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Der Richter

Der Richter

Titel: Der Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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allen Mitteln, und ich schütze meine Freunde.«
    »Er war nicht Ihr Freund.«

    »Wir waren keine Amigos und gehörten auch nicht irgendeiner geheimen Bruderschaft an, aber einen besseren Freund habe ich in meinem ganzen Leben nicht gehabt. Alles fing mit ihm an. Ist Ihnen klar, wie viel Geld ich in den nächsten fünf Jahren verdienen werde?«
    »Eine schockierend hohe Summe, da bin ich mir sicher.«
    »Eine halbe Milliarde, und das verdanke ich alles Ihrem Vater.«
    »Und wann haben Sie genug?«
    »Es gibt hier einen Tabakanwalt, der hat eine Milliarde gemacht. Den möchte ich schon einholen.«
    Ray brauchte etwas zu trinken. Er starrte prüfend auf sein Glas, als verstünde er etwas von Wein, und schüttete ihn dann hinunter. French widmete sich dem Fisch.
    »Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Sie die Wahrheit sagen«, murmelte Ray.
    »Ja, ich lüge nicht. Ich betrüge und verteile Schmiergelder, aber ich lüge nicht. Vor etwa sechs Monaten, während ich dabei war, mich mit Flugzeu-gen, Schiffen, Strandhäusern, Berghütten und neuen Büros einzudecken, erfuhr ich, dass bei Ihrem Vater eine schwere Krebserkrankung diagnostiziert worden war. Ich wollte ihm etwas Gutes tun. Ich wusste, dass er nicht viel Geld hatte und das auch noch an alle möglichen Leute verteilte.«
    »Und da haben Sie ihm drei Millionen in bar geschickt?«
    »Ja.«
    »Einfach so?«
    »Einfach so. Ich rief ihn an und teilte ihm mit, dass ein Paket an ihn unterwegs sei. Vier Pakete, wie sich herausstellen sollte, vier große Kartons.
    Einer meiner Jungs fuhr sie mit einem Lieferwagen hin und stellte sie auf die Veranda. Richter Atlee war nicht zu Hause.«
    »Nicht registrierte Scheine?«
    »Warum hätte ich sie registrieren lassen sollen? Glauben Sie, ich wollte erwischt werden?«
    »Was meinte er dazu?«
    »Ich habe nie ein Wort von ihm dazu gehört und auch keinen Wert darauf gelegt.«
    »Was tat er?«
    »Das müssten Sie doch wissen. Sie sind sein Sohn, Sie kennen ihn besser als ich. Sagen Sie mir, was er mit dem Geld getan hat.«
    Ray schob seinen Stuhl zurück. Das Weinglas in der Hand, schlug er die Beine übereinander und versuchte, sich zu entspannen. »Er fand das Geld auf der Veranda. Als ihm klar wurde, um was es sich handelte, verfluchte er Sie vermutlich nach Strich und Faden.«
    »Das will ich doch hoffen.«
    »Er stellte das Zeug in die Diele, wo schon Dutzende anderer Kartons standen. Sein Plan war, es wieder nach Biloxi zu schaffen, aber die Tage vergingen. Er war krank und schwach und kein besonders guter Autofahrer.
    Dass er todkrank war, ließ ihn die Dinge mit Sicherheit unter einem anderen Blickwinkel sehen. Nach ein paar Tagen beschloss er, das Geld zu verstecken. Dabei hatte er immer noch vor, es zurückzubringen und Ihnen die Leviten zu lesen. Doch im Laufe der Zeit wurde er immer kränker.«
    »Wer fand das Geld?«
    »Ich.«
    »Und wo ist es?«
    »Im Kofferraum meines Wagens, der vor Ihrem Büro steht.«
    French lachte herzlich und ausgiebig. »Also da, wo es herkam«, prustete er, nach Luft schnappend.
    »Inzwischen hat es aber eine ganz schöne Strecke zurückgelegt. Ich entdeckte es gleich, nachdem ich ihn tot aufgefunden hatte, in seinem Arbeitszimmer. Irgendjemand versuchte, einzubrechen und es zu stehlen. Also nahm ich es mit nach Virginia. Jetzt ist es wieder hier, aber diese Person folgt mir immer noch.«
    Das Gelächter brach abrupt ab. French fuhr sich mit der Serviette über den Mund. »Wie viel haben Sie gefunden?«
    »3.118.000 Dollar.«
    »Verdammt! Er hat nicht einen Cent ausgegeben.«
    »Und in seinem Testament ist es auch nicht erwähnt. Er hat es einfach in Kartons in einem Schrank unter seinen Bücherregalen verstaut.«
    »Wer war der Einbrecher?«
    »Ich hoffte, das könnten Sie mir sagen.«
    »Ich kann’s mir zumindest vorstellen.«
    »Dann sagen Sie es mir bitte.«
    »Das ist wieder eine lange Geschichte.«

32
    Der Steward brachte eine Auswahl von Single-Malt-Whiskeys auf das obere Deck, wo sie sich zu einem Schlummertrunk und einer weiteren Geschichte niedergelassen hatten. In der Ferne flimmerten die Lichter von Biloxi. Ray war kein Whiskeytrinker und verstand nicht das Geringste von Single Malts, aber er passte sich dem Ritual an, weil er wollte, dass French sich weiter betrank. Die Geschichten sprudelten jetzt nur so aus ihm heraus, und Ray wollte alle hören.
    Sie entschieden sich für Lagavulin, weil er so schön rauchig war - was auch immer das hieß. Vier andere Flaschen standen wie

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