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Der Reisende

Der Reisende

Titel: Der Reisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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amerikanischer und ländlicher als Calvin. Aber was spielte das für eine Rolle? In seinen Augen funkelte Humor, und er schien so direkt, so offen zu sein …
    Und ich bin sein Anwalt.
    Der amerikanische Gerichtssaal war fast ungezwungen, verglichen mit den englischen, die Verily kannte. Der Richter trug zum Beispiel keine Perücke, und sein Talar war schon ziemlich fadenscheinig. Hier gab es kaum irgendeine Erhabenheit des Gesetzes; und doch, Gesetz war Gesetz, und Gerechtigkeit stand damit durchaus im Zusammenhang, wenn der Richter ehrlich war, und es bestand kein Grund zu der Annahme, daß er das nicht war.
    Er erklärte die Verhandlung für eröffnet und fragte, ob jemand Anträge habe. Marty Laws erhob sich schnell. »Stelle den Antrag, dem Gefangenen den goldenen Pflug abzunehmen und ihn in die Obhut des Gerichts zu überstellen. Es ergibt keinen Sinn, daß ausgerechnet der fragliche Gegenstand im Besitz des Gefangenen verbleibt, wenn …«
    »Ich habe noch nicht um das Plädoyer gebeten«, sagte der Richter, »sondern um Anträge. Noch jemand?«
    »Mit Ihrer Erlaubnis, Hohes Gericht, stelle ich den Antrag, alle Anklagen gegen meinen Klienten fallenzulassen«, sagte Verily.
    »Sprecht lauter, junger Mann, ich konnte kein Wort verstehen, das Ihr gesagt habt.«
    Verily wiederholte seinen Antrag lauter.
    »Tja, wäre das nicht schön«, sagte der Richter.
    »Wenn das Gericht für meine Ausführungen bereit ist, würde ich gern erklären, wieso.«
    »Dann erklärt es bitte«, sagte der Richter, schaute aber ein wenig verärgert drein.
    Verily wußte nicht, was er falsch gemacht hatte, kam der Aufforderung aber nach. »Der fragliche Gegenstand ist ein Pflug, der aus reinem Gold besteht. Darin stimmen alle überein. Makepeace Smith hat nicht das geringste Quentchen Beweis dafür, daß er je im Besitz einer so großen Menge Gold war, und daher ist die Klage, die er eingereicht hat, völlig grundlos.«
    Marty Laws sprang sofort auf. »Euer Ehren, gerade das soll dieser Prozeß doch klären, und was das Quentchen betrifft, so weiß ich nicht, was das ist, wenn es nicht gerade was mit meinen Füßen zu tun hat …«
    »Ein amüsanter Verweis«, sagte der Richter, »und bestimmt sehr schmeichelhaft für mich, aber bitte entlastet Eure Quanten wieder und setzt Euch, bis ich Euch bitte, den Gegenbeweis dafür anzutreten, was ich nicht tun werde, weil der Antrag auf Einstellung des Verfahrens hiermit abgelehnt ist. Weitere Anträge?«
    »Ich habe noch einen, Euer Ehren«, sagte Marty. »Den Antrag, die Auslieferung zurückzustellen, bis …«
    »Auslieferung!« rief der Richter. »Was für ein Blödsinn ist das nun schon wieder?«
    »Es wurde festgestellt, daß gegen den Gefangenen ein Auslieferungsantrag vorliegt, der verlangt, daß er nach Kenituck geschickt wird, um sich dort in einem Prozeß für den Mord an einem Sklavensucher zu verantworten, der in Ausübung seiner gesetzlichen Pflicht starb.«
    Das war alles völlig neu für Verily. Oder doch nicht? Die Familie hatte ihm einen Teil der Geschichte erzählt – wie Alvin einen halbschwarzen Jungen so verändert hatte, daß die Sklavensucher ihn nicht mehr identifizieren konnten. Doch während ihrer Suche nach dem Jungen waren sie zu dem Gasthof gekommen, in dem seine Adoptiveltern wohnten, und dort hatte die Mutter des Jungen einen der Sucher getötet, und der andere hatte sie getötet, und dann war Alvin gekommen und hatte den getötet, der sie getötet hatte, aber erst, nachdem der Sucher auf ihn geschossen hatte; also war es offensichtlich Notwehr gewesen.
    »Wie kann man ihm dafür den Prozeß machen?« fragte Verily. »Pauley Wiseman, der damalige Sheriff, kam zum Schluß, daß es sich um Notwehr handelte.«
    Marty drehte sich zu dem Mann um, der – bislang schweigend – neben ihm gesessen hatte. Der Mann erhob sich langsam. »Mein gebildeter Freund aus England kennt das örtliche Gesetz nicht genau, Euer Ehren. Darf ich ihm aushelfen?«
    »Fahrt fort, Mr. Webster«, sagte der Richter.
    Aha … der Richter hat also schon mit Mr. Webster zu tun gehabt, dachte Verily. Vielleicht hieß das, daß er bereits befangen war; aber in welcher Hinsicht?
    »Mr … Cooper, nicht wahr? Mr. Cooper, als Kenituck, Tennizy und Appalachee von der Union der amerikanischen Staaten aufgenommen wurden, wurde aus dem Staatsvertrag über entlaufene Sklaven das Gesetz über entlaufene Sklaven. Wird die gesetzmäßige Tätigkeit eines Sklavensuchers in einem der freien Staaten gestört,

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