Der Reiz des Verbotenen - Page, S: Reiz des Verbotenen
gekleidet, im Schatten stehend und mit Venetia als Schild vor seinem Körper, erschien der Kerl muskulös und groß, Eigenschaften, die auf all ihre Verdächtigen zutrafen.
„Das Buch ist in ihrem Koffer“, sagte Marcus. „Binden Sie mich los, und ich hole es Ihnen. Lassen Sie sie in Ruhe.“
„Er ist abgeschlossen …“ Venetia stockte und versuchte, ein wenig Abstand zwischen sich und das Messer zu bringen. „Ich … ich kann so nicht sprechen.“
Verdammt. Nur Venetia konnte es wagen, in einer so hoffnungslosen Lage zu protestieren. Nur sie wies einen Mörder darauf hin, wie dumm er sich verhielt.
„Sie können bleiben, wo Sie sind, Mylord“, verspottete ihn der Mann und schubste Venetia in Richtung ihres Zimmers. „Lass uns das Buch holen, Süße, und dann bin ich auch schon weg.“
Nun hatte Marcus Zeit und Gelegenheit, sich um seine Fesseln zu kümmern. Er wandte den Kopf und zerrte seine Hand so weit wie möglich in Richtung seines Mundes. Wenigstens hatte sie ihm ein wenig Spielraum gelassen. Genug, um mit den Zähnen den Knoten zu erreichen. Um daran zu reißen, zu zerren und zu kauen. Beim ersten Versuch zog er den Knoten noch fester. Aber nicht allzu viel. Er setzte neu an, und dieses Mal fand er eine Stelle, an der er mit den Zähnen ziehen konnte. Der Knoten lockerte sich.
Aus Venetias Zimmer konnte er hören, wie etwas über den Holzfußboden gezerrt wurde. Ihr Koffer. Dann erhob sich ihre Stimme, in der Angst mitschwang: „Ich habe den Kofferschlüssel versteckt. Lassen Sie mich ihn holen.“
Es folgte ein Dröhnen, als würde der Bösewicht gegen den Koffer treten, während Venetia den Schlüssel holte.
Der Knoten wurde noch lockerer und löste sich dann. Sein Handgelenk schmerzte, seine Hand prickelte, und er bewegte die Finger, um das Blut wieder zum Fließen zu bringen. Dann riss er den nächsten Knoten auf. Zerrte die Bänder von seinen Füßen und glitt vom Bett, sorgsam darauf bedacht, kein Geräusch zu verursachen. Venetia, gesegnet sei sie, öffnete die Kleiderschranktüren und machte einen lautstarken Versuch, ihren Schlüssel zu finden, indem sie in ihren Kleidern herumwühlte und Türen knallte.
Der Lärm machte den Mörder nervös. „Nicht so laut“, bellte er.
An die Wand gepresst, spähte Marcus durch den Türspalt. Der Unhold wandte ihm den Rücken zu – er erwartete nicht, dass ein gefesselter Mann ihm Ärger machte. Venetia hatte gerade, vor Angst zitternd, ein Kleid auf den Boden fallen lassen.
Verzweifelt überlegte Marcus, ob er Zeit hatte, sein dünnes Schwert aus seinem Spazierstock zu ziehen.
„Du machst das absichtlich!“ Der Arm des unbekannten Mannes hob sich, die Klinge blitzte.
Marcus warf sich vorwärts. Er packte den Eindringling und rammte ihm von hinten die Faust ins Gesicht. Die Hand, die das Messer hielt, stieß rückwärts. Marcus sprang zur Seite. Zu spät. Kaltes Metall stieß in sein Fleisch. Schlitzte aufwärts. Zog sich zurück. Sein Instinkt und der Schmerz ließen ihn zurückfahren, der Unhold ergriff die Gelegenheit, drehte sich um und riss das Messer hoch.
Marcus, der den Angriff erwartet hatte, sprang zurück, und die blutige Klinge traf ins Leere. Nun schlug Marcus mit seiner rechten Faust zu, und der Kopf des Mannes ruckte zurück, als die Faust seinen Kiefer traf. Marcus nutzte seinen Vorteil und ließ einen linken Haken folgen. Seine Fingerknöchel knackten, als sie auf den Kopf des Mannes knallten, und waren hinterher rot – beschmiert mit Blut aus der Nase des Unholds. Der Eindringling riss instinktiv die Hand hoch, um sich zu verteidigen. Marcus stieß seine rechte Faust in den Bauch des Angreifers, der sich unter dem Schlag krümmte.
Das Training in Gentleman Jacksons Ring kam Marcus nun zugute. Er bewegte sich leichtfüßig und landete eine Schlagfolge, doch die Messerschneide, die vor ihm wild durch die Luft geschwenkt wurde, zwang ihn, zurückzuweichen.
Venetia schrie auf. Aus dem Augenwinkel sah Marcus, wie sie, einen Schürhaken hoch über ihrem Kopf durch die Luft schwenkend, vorwärtsstürmte. Er stutzte nur einen winzigen Moment, doch der Eindringling bemerkte es und fuhr herum.
Venetia ließ den Schürhaken heruntersausen. Die Spitze fuhr in den Boden und dort, wo eben noch die Füße des Mannes gestanden hatten, splitterte Holz. Mit einem Schrei ließ sie das Eisen fallen. Marcus wollte sich darauf stürzen, doch der Eindringling beschloss, lieber zu fliehen als zu kämpfen. Als ihm Marcus mit erhobenem
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