Der Reisende
Vilate. »Der Teufel hat ein viel hübscheres Gesicht.« Dann brach sie in Tränen aus.
»Euer Ehren«, sagte Webster, »der Angeklagte und sein Anwalt haben dieses Gericht in einen Zirkus verwandelt!«
»Aber erst, nachdem Ihr es in eine Jauchegrube der skandalösen Lügen und schmutzigen Andeutungen verwandelt habt!« rief Verily laut zurück.
Und als er losbrüllte, brachen die Zuschauer in Applaus aus.
Der Richter griff erneut auf den Hammer zurück. »Ruhe! Ordnung auf den Rängen, oder ich lasse den Gerichtsdiener den Saal räumen! Habt Ihr mich verstanden?«
Nach einer Weile herrschte wieder Stille.
Alvin beugte sich hinab und griff in den Sack. Er zog den schlaffen Körper eines Salamanders heraus.
»Ist er tot?« fragte der Richter.
»Nein, Sir«, sagte Alvin. »Er schläft nur. Genauer gesagt sie, es ist ein Weibchen. Sie ist sehr, sehr müde. Man hat sie sozusagen hart herangenommen. Hart herangenommen und ihr nichts zu fressen gegeben. Aber sie ist kein Beweismittel mehr, Euer Ehren. Darf ich sie meinem Freund Arthur Stuart geben, damit er sich um sie kümmert, bis sie wieder bei Kräften ist?«
»Hat die Anklage irgendwelche Einwände?«
»Nein, Euer Ehren«, sagte Marty Laws.
Gleichzeitig sprang Daniel Webster auf. »Dieser Salamander war nie ein Beweis für irgend etwas. Es ist offensichtlich, daß der Angeklagte und sein Anwalt ihn eingebracht haben und er von Anfang an unter ihrer Kontrolle stand. Jetzt haben sie Besitz von einer ehrlichen Frau ergriffen und sie gebrochen! Seht sie Euch doch nur an!«
Und da saß die wunderschöne Vilate Franker, und Tränen strömten ihre glatten und wunderschönen Wangen hinab.
»Eine ehrliche Frau?« sagte sie leise. »Ihr wißt genauso gut wie ich, daß Ihr Andeutungen gemacht habt, Ihr brauchtet eine Bestätigung für die Geschichte dieser Amy Sump, und wenn Ihr irgendwie beweisen könntet, daß Alvin seine Zelle in der Tat verlassen hat, würde man ihr glauben, und niemand würde Alvin glauben. Oh, Ihr habt geseufzt und so getan, als würdet Ihr mir gar nichts vorschlagen, aber ich weiß es, und Ihr wißt es, und so ließ ich mir von meiner Freundin die Hexagramme zeigen, und wir haben es getan, und jetzt sitzt Ihr da und lügt schon wieder.«
»Euer Ehren«, sagte Webster, »die Zeugin ist eindeutig verstört. Ich kann Euch versichern, daß sie das kurze Gespräch, das wir während des Abendessens im Gasthof geführt haben, völlig falsch verstanden hat.«
»Dessen bin ich mir sicher, Mr. Webster«, sagte der Richter.
»Ich habe es nicht mißverstanden«, fauchte Vilate wütend und drehte sich zum Richter um.
»Ich bin sicher, das habt Ihr nicht«, sagte der Richter. »Ich bin sicher, Ihr beide habt völlig recht.«
»Euer Ehren«, sagte Daniel Webster, »mit allem gebührenden Respekt, ich sehe nicht ein …«
»Nein, das seht Ihr nicht!« rief Vilate und erhob sich vom Zeugenstand. »Ihr behauptet, hier eine ehrliche Frau zu sehen? Ich werde Euch eine ehrliche Frau zeigen!«
Sie ließ das Tuch von ihren Schultern gleiten. Sofort verschwand die Illusion von Schönheit auf ihrem Gesicht. Dann griff sie hinab, zog die Amulette aus ihrem Mieder und nahm die Ketten von ihrem Hals. Ihr Körper veränderte sich vor ihren Augen: Nun war sie nicht mehr grazil und groß, sondern von mittlerer Größe und mittlerem Alter und ziemlich untersetzt. Ihre Schultern waren gekrümmt, und ihr Haar war eher weiß als golden. »Das ist eine ehrliche Frau«, sagte sie. Dann sank sie wieder auf ihren Stuhl hinab und weinte in ihre Hände.
»Euer Ehren«, sagte Verily. »Ich schätze, ich habe keine Fragen mehr an diese Zeugin.«
»Die Anklage hat auch keine mehr.«
»Dem ist keineswegs so!« rief Webster.
»Mr. Webster«, sagte Marty Laws ruhig, »Ihr seid hiermit von Eurer Position als beratender Anwalt entbunden. Die Aussagen der Zeugen, die Ihr beigebracht habt, kommen mir nicht angemessen vor, und ich glaube, es wäre klug von Euch, Euch ohne weitere Verzögerung aus diesem Gerichtssaal zu entfernen.«
Ein paar Leute klatschten, aber ein Blick des Richters brachte sie zum Schweigen.
Webster stopfte Papiere in seine Aktentasche. »Falls Ihr mir unterstellt, daß ich mich in irgendeiner Hinsicht unethisch verhalten habe …«
»Niemand unterstellt irgend etwas, Mr. Webster«, sagte der Richter, »abgesehen davon, daß Ihr mit dem Staatsanwalt des Bezirks Hatrack nichts mehr zu tun habt und daher von Euch verlangt werden kann, daß Ihr auf die andere
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