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Der Richter

Der Richter

Titel: Der Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Dann begannen wir mit den medizinischen Tests, und eine Lawine geriet ins Rollen. Nun brauchten wir nur noch ein durchschlagen-des Urteil.«
    »Warum wollten Sie keine Verhandlung vor einem Geschworenengericht?«
    »Ich liebe Geschworene. Mir gefällt es, sie auszuwählen, mit ihnen zu reden, sie umzustimmen, zu manipulieren, ja sogar zu kaufen - aber sie sind unberechenbar. Ich wollte eine sichere Bank, eine Garantie. Außerdem wollte ich einen schnellen Prozess. Die Gerüchte über Ryax verbreiteten sich wie ein Lauffeuer. Sie können sich vorstellen, wie die Nachricht, dass ein neues Medikament verheerende Nebenwirkungen zeigt, auf ein Heer gieriger Schadenersatzanwälte wirkt. Wer zuerst eine drastische Verurteilung erzielte, war der König, vor allem, wenn das Urteil in Biloxi gefällt wurde. Miyer-Brack ist eine Schweizer Firma …«
    »Ich habe die Akte gelesen.«
    »Den gesamten Vorgang?«
    »Ja, gestern im Gericht von Hancock County.«
    »Nun, die Europäer fürchten unser Schadenersatzsystem wie der Teufel das Weihwasser.«
    »Nicht ohne Grund, oder?«
    »Schon, aber das ist nur positiv, weil es dafür sorgt, dass sie ehrlich bleiben. Eigentlich sollten sie Angst davor haben, dass eines ihrer Medikamente mangelhaft sein und den Menschen Schaden zufügen könnte, aber das interessiert keinen, wenn Milliarden auf dem Spiel stehen. Leute wie ich sorgen dafür, dass sie auf dem rechten Pfad bleiben.«
    »Wussten sie über Ryax Bescheid?«
    French würgte eine weitere Auster herunter, schluckte mühsam, kippte ein Glas Wein hinterher und erwiderte schließlich: »Schon ziemlich bald.
    Das Medikament senkte den Cholesterinspiegel so wirksam, dass Miyer-Brack und die FDA es in aller Eile auf den Markt brachten. Wieder ein Wunderheilmittel. Ein paar Jahre lang funktionierte es auch ohne Nebenwirkungen. Dann kam der große Knall. Die Nephronen … Wissen Sie, wie die Nieren funktionieren?«

    »Gehen wir für den Augenblick davon aus, dass ich keine Ahnung ha-be.«
    »In jeder Niere gibt es Millionen kleine Filtereinheiten, die Nephronen.
    Ryax enthielt eine synthetische Chemikalie, die diese praktisch einschmolz.
    Nicht jeder stirbt daran wie der arme Mr. Gibson. Die Schädigung kann unterschiedlich schwer ausfallen, ist aber immer irreversibel. Die Niere ist ein Organ mit erstaunlichen Selbstheilungskräften, aber nach fünf Jahren Ryax ist nichts mehr zu machen.«
    »Wann genau erfuhr Miyer-Brack, dass es ein Problem gab?«
    »Schwer zu sagen. Wir zeigten dem Richter interne Dokumente, in denen die Laborangestellten ihre Vorgesetzten zur Vorsicht drängten und baten, weitere Forschungen abzuwarten. Nachdem Ryax vier Jahre lang mit spek-takulären Ergebnissen auf dem Markt gewesen war, zeigten sich die Wissenschaftler des Unternehmens beunruhigt. Dann wurden Patienten ernsthaft krank, und es gab sogar Todesfälle. Inzwischen war es zu spät. Von meinem Standpunkt aus mussten wir den perfekten Mandanten und das perfekte Forum finden, was uns gelang. Dann mussten wir nur noch schnell handeln, bevor ein anderer Anwalt eine drastische Verurteilung erreichte.
    An dieser Stelle kam Ihr Vater ins Spiel.«
    Der Steward räumte die Austernschalen ab und servierte einen Salat aus Krabbenfleisch. Mr. French persönlich wählte unterdessen einen weiteren weißen Burgunder aus dem Bordweinkeller aus.
    »Was geschah nach dem Gibson-Prozess?«, erkundigte sich Ray.
    »Ich selbst hätte das Drehbuch nicht besser schreiben können. Miyer-Brack brach vollständig zusammen. Arrogante Arschlöcher zerflossen in Tränen und boten den Ryax-Anwälten Säcke voll Bargeld an. Vor dem Prozess hatte ich vierhundert Fälle und keinerlei Druckmittel, danach waren es fünftausend, und ich hatte ein Elf-Millionen-Dollar-Urteil in der Tasche. Hunderte von Anwälten riefen mich an. Ich flog einen Monat lang mit einem Learjet im Land herum und traf mit anderen Anwälten Verein-barungen über die gemeinsame Vertretung ihrer Mandanten. Ein Bursche in Kentucky hatte hundert Fälle, einer in St. Paul achtzig und so fort. Dann, etwa vier Monate nach dem Prozess, flogen wir zu einer großen Konferenz nach New York. In weniger als drei Stunden hatten wir für sechstausend Fälle einen Vergleich über siebenhundert Millionen Dollar ausgehandelt.
    Einen Monat später erhielten wir für weitere zwölfhundert Fälle zweihundert Millionen.«
    »Wie hoch war Ihr Anteil?« Einem normalen Menschen gegenüber hätte eine solche Frage unhöflich gewirkt, aber

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