Der Richter
Dollar.«
»Luray hat acht Milliarden in Barreserven. Jeder auf Schadenersatzklagen spezialisierte Anwalt in diesem Land spricht über Skinny Ben.«
»Gibt es da nicht ein paar moralische Probleme?«
»Bruderherz, es gibt keine Moral mehr. Wir sind schließlich in Amerika.
Moral ist nur was für Leute wie dich, die ihren Studenten davon erzählen, obwohl diese sich nie daran halten werden. Tut mir Leid, dass ich es bin, aber schließlich muss es dir ja mal jemand sagen.«
»Du bist nicht der Erste.«
»Jedenfalls bin ich auf eine Goldgrube gestoßen. Dachte nur, es würde dich interessieren.«
»Das freut mich für dich.«
»Gibt es bei dir in der Gegend Anwälte, die Skinny-Ben-Fälle bearbei-ten?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Halt die Augen offen. Die Anwälte, für die ich arbeite, schließen sich in ganz Amerika mit anderen Anwälten zusammen. Ich habe gerade gelernt, dass Sammelklagen immer so funktionieren. Je mehr Fälle man zusammen hat, desto mehr springt bei einem Vergleich heraus.«
»Ich werde es weitererzählen.«
»Bis dann, Bruderherz.«
»Pass auf dich auf, Forrest.«
Der nächste Anruf kam kurz nach 2.30 Uhr morgens. Wie bei jedem Anruf zu einer solchen Zeit schien das Telefon eine Ewigkeit zu läuten, sowohl in den Schlaf hinein als auch nach dem Aufwachen. Ray gelang es schließlich, den Hörer abzunehmen und das Licht einzuschalten.
»Ray, hier ist Harry Rex. Tut mir Leid, dass ich um diese Zeit anrufe.«
»Was ist los?« Ray war klar, dass es nichts Gutes sein konnte.
»Es geht um Forrest. Ich habe gerade eine halbe Stunde mit ihm und einer Krankenschwester im Baptist Hospital in Memphis gesprochen. Er wurde dort eingeliefert, ich glaube, mit gebrochener Nase.«
»Was war los?«
»Er ist in eine Kneipe gegangen, hat sich betrunken und einen Streit an-gezettelt, das Übliche. Sieht so aus, als hätte er sich dieses Mal den Falschen ausgesucht, sie flicken ihm nämlich gerade das Gesicht zusammen.
Das Krankenhaus will ihn die Nacht über dabehalten. Ich musste mit den Angestellten reden und die Übernahme der Behandlungskosten garantieren.
Außerdem habe ich sie gebeten, ihm keine Schmerzmittel oder sonstige Medikamente zu geben. Sie haben keine Ahnung, mit wem sie es zu tun haben.«
»Tut mir Leid, dass du da reingezogen wurdest, Harry Rex.«
»Es ist nicht das erste Mal, und es macht mir nichts aus. Aber er ist verrückt, Ray. Er hat wieder mit dem Nachlass angefangen und sich darüber ausgelassen, dass man ihn um seinen rechtmäßigen Anteil betrügt, dieser ganze Mist eben. Ich weiß, dass er betrunken ist, aber er will einfach nicht mit diesem Gerede aufhören.«
»Ich habe vor fünf Stunden mit ihm gesprochen, und er war völlig in Ordnung.«
»Da wird er gerade auf dem Weg in die Kneipe gewesen sein. Sie mussten ihm ein Beruhigungsmittel verpassen, als sie ihm die Nase gerichtet haben, sonst wäre es unmöglich gewesen. Ich mache mir Sorgen wegen der Medikamente und dem anderen Zeug.«
»Es tut mir Leid, Harry Rex«, sagte Ray noch einmal, weil ihm nichts anderes einfiel. Es gab eine kleine Pause, in der er versuchte, seine Gedanken zu sammeln. »Er war völlig in Ordnung, als wir vor ein paar Stunden telefoniert haben. Clean und nüchtern. Jedenfalls kam es mir so vor.«
»Hat er dich angerufen?«, fragte Harry Rex.
»Ja. Er war ganz aufgeregt wegen seines neuen Jobs.«
»Dieser Mist mit Skinny Ben?«
»Ja. Ist das ein richtiger Job?«
»Ich glaube schon. Hier unten gibt es ein paar Anwälte, die hinter diesen Fällen her sind wie der Teufel hinter der armen Seele. Die Menge macht’s.
Sie heuern Leute wie Forrest an, damit sie ihnen Mandanten besorgen.«
»Solchen Anwälten sollte man die Zulassung entziehen.« »Das sollte man mit der Hälfte aller Anwälte tun. Ich glaube, du musst bald herkommen. je eher wir den Nachlass eröffnen, desto eher wird Forrest sich wieder beruhigen. Seine Unterstellungen setzen mir ziemlich zu.«
»Hast du schon einen Termin bei Gericht?«
»Wir könnten einen für Mittwoch nächster Woche bekommen. Du solltest zumindest ein paar Tage bleiben.«
»Das hatte ich auch vor. Leg den Termin fest, ich werde da sein.«
»Ich werde Forrest in ein oder zwei Tagen informieren. Hoffentlich ist er dann nüchtern.«
»Tut mir wirklich Leid, Harry Rex.«
Ray konnte nicht mehr einschlafen, was ihn nicht sonderlich überraschte.
Er las in einer Biografie, als sein neues Handy klingelte. jemand musste sich verwählt haben.
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