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Der Rikschamann

Der Rikschamann

Titel: Der Rikschamann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Schroeter
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Hamid?«
    Stille.
    »Welcher Hamid?« erkundigte sich Donald vorsichtig.
    »Hamid. Der mit der Werkstatt in Eimsbüttel. Der herumtratscht, er hätte den blutverschmierten Bezug im Kofferraum meines Z3 ausgetauscht!«
    »Neun Uhr Bank. Neun fünfzehn Geld. Neun dreißig Kontakt.« Donalds Stimme sank ab zu einem grotesken Flüstern, als kratze man auf einem Kamm herum. Pieter wuchs eine Gänsehaut. Ohne weiteres Wort legte der Anrufer auf.
    »Halten Sie bitte da vorne.«
    Der Taxifahrer brachte den Wagen zum stehen, Max zahlte und stieg aus. Er hatte das Taxi nach seiner überstürzten Flucht aus dem Penthouse am U-Bahnhof Baumwall erwischt und es zur Schlüterstraße dirigiert, direkt vor Professor Straschitz’ Haus, wo in keinem der Wohnungsfenster mehr ein Licht brannte. Max hatte allerdings auch nicht vor, den Professor aus dem Bett zu klingeln. Der würde ihm noch früh genug den Kopf abreißen, wenn er mitbekam, in welchen Schlammassel Max seine Tochter hineingezogen hatte. Andererseits hatte Straschitz ja selbst in weiser Erkenntnis über Elke gesagt: »Sie macht, was sie will!« In der Tat, dachte Max, das macht sie. Wie sie ihm eben zur Flucht verholfen hatte – alle Achtung. Fragte sich jetzt nur, was er daraus machte.
    Max schloss die geparkte Fahrradrikscha auf und schob sie auf die Straße. Er fühlte sich hundemüde. Am liebsten hätte er sich einfach an Ort und Stelle auf der Fahrgastbank zusammengerollt. Noch besser wäre natürlich das eigene Bett, aber zuhause warteten Kommissar Hesse und Konsorten. Denen durfte Max nicht in die Hände laufen, und zum Schlafen war auch keine Zeit. Oleg wurde gefoltert! Wenn er überhaupt noch am Leben war, gab es nur eine Chance für ihn: Nämlich die, dass Max ihn fand. Würde die Polizei Max festnehmen, wäre es vorbei – Hesse würde nicht nach Oleg suchen, sondern in aller Gemütsruhe auf ein Schuldgeständnis von Max warten oder darauf, dass Olegs Leiche schon irgendwo auftauchen würde. Wer hatte Oleg geschnappt? Es gab einen, der Max diese Frage beantworten könnte. Einen, der für den oder die Mörder arbeitete. Der Max indirekt von Oleg als Partner abgeraten und ihm empfohlen hatte, sich aus allem herauszuhalten.
    Hamid.
    Vielleicht arbeitete Hamid sogar noch um diese Uhrzeit. Bestimmt erledigte der Mechaniker nachts die dunklen Geschäfte, tagsüber schraubte er dann an Hausfrauenautos und Studentenfahrrädern herum. Und selbst, wenn Hamid nicht in seiner Werkstatt sein sollte – dort würde die Kripo kaum nach Max suchen. Er könnte dort unbehelligt bis zum Morgen und auf Hamid warten. Hineinkommen würde er schon irgendwie. Wäre ja nicht das erste Mal…
    Max brachte das Gelbe Ungetüm auf Touren, tauchte in den Schanzenpark ab und nahm Kurs auf Eimsbüttel. Zu dieser Stunde, irgendwo zwischen Mitternacht und Sonnenaufgang, herrschte kaum noch Verkehr. Auf der Straße vor Hamids Werkstatt bewegte sich zwischen dunklen Hausfassaden nichts mehr. Max bog in den Torweg zum Hinterhof ein und bremste die Rikscha ab, um bei der holprigen Fahrt übers Kopfsteinpflaster weniger Lärm zu verursachen. Hamids Baracke lag im Dunkeln, genau wie der restliche Hof. Vor der Werkstatt parkte ein Auto.
    Offroader, VW-Touareg.
    Gerade als Max den Wagen erkannte, startete der Motor und die Halogenscheinwerfer blendeten grell auf. Quietschend drehten Reifen durch, dann tobten ihm zweieinhalb Tonnen Stahl entgegen wie ein Artilleriegeschoss. Instinktiv warf sich Max aus dem Sattel, krachte hart aufs Pflaster und rollte panisch beiseite, während hart neben ihm Funken aus Metall schlugen und Glas splitterte, als der schwere Wagen die Rikscha zerlegte, dabei nur flüchtig ins Schlingern geriet und mit aufjaulendem Motor durch den Torweg hinaus auf die Straße raste.
    Geschockt rappelte sich Max langsam hoch. Er rechnete damit, dass sich nach diesem Krach Fenster öffnen und aufgeschreckte Anwohner herbeilaufen würden – aber nichts dergleichen geschah. Anscheinend knallte es hier öfter, oder die Eimsbüttler waren von Natur aus hartgesotten. Seine rechte Schulter schmerzte heftig nach dem harten Aufprall. Zur Abwechslung mal die andere Seite, dachte Max – da bemerkte er den schwachen Lichtschein, der aus der spaltbreit offenen Werkstatt-Flügeltür fiel.
    Das Licht flackerte. Und wurde heller.
    Max sprintete los. Auf dem Werkstattboden brannten ein paar öldurchtränkte Stofflappen und hatten das Holz eines umgestürzten Werkzeugregals in Brand gesetzt. Eben griffen

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