Der Reiz des Verbotenen - Page, S: Reiz des Verbotenen
Schüreisen hinterherlief, sprang der Mann aufs Fensterbrett. Das Fenster stand offen, denn auf diesem Wege war er hereingekommen. Es ging dort zwei Stockwerke in die Tiefe.
Als Marcus sich aus dem Fenster beugte, hörte er vom Boden her Krachen und Fluchen. Dort unten standen Büsche, die den Fall gebremst hatten und genügend Schatten boten, um einen schwarz gekleideten Mann zu verbergen. Mondlicht lag auf dem Rasen, doch die Bäume bildeten Oasen des Schattens. Einige Yards vom Haus entfernt erkannte Marcus eine Bewegung, doch der Mörder verschwand wieder in der Schwärze der Nacht.
Verdammt. Es hatte keinen Sinn, nackt aus dem Fenster zu springen, um die Verfolgung aufzunehmen.
„Marcus! Du blutest!“
20. KAPITEL
Gott, sie hatte die Hände eines Engels. Auf einem Stapel gefalteter Laken in seinem Bett lehnend, stöhnte Marcus leise. Venetia reinigte seine Wunden. Das nasse Tuch füllte sich seltsam kalt an, als es über sein offenes Fleisch glitt, aber es dämpfte den Schmerz.
„Tut das weh?“, flüsterte sie.
„Ein bisschen“, gab er zu.
„Ich bin sicher, es tut mehr als ein bisschen weh.“ Wimpern wie schwarzer Samt beschatteten ihre Augen. „Danke“, wisperte sie. „Danke, dass du mich gerettet hast.“
Gegen seinen Willen musste er lachen. Er dachte daran, wie wild sie den Schürhaken geschwungen hatte und an ihren zornigen, rauen Ausruf: „Mist!“ Schmerz fuhr durch seine Seite, aber das war es wert. Das Lachen machte ihm einen klaren Kopf.
Er versuchte, sich hochzurappeln, doch sie spreizte ihre kleine Hand und bemühte sich, ihn daran zu hindern. „Was tust du da? Die Wunde muss verbunden werden. Und Laudanum …“
„Keine Opiate.“ Zur Hölle, er brauchte einen klaren Kopf.
Aufmerksam betrachtete Marcus seine Wunde. Die Klinge hatte seinen Hüftknochen gestreift. Der Schnitt war nicht tief, aber er brannte wie Feuer. Hätte ihn das Messer ein wenig höher getroffen und wäre nicht durch den Knochen gebremst worden, hätte es ihm den Bauch aufgeschlitzt …
Er schob die blasse Hand weg und schwang seine Beine aus dem Bett.
„Du kannst nicht aufstehen!“
„Liebling, ich muss. Er wird sich verraten. Ich habe ihm einen ordentlichen Schlag ins Gesicht versetzt, und er wird es irgendwann zeigen müssen. Eine aufgesprungene Lippe, Blutergüsse. Alles was ich tun muss, ist, die Männer auf dem Besitz zusammentrommeln, und wir haben unseren Mörder.“
„Jetzt? Deine Wunde muss verbunden werden.“
Er begegnete ihrem angstvollen Blick. „Ich werde ihn fangen. Heute Abend. Dann ist es endlich vorbei.“
Sie presste ein Stück Mull auf den Schnitt an seiner Hüfte, fest und doch so sanft, dass es ihm keine Schmerzen verursachte. Dann schob sie seine Hände dorthin. „Halt das dort fest.“
Er hielt den Mull, wie sie es ihm gesagt hatte, und zog mit der anderen Hand am Glockenstrang, um Rutledge herbeizurufen. Wem könnte er während seiner Suche Venetias Sicherheit anvertrauen? Den Frauen? Dienern? Einigen muskulösen Laufburschen, deren Unschuld er leicht feststellen konnte, denn er würde sofort sehen, ob sie die Anzeichen eines Kampfes trugen.
Marcus sank zurück aufs Bett. Der Blutverlust machte seine Beine wackelig, doch er unterdrückte das Zittern seiner Muskeln. Venetias Hand lag fest auf seiner Schulter, um ihn am Weglaufen zu hindern, während sie Verbandszeug und Nadeln zusammensuchte. Dann wickelte sie geschickt den Verband.
Ihrer Finger auf seiner Haut waren pure Magie – und nicht nur sinnliche Magie. Noch etwas anderes. Etwas, woran er sich nur vage erinnerte. Es fühlte sich tröstlich an. „Du machst das sehr gut.“
Ihre sanfte Stimme beruhigte ihn noch zusätzlich. „Gute Werke im Dorf. Um über jeden Tadel erhaben zu sein. Mutter bestand darauf, dass wir Klatsch über ihren abwesenden Ehemann bekämpfen mussten, indem wir uns in die Wohltätigkeitsarbeit stürzten.“ Rasch und ordentlich steckte sie den Verband fest. Der Druck linderte seinen Schmerz.
Bisher hatte er diese Seite an ihr nicht gesehen, die sanfte, fürsorgliche Seite. Was für eine wunderbare Ehefrau und Mutter sie sein würde.
„Marcus, ich …“ In ihrem bleichen Gesicht leuchteten ihre Augen tiefgrün und wässrig, wie Jadesteine in einer fließenden Quelle. „Ich will mit dir gehen.“
„Nein. Auf gar keinen Fall! Hier bist du sicher. Ich werde eine Wache herbeordern.“ Er hauchte einen Kuss auf ihre zitternden Lippen, dann stand er auf, um seine Kleider anzuziehen.
So
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