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Der Reisende

Der Reisende

Titel: Der Reisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Salamander. Veränderte seine Stimme sich?
    »Könnt Ihr sie sehen?« fragte Vilate mit dünner, zitternder Stimme. »Seht Ihr, wie wunderschön sie ist? Sie hat mich gelehrt, wie ich ebenfalls wunderschön sein kann.«
    »Halt den Mund!« rief der Salamander. »Erzähl ihnen nichts, du Schlampe!«
    Ja, die Stimme war jetzt eindeutig tiefer, klang jetzt voller, kehliger, krächzend.
    »Nein, ich kann sie nicht sehen«, sagte der Richter.
    »Aber sie ist nicht meine Freundin, oder?« sagte Vilate. »In Wirklichkeit ist sie es gar nicht.«
    »Ich reiß dir die Kehle raus, du …« Der Salamander ließ eine Reihe von Kraftausdrücken hören, die alle Anwesenden nach Luft schnappen ließen.
    Vilate zeigte auf den Salamander. »Sie hat mich dazu gezwungen! Sie hat mir gesagt, ich soll diese Lügen über Alvin erzählen! Aber jetzt sehe ich, daß sie in Wirklichkeit abscheulich ist! Und gar nicht wunderschön! Sie ist nicht schön, sie ist häßlich wie ein … wie ein Molch!«
    »Salamander«, warf der Richter hilfreich ein.
    »Ich hasse dich!« rief Vilate dem Salamander zu. »Laß mich in Ruhe! Ich will dich nie wiedersehen!«
    Der Salamander schien sich tatsächlich bewegen zu wollen – aber nicht fort von ihr. Es hatte eher den Anschein, als wolle er vom Tisch springen, die Entfernung zwischen sich und Vilate überbrücken und sie auf die Art und Weise angreifen, wie er es ihr mit seiner schrecklichen Stimme angedroht hatte.
    Alvin tastete vorsichtig im Körper des Salamanders, versuchte herauszufinden, wo und wie der Unschöpfer ihn unter Kontrolle hatte. Doch wie auch immer er es tat, er ließ keine körperlichen Spuren zurück, die Alvin wahrnehmen konnte.
    Doch ihm wurde klar, daß es darauf gar nicht ankam. Es gab Möglichkeiten, jemanden aus der Kontrolle einer anderen Person zu befreien – ein Laß-mich-zufrieden-Hexagramm. Konnte es nicht auch bei dem Salamander funktionieren, wenn man es perfekt ausführte? Alvin markierte im Geiste die genauen Stellen auf dem Tisch, an denen das Hexagramm ausgerichtet werden mußte, die Reihenfolge der Aufzeichnung, die Anzahl der Schleifen, die gezogen werden mußten, um die Spitzen miteinander zu verbinden.
    Dann schickte er sein Talent in jenen Teil des Salamanderhirns, in dem sich die Vernunft befand, die das Tier besaß. Freiheit, flüsterte er dort auf jene ihm eigene Weise, die die Tiere verstehen konnten. Keine Worte, sondern Gefühle. Bilder. Ein Salamander, der Nahrung suchte, sich paarte, über Schlamm huschte, durch Blätter und Gras, in kühle, moosbewachsene Felsspalten. Frei zu sein, all das tun können, statt in einer trockenen Handtasche zu leben. Der Salamander sehnte sich danach.
    Tu genau das, sagte Alvin stumm im Geist des Salamanders. Und er zeigte ihm die Bewegungen, die er machen mußte, um das erste Zeichen zu ziehen.
    Der Salamander war drauf und dran gewesen, vom Tisch zu springen. Doch statt dessen lief er das komplizierte Muster und setzte einen Zeh auf die exakte Stelle; Alvin hatte es so eingerichtet, daß der Zeh gerade so tief in das Holz eindrang, daß er dort einen Abdruck hinterließ, obwohl kein menschliches Auge ihn sehen konnte, so fein war er. Hin und her huschen, Schleife, Zeichen, noch ein Zeichen. Sechs winzige Stiche in der Tischoberfläche, und dann ein Sprung in die Mitte des Hexagramms. Und der Unschöpfer war verschwunden.
    Der Salamander rannte in einem irren Muster herum, zu schnell, als daß man das Zeichen deutlich ausmachen konnte; er lief, und dann blieb er mitten auf dem Tisch regungslos stehen.
    Und dann schien die Intelligenz plötzlich aus seinen Bewegungen zu entweichen. Er schaute Vilate nicht mehr an. Schaute niemanden mehr an. Lief kreuz und quer über den Tisch. Da man nicht sagen konnte, ob der Zauber, der das Tier im Griff hatte, gebrochen war oder nicht, näherte sich niemand dem Salamander. Er lief ein Tischbein hinab und hielt direkt auf Alvin zu. Er schnüffelte an dem Sack unter seinem Stuhl, in dem sich der Pflug befand. Dann lief er in den Sack.
    Im Gerichtssaal brach helle Aufregung aus. »Was geschieht da?« rief Marty Laws. »Warum ist er in den Sack gelaufen?«
    »Weil er in diesem Sack gezeugt wurde!« rief Webster. »Damit seht Ihr, daß Alvin Smith die Quelle all diesen Unfugs war! Ich habe das Gesicht des Teufels gesehen, und er sitzt so anmaßend, wie man es sich nur vorstellen kann, auf diesem Stuhl!«
    Der Richter schlug mit dem Hammer auf den Tisch.
    »Er ist nicht der Teufel!« sagte

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