Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Reisende

Der Reisende

Titel: Der Reisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
in Fort Detroit besucht hatte. Konnte es sich um ein und dieselbe Person handeln?
    Warum stellte er jetzt überhaupt so einen Zusammenhang her? Und warum sollte dieser Junge aus Detroit nach all den Jahren noch eine Rolle spielen? Bonaparte wußte nicht genau, was das alles zu bedeuten hatte, doch bei ihm stellte sich eine Ahnung ein, als seien mächtige Kräfte am Werk, als sei dieser Amerikaner in der Bastille für ihn irgendwie von großer Bedeutung. Oder vielleicht nicht für ihn. Sondern für jemand anders.
    Bonapartes Bein pochte. Ein weiterer Gichtschub begann. »Geh jetzt«, sagte er zu dem Kleinen Napoleon.
    »Wollt Ihr Informationen von dem Amerikaner haben?« fragte Kleiner Napoleon.
    »Nein«, sagte Bonaparte. »Laß ihn in Ruhe. Und wenn du schon dabei bist … laß auch mich in Ruhe.«
    Ein Strom von Besuchern schaute im Gefängnis der Bezirksverwaltung bei Alvin vorbei. Sie alle schienen dieselbe Idee zu haben. Sie schlichen bis dicht vor die Gitterstäbe, winkten ihn herbei und flüsterten (als wisse der Deputy nicht ganz genau, wovon sie sprachen): »Ist es Euch nicht möglich, hier hinauszuschlüpfen, Alvin?«
    Nun ja, glaubten Sie etwa, er habe nicht daran gedacht? Es war ganz einfach – er mußte nur den Stein aufweichen und einen Gitterstab herausziehen. Oder er konnte das Metall einer Gitterstange auch von dem Stein wegfließen lassen, in die es eingebettet war. Oder die Stange völlig auflösen. Oder gegen den Stein drücken und sich hindurchzwängen, durch die Wand in die Freiheit gehen. Das alles wäre Alvin problemlos möglich. Als Kind hatte er mit Steinen gespielt und Weichheit und Schwäche in ihnen gefunden; und als Schmiedelehrling hatte er gelernt, Eisen von innen heraus zu verstehen. War er nicht in die Esse gekrochen und hatte einen eisernen Pflug in lebendes Gold verwandelt?
    Als er nun in diesem Gefängnis eingesperrt war, dachte er die ganze Zeit daran. Überlegte er, ob er einfach abhauen und in die Wälder fliegen sollte, mit oder ohne Arthur Stuart – der Junge war hier glücklich, warum sollte er ihn also mitnehmen? Dachte er an die Sonne auf seinem Rücken, den Wind in seinem Gesicht, den grünen Klang des Waldes, der durch Stein und Eisen nur so schwach zu ihm drang, daß er ihn kaum hören konnte.
    Aber er sagte sich, was er auch diesen freundlichen Leuten sagte, die es so gut mit ihm meinten. »Bevor ich weiterziehe, muß ich die ganze Sache abschließen. Also werde ich mich hier vor Gericht stellen lassen und freigesprochen werden und kann dann gehen, ohne befürchten zu müssen, jemand würde mich aufspüren und noch einmal dieselben Lügen erzählen.«
    Und dann taten sie immer dasselbe. Nachdem es ihnen nicht gelungen war, ihn zur Flucht zu überreden, schauten sie zu seinem Rupfensack und flüsterten: »Ist er da drin?«
    Und der kühnste von ihnen sagte dann, was sie alle sich wünschten: »Kann ich ihn sehen?«
    Seine Antwort war immer gleich. Er stellte eine Frage über das Wetter. »Glaubt Ihr, daß uns ein harter Winter bevorsteht?« Einige waren langsamer von Begriff als andere, aber nach einer Weile wurde allen klar, daß er keine einzige Frage über den goldenen Pflug oder den Inhalt seines Rupfensacks beantworten würde. Dann plauderten sie noch etwas und nahmen – die, die ihm Essen gebracht hatten – das schmutzige Geschirr wieder an sich, aber es dauerte nie lang, und sie waren wieder auf dem Weg aus dem Gerichtshaus, um ihren Freunden und Familienangehörigen zu sagen, daß Alvin ziemlich traurig aussah, aber noch immer kein Wort über diesen goldenen Pflug sagte, von dem Makepeace behauptete, er bestünde aus seinem Goldschatz, den der Junge während seiner Lehrzeit gestohlen hatte.
    Eines Tages brachte Sheriff Doggly einen Burschen herein, den Alvin gewissermaßen kannte, obwohl er sich nicht erinnern konnte, wann und wo er ihm begegnet war. »Das ist er«, sagte der Fremde. »Hatte keinen Respekt vor dem Talent eines anderen, nur vor seinem eigenen.« Dann fiel Alvin ein, wer der Mann war – der Wünschelrutengänger, der die Stelle ausgesucht hatte, an der Alvin einen Brunnen für Makepeace Smith graben sollte. Die Stelle, an der Alvin gegraben hatte, bis er auf eine dicke, harte Felsschicht gestoßen war, ohne vorher einen Tropfen Wasser gefunden zu haben. Zweifellos wollte Makepeace ihn als Zeugen aussagen lassen, daß Alvin den Brunnen nicht an der Stelle gegraben hatte, die der Rutengänger ihm genannt hatte. Nun ja, das traf zu, und es war

Weitere Kostenlose Bücher