Der Rikschamann
erregen.«
Max trat zur Garageneinfahrt des Apartmentblocks. Neben dem großen Rolltor befand sich noch eine Stahltür, an deren Schloss Max einmal mehr den gezackten Schlüssel ausprobierte – einmal mehr vergeblich. Während sie noch über eine Lösung des Problems nachdachten, blinkte plötzlich über der Einfahrt eine rote Signallampe. Dann summte ein Elektromotor, das schwere Rolltor entriegelte sich klackend und glitt nach oben. Die drei jungen Leute zogen sich ein Stück zurück und drückten sich in den Schatten der Hausmauer. Gedämpfter Motorenlärm quoll aus der Einfahrt, schwoll an – dann glitt ein Wagen aus der Einfahrt und entfernte sich in Richtung Grasbrook, ohne dass der Fahrer die Lauernden bemerkte. Als sich das Rolltor automatisch wieder nach unten in Bewegung setzte, schalteten alle drei, ohne dass eine Absprache nötig gewesen wäre. Drei stumme Schatten huschten durch den sich hinter ihnen schließenden Durchlass und schlichen eine Rampe hinab in die schmucklose Betongruft, schummrig beleuchtet durch ein paar Notlampen.
»Da hinten ist ein Fahrstuhl.« Bronstein übernahm die Führung. Trotz des viel zu großen Pullovers und des lächerlichen Wickelrocks wirkte sie jetzt konzentriert und zielstrebig. Eine Jagdgöttin, dachte Elke, und der Anblick von Max neben der Kripofrau versetzte ihr einen mittelschweren Stich. Bronstein mit ihrem Sportbody und Max. Ein Bilderbuchpaar, schlank und wunderschön. Bis auf ihren krummen Riesenzinken, tröstete sich Elke und trottete den beiden anderen hinterher. Eine Spürhündin, keine Jagdgöttin. Spürhündin mit Spürhündinnennase.
Wuff, wuff.
Im Fahrstuhl wählten sie den obersten Knopf. Die Kabine glitt nahezu geräuschlos nach oben und hielt im gewünschten Stockwerk. Die Türflügel schwangen beiseite wie ein Theatervorhang und eröffneten den Blick auf einen gediegenen Vorraum mit zwei exotischen Kübelpalmen, hochwertigen Kunstdrucken und einer verglasten Wand, hinter der sich das nächtliche Hafenpanorama abzeichnete. Von diesem Raum ging nur eine einzige Wohnungstür ab – die Tür zum Penthouse. Neben der Klingel stand auf einem schlichten Kärtchen der Name »Ost«. Max presste ein Ohr gegen die Tür und lauschte angestrengt.
»Klingeln wir?« flüsterte Elke.
Anstatt zu antworten, probierte Max noch einmal den gezackten Schlüssel aus. Diesmal passte er. Langsam drehte er ihn, ließ lautlos das Schloss aufschnappen und drückte die Tür auf. Im Flur dahinter brannte kein Licht, und auch sonst schien im Penthouse alles dunkel zu sein. Elke wollte schon hineingehen, da hielt Max sie zurück.
»Ich sehe erst allein nach, ob jemand da ist«, wisperte er und schob sich an Elke vorbei. Bronstein machte keine Anstalten, ihm zu folgen. Max’ Vorgehen war ihr sehr recht – falls da gleich ein harmloser Bewohner aufschreckte und erst Zeter und Mordio und dann nach der Polizei rief, wollte sie nicht unbedingt auf dem Präsentierteller stehen. Der neunmalklugen Elke fiel es natürlich sichtlich schwer, sich mal zurückzunehmen. Sensationsgeile Fettkuh. Was ein smarter Typ wie Max wohl an der fand! Vielleicht, weil sie die Tochter seines Professors ist? Obwohl, für so berechnend hielt Bronstein ihn nicht. Oder doch? Ließ sie sich am Ende sogar selbst von Max manipulieren? Sie lehnte sich hier ganz schön weit aus dem Fenster – wenn Hesse das wüsste…
Im Wohnungsflur flammte das Licht auf, und Bronstein blieb fast das Herz stehen. Aber es war nur Max. »Keiner da!« verkündete er grinsend, und die Polizistin schob rasch Elke in den Flur und zog die Tür hinter sich zu. Bloß niemandem auffallen.
Das Penthouse bestand neben dem Flur aus einem riesigen Wohnzimmer mit angrenzender Küche, drei Schlafzimmern, von denen die zwei kleineren offensichtlich nie benutzt wurden und einem Bad, dass man aufgrund der großzügigen Ausmaße, der raffinierten Beleuchtung und gediegenen Ausstattung eher als »Badelandschaft« bezeichnen musste. Im Kühlschrank lagerten ausschließlich flüssige Nahrungsmittel. Die riesige Liegewiese im großen Schlafzimmer, der Deckenspiegel darüber und die üppig im Wohnzimmer platzierten Liegepolster und Sofaelemente kündeten überdeutlich vom Zweck dieses Domizils: Entspannen, Saufen, Rammeln – in dieser oder alternierender Reihenfolge. Und noch etwas fiel auf: Es mangelte an persönlichen Gegenständen, wenn man von der reichlich vorhandenen Kleidung in diversen Schränken – ausschließlich Herrenkleidung,
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