Der Reisende
Neue, das er erschaffen mußte, um an der dunklen Stelle in seinem Herzfeuer vorbeizukommen, in die Peggy nicht hineinsehen konnte.
Er blockierte eine der Tonsäulen.
»Miss Franker«, sagte Verily gerade, »da alle in diesem Saal außer Euch den Salamander sehen können …«
Plötzlich wurde – anscheinend mitten im Satz – eine Stimme hörbar, die von einer völlig unerwarteten Quelle kam. Verily verstummte und lauschte.
Es war eine Frauenstimme, fröhlich und ermutigend. »Bleib einfach ganz ruhig sitzen, Vilate, dieser englische Kasper ist dir nicht gewachsen. Du mußt ihm nur das sagen, was du sagen willst. Dieser Alvin Smith hatte seine Gelegenheit, dein Freund zu sein, und er hat sie verstreichen lassen, und jetzt wirst du ihm zeigen, wozu eine verschmähte Frau fähig ist. Er weiß ja gar nicht, wie klug du bist, du gerissenes Ding.«
»Wer ist das?« fragte der Richter.
Vilate sah ihn an und nahm lediglich eine leichte Verwirrung wahr. »Fragt Ihr das mich?« sagte sie.
»Allerdings!« erwiderte der Richter.
»Aber ich verstehe nicht. Wer ist was?«
»Hier stimmt etwas nicht«, sagte die Frauenstimme, »aber bleib ganz ruhig, gestehe nichts ein. Schiebe alles Alvin in die Schuhe, worum es auch geht.«
Vilate atmete tief ein. »Hat Alvin alle anderen außer mir irgendwie verzaubert?« fragte sie.
»Jemand hat gerade gesagt: ›Schiebe alles Alvin in die Schuhe, worum es auch geht‹«, antwortete der Richter scharf. »Wer war das?«
»Ah! Ah! Ah!« rief die Frauenstimme – die offensichtlich aus dem Mund des Salamanders kam. »Ah! Wieso konnte er mich hören? Ich spreche nur zu dir! Ich bin deine beste Freundin, Vilate, nicht die eines anderen! Sie versuchen, dich hereinzulegen! Gestehe nichts ein!«
»Ich … ich weiß nicht, was Ihr meint«, sagte Vilate. »Ich weiß nicht, was Ihr hört.«
»Die Frau, die gerade gesagt hat: ›Gestehe nichts ein!‹«, sagte Verily. »Wer ist das? Wer ist diese Frau, die behauptet, sie sei Eure beste Freundin und die keines anderen?«
»Ah! Ah! Ah! Ah!« rief der Salamander.
»Meine beste Freundin?« fragte Vilate. Plötzlich war ihr Gesicht eine Maske des Schreckens – abgesehen von ihrem Mund, der noch immer ein hübsches Grinsen zeigte. Schweißtropfen benetzten ihre Stirn.
Impulsiv ging Verily zu ihr und ergriff ihr Schultertuch. »Bitte, Miss Franker, Euch scheint warm zu sein. Laßt mich Euer Tuch halten.«
Vilate war so verwirrt, daß sie nicht mitbekam, was er tat, bis es zu spät war. In dem Augenblick, in dem das Tuch von ihren Schultern glitt, verschwand das Lächeln auf ihren Lippen. Eigentlich verschwand sogar das Gesicht, das alle so gut kannten, und wurde durch das ziemlich faltige und sonnenverbrannte einer Frau im mittleren Alter ersetzt. Am bemerkenswertesten war jedoch, daß ihr Mund weit geöffnet war und darin das Oberteil ihres Gebisses auf und ab klapperte, als hebe und senke sie es mit der Zunge.
Das Summen im Gerichtssaal wurde zu einem Tosen.
»Verily, verdammt«, sagte Alvin. »Ich habe Euch doch gesagt, Ihr sollt nicht …«
»Tut mir leid«, sagte Verily. »Wie ich sehe, braucht Ihr dieses Tuch, Miss Franker.« Er gab es ihr schnell zurück.
Nachdem sie nun mitbekommen hatte, was er ihr angetan hatte, riß sie das Tuch an sich und legte es um. Die klackenden falschen Zähne wurden augenblicklich durch dasselbe schöne Lächeln ersetzt, das sie zuvor gezeigt hatte, und ihr Gesicht war wieder schmal und jung.
»Jetzt wissen wir vielleicht mehr über die Zuverlässigkeit dieser Zeugin«, sagte Verily.
»Sie gewinnen, du blöde Kuh!« rief der Salamander. »Sie haben dich in die Falle gelockt! Sie haben dich reingelegt, du dumme Ziege!«
Vilates Gesicht verlor die Fassung. Sie schaute verängstigt drein. »Wie kannst du so mit mir sprechen?« flüsterte sie.
Vilate war nicht die einzige, die ängstlich dreinschaute. Der Richter war in die hinterste Ecke seines abgeteilten Herrschaftsbereichs hinter dem Stuhl zurückgewichen. Marty Laws saß auf seiner Stuhllehne und hatte die Füße auf den Sitz gestellt.
»Mit wem sprecht Ihr?« fragte der Richter.
Vilate wandte ihr Gesicht sowohl vom Richter als auch vom Salamander ab. »Mit meiner Freundin« sagte sie. »Meiner besten Freundin, dachte ich.« Dann wandte sie sich an den Richter. »All diese Jahre lang hat niemand sonst ihre Stimme gehört. Aber Ihr hört sie jetzt, nicht wahr?«
»Ich höre sie«, sagte der Richter.
»Du erzählst ihnen zuviel!« rief der
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