Der Richter
schlechten Zähne.
» Ein Beck’s, bitte«, sagte Ray, woraufhin wie aus dem Nichts eine Bedienung auftauchte.
Bei der nächsten Runde setzte er einhundert Dollar und verlor. Dann legte er rasch drei Jetons für das nächste Spiel hin, das er gewann. Von den folgenden zehn Runden gewann er acht, wobei er immer abwechselnd einhundert und fünfhundert Dollar setzte, als wüsste er genau, was er tat. Der Pit Boss hatte sich inzwischen hinter der Geberin postiert.
Vielleicht hatten sie einen Trickspieler vor sich, einen Blackjack-Profi, der beobachtet und auf Video aufgenommen werden musste.
Wenn sie wüssten.
Zweimal hintereinander verlor Ray zweihundert Dollar, dann setzte er einfach so aus Jux und Tollerei einen Tausender. Schließlich hatte er weitere drei Millionen im Kofferraum. Dies hier waren Peanuts, mehr nicht. Als zwei Königinnen neben seinen Jetons landeten, verzog er keine Miene, als würde er schon seit Jahren in diesem Stil gewinnen.
»Möchten Sie etwas essen, Sir?«, fragte der Pit Boss.
»Nein danke«, erwiderte Ray.
»Können wir sonst irgendetwas für Sie tun?«
»Ich hätte gern ein Zimmer.«
»Standard oder Suite?«
Ein Trottel hätte jetzt gesagt: »Eine Suite natürlich«, doch Ray hatte sich im Griff. »Mir ist jedes Zimmer recht.« Er hatte nicht die Absicht gehabt, länger zu bleiben, aber nach zwei Bier hielt er es für besser, sich nicht mehr hinters Steuer zu setzen. Was, wenn ihn eine Streife anhielt?
Und was, wenn ein Polizist seinen Kofferraum öffnete?
»Kein Problem, Sir«, sagte der Aufseher. »Ich lasse Sie einchecken. «
In der folgenden Stunde gewann Ray weiter. Die Bedienung kam alle fünf Minuten vorbei, um ihn zum Trinken zu animieren, doch Ray hielt sich an seinem ersten Bier fest. Einmal, während die Geberin mischte, zählte er die schwarzen Jetons, die vor ihm auf dem Tisch lagen. Es waren neununddreißig.
Um Mitternacht begann er zu gähnen, und ihm fiel ein, wie wenig Schlaf er in der Nacht zuvor bekommen hatte. Den Zimmerschlüssel hatte er bereits. An seinem Tisch durften maximal tausend Dollar gesetzt werden, sonst hätte er jetzt alles auf einmal gesetzt, um mit Pauken und Trompeten unterzugehen. So legte er zehn schwarze Jetons in den Kreis, und unter den Augen der Umstehenden erhielt er Blackjack. Danach setzte er noch einmal zehn Jetons, doch diesmal erhielt er von der Geberin zweiundzwanzig. Er sammelte seine Jetons ein, warf der Geberin vier hin und ging zur Kasse. Drei Stunden hatte er in dem Kasino verbracht.
Von seinem Zimmer im fünften Stock aus konnte er auf den Parkplatz hinuntersehen, und weil der Audi TT in Sichtweite stand, verspürte er den Drang, ihn unter ständiger Beobachtung zu halten. Trotz Müdigkeit konnte er nicht einschlafen. Er zog einen Stuhl zum Fenster und versuchte zu dösen, doch die Gedanken in seinem Kopf hörten nicht auf, sich zu überschlagen.
Hatte der Richter einen Hang zum Glücksspiel entwickelt und ein einträgliches kleines Laster gepflegt, das er für sich behalten hatte? Waren die Kasinos die Quelle seines Vermögens?
je länger Ray sich einzureden versuchte, dass das an den Haaren herbei-gezogen war, desto mehr war er davon überzeugt, die wahre Herkunft des Geldes gefunden zu haben. Seines Wissens hatte der Richter nie an der Börse spekuliert - und falls doch, falls er ein zweiter Warren Buffett war, warum hätte er dann seine Gewinne in bar unter dem Bücherregal verstecken sollen? Außerdem hätte es dann jede Menge schriftliche Unterlagen geben müssen.
Hatte er vielleicht ein Doppelleben geführt und war hinter der sauberen Fassade korrupt gewesen? Doch selbst dann … Im ländlichen Mississippi gaben die Prozesslisten keine drei Millionen Dollar Bestechungsgelder her, außerdem wären zu viele Mitwisser beteiligt gewesen.
Also musste es das Glücksspiel gewesen sein. Bei diesem Geschäft wurde noch mit Bargeld gehandelt. Ray hatte gerade an einem Abend sechstausend Dollar gewonnen. Gewiss war das reines Glück gewesen, aber war das nicht eine Grundvoraussetzung beim Spielen? Vielleicht hatte der alte Mann einfach ein Händchen für Spielkarten und Würfel gehabt. Vielleicht hatte er an einem einarmigen Banditen den Jackpot geknackt. Er lebte allein und brauchte niemandem Rechenschaft abzulegen.
Vermutlich war es so gelaufen.
Aber drei Millionen Dollar innerhalb von sieben Jahren?
Wurden größere Gewinne in Kasinos nicht dokumentiert? Für die Steuer zum Beispiel?
Und warum hätte der
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