Der Regenmacher
anrufen, wenn sie Sie haben wollen. Ich habe ihnen versichert, daß Sie sich dann selbst stellen würden, Kaution hinterlegen und so weiter. Aber so weit wird es gar nicht erst kommen. Entspannen Sie sich.«
Ich entspanne mich tatsächlich. Ich traue Bruiser Stone zu, daß er in der Lage ist, der Polizei Versprechen abzuringen.
»Danke«, sage ich.
Zehn Minuten vor Feierabend betrete ich das Büro des Kanzleivorstehers im Bezirksgericht und reiche meine Klage ein -gegen die Great Benefit Life Insurance Company und Bobby Ott, den verschwundenen Agenten, der die Police verkauft hat. Meine Mandanten, die Blacks, fordern Schadenersatz in Höhe von zweihunderttausend Dollar und eine Geldstrafe von zehn Millionen. Ich habe keine Ahnung, über wieviel Nettovermögen Great Benefit verfügt, und es wird geraume Zeit dauern, bis ich das herausbekommen habe. Ich habe die zehn Millionen aus der Luft gegriffen, weil sie sich gut anhören. Das tun Prozeßanwälte ständig.
Natürlich taucht mein Name nirgends auf. Prozeßbevollmächtigter der Kläger ist J. Lyman Stone, und seine schwungvolle Unterschrift schmückt die letzte Seite und verleiht dem ganzen Vorgang Autorität. Ich gebe dem Gehilfen des Kanzleivorstehers einen Firmenscheck für die Einreichungsgebühr, und wir sind im Geschäft.
Great Benefit ist offiziell verklagt worden.
Ich rase quer durch die Stadt nach Nord-Memphis in das Granger-Viertel, wo ich meine Mandanten ungefähr genauso antreffe, wie ich sie ein paar Tage zuvor verlassen habe. Buddy ist draußen. Dot holt Donny Ray aus seinem Zimmer. Wir drei sitzen am Tisch, während sie ihre Kopie der Klage bewundern. Sie sind mächtig beeindruckt von den großen Zahlen. Dot wiederholt immer wieder die Summe von zehn Millionen, als besäße sie ein Lotterielos mit dem Hauptgewinn.
Schließlich bin ich gezwungen, zu erklären, was mit diesen fürchterlichen Leuten in der Kanzlei Lake passiert ist. Ein Strategiekonflikt. Sie waren für meinen Geschmack zu träge. Ihnen hat mein Drängen auf Handeln nicht gefallen. Und so weiter und so weiter.
Ihnen ist es im Grunde völlig gleichgültig. Die Klage ist eingereicht worden, und sie haben den Beweis dafür. Sie können alles nachlesen, wann immer sie wollen. Was sie wissen wollen, ist: Wie geht es nun weiter, wie bald wird sich etwas tun? Wie stehen die Chancen für einen schnellen Vergleich? Diese Fragen machen mich sprachlos. Ich weiß, daß es viel zu lange dauern wird, und ich komme mir grausam vor, weil ich ihnen das verheimliche.
Mit gutem Zureden bringe ich sie dazu, daß sie den Brief an Barry X. Lancaster, ihren bisherigen Anwalt, unterschreiben, eine knappe Kündigung. Außerdem ist da ein neuer Vertrag mit der Kanzlei J. Lyman Stone. Ich rede sehr schnell, während ich dieses neue Paket Papierkram erkläre. Von denselben Stühlen am Küchentisch aus sehen Donny Ray und ich zu, wie Dot abermals durch das Unkraut stapft und auf ihren Mann einredet, um seine Unterschrift zu bekommen.
Ich verlasse sie in besserer Verfassung als der, in der ich sie angetroffen habe. Es bereitet ihnen eine gewisse Genugtuung, daß sie tatsächlich diese Gesellschaft verklagt haben, die sie schon so lange hassen. Sie haben sich endlich gewehrt. Man hat auf ihnen herumgetrampelt, und sie haben mich überzeugt, daß man ihnen übel mitgespielt hat. Jetzt gehören sie zu den Millionen von Amerikanern, die alljährlich jemanden verklagen. Es verleiht ihnen ein irgendwie patriotisches Gefühl.
Ich sitze im Feierabendverkehr in meinem heißen kleinen Wagen und denke über den Wahnsinn der letzten vierundzwanzig Stunden nach. Ich habe gerade einen höchst dubiosen Arbeitsvertrag unterschrieben. Tausend Dollar im Monat sind eine so bescheidene Summe, trotzdem machen sie mir angst.
Sie sind kein Gehalt, sondern ein Darlehen, und ich habe keine Ahnung, wie Bruiser sich vorstellt, daß ich gleich Fälle und damit Geld an Land ziehe. Wenn ich aus dem Black-Fall etwas heraushole, dann erst in etlichen Monaten.
Ich werde noch eine Weile bei Yogi’s arbeiten. Prince bezahlt mich immer noch in bar – fünf Dollar die Stunde plus Essen und ein paar Bier.
In dieser Stadt gibt es Kanzleien, die von ihren Anwälten erwarten, daß sie immer einen anständigen Anzug tragen, einen ansehnlichen Wagen fahren, in einem noblen Haus wohnen und sogar in den eleganten Country Clubs herumhängen. Natürlich zahlen sie ihnen erheblich mehr, als Bruiser mir zahlt, aber sie packen ihnen auch eine Menge
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