miss Birdie«, sage ich atemlos. »Es tut sich etwas. Ich muß mit diesem Anwalt über einen großen Fall sprechen.«
»Aber was ist mit …«
»Tut mir leid, ich fange morgen damit an.« Ich lasse sie stehen, ein halbes Sandwich in jeder Hand und mit einem betretenen Gesichtsausdruck, als könnte sie es einfach nicht fassen, daß ich nicht mit ihr essen werde.
Barry erwartet mich an der Eingangstür, die verschlossen ist, obwohl drinnen noch viele Leute arbeiten. Ich folge ihm in sein Büro, und jetzt sind meine Schritte ein wenig schneller, als sie es seit Tagen waren. Ich kann nicht anders, ich muß ganz einfach diese Teppiche, die Bücherregale und die Ausstattung bewundern und mir vorstellen, daß ich vielleicht schon bald hierhergehören, ein Mitarbeiter der Kanzlei Lake sein werde, der Firma mit den bedeutendsten Prozeßanwälten weit und breit.
Er bietet mir eine Frühlingsrolle an, die noch von seinem Abendessen übriggeblieben ist. Er nehme seine drei Mahlzeiten täglich an seinem Schreibtisch ein, erklärt er mir. Ich erinnere mich, daß er geschieden ist, und jetzt verstehe ich auch, weshalb. Ich bin nicht hungrig.
Er schaltet sein Diktiergerät ein und legt das Mikrofon vor mir auf den Schreibtisch. »Wir zeichnen das auf. Morgen lasse ich es dann von meiner Sekretärin tippen. Ist das okay?«
»Natürlich«, sage ich. Ich bin mit allem einverstanden.
»Ich stelle Sie für zwölf Monate als Anwaltsgehilfe ein. Ihr Gehalt beträgt einundzwanzigtausend pro Jahr, zahlbar in zwölf gleichen Raten am fünfzehnten jedes Monats. Bevor Sie nicht ein Jahr hier gewesen sind, kommen Sie nicht in den Genuß einer Krankenversicherung oder anderer Nebenleistungen. Nach Ablauf von zwölf Monaten werden wir diesen Vertrag überprüfen und gleichzeitig die Möglichkeit ins Auge fassen, Sie als Anwalt weiterzubeschäftigen statt als Anwaltsgehilfe.«
»Okay. Geht in Ordnung.«
»Sie bekommen ein Büro, wir sind schon dabei, eine Sekretärin einzustellen, die Ihnen assistieren wird. Die Arbeitszeit beträgt mindestens sechzig Stunden pro Woche. Sie beginnt um acht Uhr morgens und endet je nachdem. Kein Anwalt in dieser Kanzlei arbeitet weniger als sechzig Stunden.«
»Kein Problem.« Ich würde auch neunzig Stunden arbeiten. Bloß weg von Miss Birdie und ihrem Kiefernborkenmulch.
Er konsultiert seine Notizen. »Und wir übernehmen die Vertretung für – wie hieß
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