Der Regenmacher
meine Standardroutine, wie intelligent und motiviert ich bin und im oberen Drittel meines Jahrgangs, und wie ich einen Job bei Broadnax and Speer hatte und einfach auf die Straße gesetzt wurde. Ich schieße aus allen Rohren. Tinley Britt, mein Haß auf große Firmen. Meine Arbeit ist billig zu haben. Ich tue alles, um nur ins Geschäft zu kommen. Brauche wirklich einen Job, Mister. Ich rede ununterbrochen ungefähr ein oder zwei Minuten lang, dann setze ich mich wieder hin.
Er brütet ein wenig vor sich hin, kaut an einem Fingernagel. Ich kann wirklich nicht sagen, ob er wütend ist oder begeistert.
»Wissen Sie, was mich ankotzt?« sagt er schließlich, offensichtlich alles andere als begeistert.
»Ja klar, Typen wie ich, die die Leute im Vorzimmer anlügen, damit sie hier hereinkommen und sich um einen Job bewerben können. Das genau ist es, was Sie ankotzt. Ich mache Ihnen keinen Vorwurf daraus. Mich würde es auch ankotzen, aber ich würde darüber hinwegkommen, ich würde sagen, sieh mal, dieser Kerl ist ein angehender Anwalt, aber anstatt ihm vierzigtausend zu zahlen, kann ich ihn anstellen und die Knochenarbeit machen lassen für, sagen wir, vierundzwanzig-tausend.«
»Einundzwanzigtausend.«
»Wäre mir auch recht«, sage ich. »Mit einundzwanzigtausend fange ich morgen noch an. Ich arbeite ein ganzes Jahr lang für einundzwanzigtausend und ich verspreche, zwölf Monate hierzubleiben, ob ich das Anwaltsexamen bestehe oder nicht. Ich werde zwölf Monate lang sechzig, siebzig Stunden die Woche arbeiten. Kein Urlaub. Sie haben mein Wort. Wo soll ich unterschreiben?«
»Wir verlangen fünf Jahre Erfahrung, bevor wir uns einen Anwaltsgehilfen auch nur ansehen. Hier wird eine Menge verlangt.«
»Ich lerne schnell. Vorigen Sommer habe ich in einer Kanzlei in der Innenstadt gearbeitet, lauter Streitsachen.«
Im Grunde ist das, was ich da tue, nicht ganz fair, und er hat es sich gerade zusammengereimt. Ich bin mit geladenen Rohren hier hereinmarschiert und habe ihn einfach überfallen. Und offensichtlich tue ich so was nicht zum ersten Mal, denn ich habe auf alles, was er sagt, sofort eine Antwort parat.
Nicht, daß er mir leid täte. Wenn er will, kann er mich ja jederzeit rauswerfen.
»Ich werde mit Mr. Lake darüber sprechen«, sagt er scheinbar nachgiebig. »Er hat ziemlich strenge Grundsätze, was Neueinstellungen betrifft. Ich bin nicht befugt, einen Anwaltsgehilfen einzustellen, der unseren Anforderungen nicht entspricht.«
»Klar«, sage ich betrübt. Also wieder ein Tritt in den Hintern. Darin bin ich mittlerweile beinahe Experte. Ich weiß inzwischen, daß Anwälte, ganz gleich, wie beschäftigt sie gerade sein mögen, frisch Graduierten, die keine Arbeit finden können, immer eine gewisse Sympathie entgegenbringen. Eine sehr begrenzte Sympathie.
»Vielleicht sagt er ja, und wenn er das tut, dann haben Sie den Job.« Er sagt das nur, um meinen Sturz ein wenig abzufedern.
»Da ist noch etwas«, sage ich, wieder zum Angriff übergehend. »Ich habe nämlich einen Fall. Einen sehr guten.«
Das macht ihn in höchstem Grade mißtrauisch. »Was für eine Art von Fall?« fragt er.
»Versicherungssache. Böswillige Leistungsverweigerung.«
»Sie sind der Geschädigte?«
»Nein. Ich bin der Anwalt. Ich bin sozusagen darüber gestolpert.«
»Was ist er wert?«
Ich gebe ihm eine zweiseitige Zusammenfassung des Falles Black, stark überarbeitet und auf sensationell getrimmt. Ich habe jetzt bereits geraume Zeit daran gearbeitet und jedesmal, wenn ein Anwalt sie gelesen und mich abgelehnt hat, neue Finessen hineingebracht.
Barry X. liest sie aufmerksam, mit mehr Konzentration, als ich bisher bei jemandem beobachtet habe. Er liest sie ein zweites Mal, während ich seine alten Ziegelsteinwände bewundere und von einem Büro wie diesem träume.
»Nicht schlecht«, sagt er, als er fertig ist. In seinen Augen funkelt es, und ich glaube, er ist aufgeregter, als er sich anmerken läßt. »Lassen Sie mich raten. Sie wollen einen Job und einen Anteil am Verfahren.«
»Nein. Nur den Job. Der Fall gehört Ihnen. Ich würde gern daran arbeiten, und die Verhandlungen mit den Mandanten sind meine Sache. Aber das Honorar gehört Ihnen.«
»Ein Teil des Honorars. Den größten Teil davon bekommt Mr. Lake«, sagt er mit einem Grinsen.
Na wenn schon. Mir ist es egal, wie sie das Geld aufteilen. Ich will lediglich einen Job. Mir wird beinahe schwindlig bei dem Gedanken, für Jonathan Lake zu arbeiten und in dieser
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