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Der Richter

Der Richter

Titel: Der Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Extragehalt als Entlohnung für die Extraleistungen, die sie ihm bot. Der Groll gegen sie kam nicht von ungefähr.
    »Ich möchte so gern etwas haben, das mich an ihn erinnert«, sagte sie.
    »Und ich bin so etwas?«
    » Du bist wie dein Vater, Ray. Ich hänge an all dem hier.«
    »Willst du Geld?«
    »Nein.«
    »Bist du pleite?«
    »Na ja, ausgesorgt habe ich nicht gerade.«
    »Hier gibt’s nichts zu holen für dich.«
    »Hast du sein Testament?«
    »ja, und dein Name kommt nicht darin vor.«
    Sie weinte erneut, und Ray begann innerlich zu kochen. Sie hatte vor zwanzig Jahren jede Menge Geld bekommen, als er als Student von Erdnussbutterbroten gelebt und in Kneipen gejobbt hatte, um’ nicht aus seiner billigen Bude zu fliegen. Während sie einen nagelneuen Cadillac fuhr, reichte es bei Forrest und ihm immer nur für alte Schrott-schleudern. Sie beide lebten jahrelang wie verarmte Adelige, während Claudia in Garderobe und Schmuck schwelgte.
    »Er hat immer versprochen, für mich zu sorgen«, jammerte sie.
    »Das gilt seit Jahren nicht mehr, Claudia. Finde dich damit ab.«
    »Ich kann nicht. Ich habe ihn so geliebt.«
    »Es ging um Sex und Geld, nicht um Liebe. Ich würde es vorziehen, nicht darüber zu reden.«
    »Was gehört alles zur Erbmasse?«
    »Nichts. Er hat alles verschenkt.«
    »Er hat was?«
    »Du hast mich schon verstanden. Du weißt doch, wie gern er Schecks ausgestellt hat. Es wurde sogar noch schlimmer, nachdem du von der Bildfläche verschwunden warst.«
    »Was ist mit seiner Rente?« jetzt weinte sie nicht mehr, jetzt ging’s ums Geschäft. Ihre grünen Augen waren trocken und glitzerten.
    »Er ließ sich alles auf einmal auszahlen, ein Jahr nachdem er ausge-schieden war. Finanziell gesehen ein ziemlicher Fehler, aber er tat es ohne mein Wissen. Er war verrückt und eigensinnig. Er nahm das Geld, verwendete einen Teil für seinen Lebensunterhalt und spendete den Rest den Pfadfindern und Pfadfinderinnen, dem Lions Club, den Söhnen der Konföderation, dem Komitee zur Erhaltung historischer Schlachtfelder und so weiter.«
    Wenn sein Vater bestechlich gewesen wäre - was Ray sich einfach nicht vorstellen konnte -, hätte Claudia von dem Geld wissen müssen. Offensichtlich hatte sie aber keine Ahnung. Ray hatte sie nie in Verdacht gehabt, denn wenn sie etwas gewusst hätte, dann wäre das Geld nicht mehr im Arbeitszimmer versteckt gewesen. Hätte sie drei Millionen Dollar in die Finger bekommen, würde es die gesamte County wissen.
    Wenn sie nur einen Dollar hätte, würde man es ihr ansehen. Aber so erbarmungswürdig, wie sie aussah, ging Ray davon aus, dass sie nicht viel besaß.
    »Ich dachte, dein zweiter Mann hätte ein bisschen Geld gehabt«, sagte er ein wenig zu brutal.
    »Das dachte ich auch«, erwiderte sie und brachte ein Lächeln zustande. Ray musste grinsen. Dann lachten sie beide los, und das Eis zwischen ihnen schmolz. Sie war immer für ihre unverblümte Art berühmt gewesen.
    »Nie was davon gesehen, hm?«
    »Nicht einen Cent. Er war einer dieser gut aussehenden Typen und viele Jahre jünger als ich, weißt du … «
    »Ich erinnere mich gut. Es war damals ein waschechter Skandal.«
    »Er war einundfünfzig, konnte das Blaue vom Himmel herunter versprechen und hatte die fixe Idee, mit Öl Geld zu machen. Vier Jahre lang bohrten wir wie die Wilden, und am Ende stand ich mit leeren Händen da.«
    Ray lachte noch lauter. Er konnte sich nicht erinnern, jemals mit einer Siebzigjährigen über Sex und Geld geredet zu haben, und sie musste zu diesen Themen jede Menge interessanter Geschichten auf Lager haben.
    Claudias Greatest Hits.
    »Du siehst gut aus, Claudia. Du hast immer noch genug Zeit für einen neuen Mann.«
    »Ich bin müde, Ray. Alt und müde. Ich müsste ihn mir erst erziehen.
    Das ist es nicht wert.«
    »Was passierte mit Nummer zwei?«
    »Starb nach einem Herzanfall. Ich habe nicht mal tausend Dollar bekommen«, berichtete sie.
    »Der Richter hat auch nur sechstausend hinterlassen.« »Nicht mehr?«, fragte sie ungläubig.
    »Keine Aktien, keine Anleihen, nichts außer einem alten Haus und sechstausend Dollar auf der Bank.«
    Sie senkte die Augen und schüttelte den Kopf. Offenbar glaubte sie Ray. Sie hatte keine Ahnung von dem Geld.
    »Was hast du mit dem Haus vor?«
    »Forrest will es anzünden und die Versicherung kassieren.«
    »Keine schlechte Idee.«
    »Wir werden sehen.«
    Auf der Veranda waren Geräusche zu hören, dann klopfte es an der Tür. Es war Reverend Palmer.

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