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Der Reisende

Der Reisende

Titel: Der Reisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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wird dem Angeklagten diesem Gesetz zufolge der Prozeß in dem Staat gemacht, in dem der Besitzer des verfolgten Sklaven seinen legalen Wohnsitz hat. Zur Zeit des Verbrechens war dieser Staat Appalachee, aber der Besitzer des fraglichen Sklaven, Mr. Cavil Planter, ist nach Kenituck umgezogen, also muß dem Gesetz nach Mr. Smith dorthin ausgeliefert und ihm der Prozeß dort gemacht werden. Kommt man dort zum Schluß, daß er in Notwehr gehandelt hat, wird man ihn selbstverständlich freilassen. Wir stellen hiermit den Antrag, die Auslieferung bis nach Abschluß dieses Prozesses zu vertagen. Ihr werdet mir sicher zustimmen, daß dies im Interesse Eures Klienten ist.«
    Diesen Anschein hatte es, zumindest oberflächlich. Aber Verily war kein Narr – wäre es tatsächlich im Interesse Alvin Smiths gewesen, wäre Daniel Webster nicht so versessen darauf gewesen. Das offensichtlichste Motiv war, die Geschworenen zu beeinflussen. Konnte man die Leute von Hatrack, die Alvin zum größten Teil mochten, zu der Auffassung bringen, sie könnten verhindern, daß Alvin an einen Staat ausgeliefert wurde, in dem man ihn mit Sicherheit hängen würde, wenn sie ihn wegen des Diebstahls von Makepeaces Pflug verurteilten, würden sie vielleicht glauben, sie müßten ihn zu seinem eigenen Besten verurteilen.
    »Euer Ehren, mein Klient möchte diesem Antrag widersprechen und fordert eine augenblickliche Anhörung in der Sache der Auslieferung, damit diese geklärt ist, bevor man ihm wegen dieser Anklage den Prozeß macht.«
    »Die Vorstellung gefällt mir nicht«, sagte der Richter. »Wenn wir die Anhörung vornehmen und die Auslieferung billigen, rückt dieser Prozeß hier an die zweite Stelle, und er geht nach Kenituck.«
    »Seid nicht blöd, Junge!« flüsterte Marty Laws Verily zu. »Ich habe Webster überredet, der Sache zuzustimmen! Es wäre verrückt, ihn nach Kenituck zu schicken!«
    Einen Augenblick lang schwankte Verily. Aber mittlerweile war ihm in etwa klar, wie Webster und Laws zusammenpaßten. Laws mochte der Ansicht sein, er habe Webster überredet, die Auslieferung zurückzustellen, aber Verily war sich ziemlich sicher, daß es in Wirklichkeit genau andersherum gewesen war. Webster wollte die Auslieferung zurückstellen. Daher wollte Verily dies nicht.
    »Das ist mir sehr wohl bewußt«, sagte Verily, eine Behauptung, die vor nicht ganz fünf Sekunden wahr geworden war. »Trotzdem wünschen wir wegen der Auslieferung eine sofortige Anhörung. Ich glaube, mein Klient hat ein Recht darauf. Wir möchten nicht, daß die Geschworenen mit dem Wissen urteilen, daß möglicherweise eine Auslieferung über ihm schwebt.«
    »Aber wir wollen nicht, daß der Angeklagte den Staat verläßt, während er noch im Besitz von Makepeace Smith’ Gold ist!« rief Webster.
    »Wir wissen noch nicht, wessen Gold es ist«, sagte der Richter. »Ich muß sagen, das alles ist verdammt verwirrend. Kommt mir so vor, als hielte die Anklage das Plädoyer der Verteidigung, und umgekehrt. Aber im Prinzip bin ich geneigt, einem Kapitalverbrechen Vorrang vor einem Fall von Diebstahl zu geben. Also findet die Anhörung über die Auslieferung statt in … wie lange braucht ihr, Jungs?«
    »Wir wären heute nachmittag bereit«, sagte Marty.
    »Nein, das ist unmöglich«, sagte Verily. »Denn Ihr müßt Euch Beweise verschaffen, die sich zur Zeit mit großer Wahrscheinlichkeit in Kenituck befinden.«
    »Beweise!« Marty schaute ehrlich verwirrt drein. »Was für Beweise? Alle, die Zeuge geworden sind, wie Alvin diesen Sucher getötet hat, leben hier in dieser Stadt.«
    »Nicht der Mord an einem Sklavensucher ist das Verbrechen, für das eine Auslieferung obligatorisch vorgeschrieben ist, sondern die Behinderung eines Suchers, der seiner rechtmäßigen Pflicht nachgeht. So einfach ist das. Ihr müßt also nicht nur beweisen, daß mein Klient den Sucher getötet hat – Ihr müßt beweisen, daß der Sucher dem Gesetz entsprechend einen bestimmten Sklaven verfolgt hat.« Verily klammerte sich an den Faden, daß Alvin den halbschwarzen Jungen verändert hatte, so daß die Sucher ihn nicht mehr finden konnten. Zumindest hatte seine Familie es so erzählt.
    Marty Laws beugte sich zu Daniel Webster hinüber, und die beiden beratschlagten kurz. »Ich nehme an, wir müssen einen Sklavensucher aus Wheelwright über den Fluß bringen«, sagte Laws, »und das Siegelkästchen holen. Aber das befindet sich in Carthage City, so daß wir … mit dem Pferd und dann mit dem Zug

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