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Der Ring Der Jaegerin

Der Ring Der Jaegerin

Titel: Der Ring Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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eine Antwort:
    »Gedanken, nachtschwarz –
    doch Sonne glitzert im Reif,
    Schönheit ist immer.«
    Es war einfach da, ich konnte es fast hören, wie sie es sagte. Und vor meinen Augen entstand das Bild einer taubedeckten Wiese im Morgensonnenschein. Hatte der Sturm nachgelassen? War es die Dämmerung, der langsam die Nacht wich? Ich atmete tief ein. Noch immer sang der Wind im dröhnenden Chor der Bäume und Felsen sein heulendes Furioso, doch war der Kreis durchbrochen, der mich gefangen hielt. Und inmitten des tobenden Crescendos schlief ich ein.
    Als ich das nächste Mal aufwachte, war es hell, ganz unnatürlich hell. Und still. Atemberaubend still. Kein Blättchen zitterte, kein Hälmchen raschelte.
    Als ich vor die Laube trat, erkannte ich, warum. Der Regen, der in der Nacht gefallen war, war erstarrt. Jeder Zweig, jeder Busch, jeder Graswedel war mit einer glasklaren Schicht Eis umhüllt. Von einem klaren, blauen Himmel sandte die Sonne ihren strahlenden Glanz, und um mich herum glitzerte die Welt in allen Farben. Ich kam mir vor wie im Inneren eines gläsernen Regenbogens. Zierliche Eiszapfen, verdreht und verwunden durch das Spiel des Windes, bildeten transparente Spitzenmuster, flimmernd im weißen Licht. Braune, verdorrte Grasbüschel blitzten und funkelten wie kostbare Kristallsträuße, die dürren Äste eines Haselbusches waren zu einem Filigrankunstwerk versponnen, wie es kein Glasbläser erzeugen konnte.
    Vorsichtig berührte ich mit der Fingerspitze eine kleine eisüberzogene Ähre. Sie brach mit einem leisen Knistern ab. Dann schaute ich noch einmal um mich, ehrfürchtig die gläserne Welt in mich aufnehmend.
    »Eine schlimme Nacht und ein schöner Morgen.«
    Amun Hab in seiner makellosen Schwärze, aus der im Sonnenlicht blaue Funken zu stieben schienen, stellte einen dramatischen Kontrast zu der durchsichtig gewordenen Umgebung dar.
    »Es ist wunderbar, schön jenseits aller Begriffe von Schönheit. Hätte ich das beim Einschlafen gewusst, wäre meine Nacht nicht so schlimm geworden.«
    »Vielleicht.«
    »Ja, vielleicht.« Ich atmete tief die frostige, saubere Luft ein und legte dem schwarzen Kater den Arm um den Hals. Er schien einen kleinen Moment erstaunt über diese Reaktion, doch dann rumpelte es in seiner Kehle, und er wurde eine ganz normale Katze, die das Kraulen genießen konnte.
    Minni tauchte auch bald auf und schlug vor, den Heimweg anzutreten. Die Vorstellung, wieder an meinen köstlich vor sich hin köchelnden Kessel zu kommen, war äußerst verlockend, und so machten wir uns in Begleitung von Chefren auf den Weg, durch die verzauberte Landschaft zum Sternberg zu gelangen.
    Der Frosteinfall schien ein lokales Wunder gewesen zu sein, denn je näher wir unserem Ziel kamen, desto geringer war die Vereisung. Allerdings war hier etwas Neuschnee gefallen, in dem ich feuchte, nasse und schließlich bitterkalte Füße bekam. Darum war ich froh, dass Brit und Bran die Höhlenküche gut beheizt gehalten hatten.
    Die nächsten Tage konnte ich mich über Langeweile nicht beklagen. Zweimal war ich noch bei der Königin gewesen und hatte ihr zu ruhigem Schlaf verholfen. Sie war mir sehr dankbar dafür, schien aber ein wenig schwächer geworden zu sein. Und mir fiel es auch immer schwerer, die verletzte Pfote mit in den Energiekreis zu ziehen. Weil mich das jedes Mal auch mehr erschöpfte, ließ sie mir ausrichten, ich möge meine Kräfte schonen und wenn möglich in einem Monat wiederkommen, um die grundlegende Heilung in Angriff zu nehmen.
    Minni und Algorab waren in eigenen Angelegenheiten unterwegs, aber Minni hatte eine Freundin und ihre vier Kleinen bei mir einquartiert. Demeter war eine sehr mütterliche, schwarz-weiße Katze mit seelenvollen Augen. Leider trugen sie und ihre Kinder keine Ohrringe, was unsere Verständigungsmöglichkeiten etwas einschränkte, aber sie waren sehr geschickt, meine Gesten, meine Mimik und vermutlich auch meine Betonung zu verstehen. Demeter jagte für mich, die Kids wärmten mich nachts, und oft tollte ich einfach mit ihnen herum, was überaus lustig war und uns allen Fünfen guttat. Wenn wir uns so auf dem Boden wälzten und gegenseitig versuchten zu haschen, saß Demeter immer weise lächelnd dabei, und ich hatte den Eindruck, dass sie mich genauso nachsichtig betrachtete wie ihre Kinder.
    Nach der schlimmen Nacht bei Amun Hab setzte bei mir so etwas wie Urlaubsstimmung ein. Daher fand ich zwischendurch auch immer mal wieder Zeit, in Ruhe über meine

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