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Der Ring Der Jaegerin

Der Ring Der Jaegerin

Titel: Der Ring Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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um die Antwort verlegen war. Aber dann hatte ich es: »Man muss nicht vorsichtig, man muss präzise sein.«
    »Eine kluge Frau. Aber auch wenn du präzise bist, wirst du nicht immer präzise Antworten bekommen.«
    »Das habe ich auch schon gelernt. Manchmal bekommt man keine oder mehrere oder verschwommene.«
    »Was machst du dann?«
    »Ich … nun ja, Minni sagt mir manchmal ihre Haikus. In einem gab sie mir den Rat, die Antwort in mir selbst zu suchen. Bei manchen Fragen geht das. Bei anderen nicht.«
    »Soso, bei manchen nicht. Bei welchen nicht?«
    »Bei der Frage, was zum Beispiel eine repräsentative Stichprobengröße ist oder wie das Chi-Quadrat-Verfahren funktioniert.«
    Und jetzt riss dieser schwarze Teufel seinen blutroten Rachen bis zum Anschlag auf, dass die weißen Reißzähne nur so funkelten, und lachte schallend. Es war sehr ansteckend.
    Minni und die drei anderen wurden auf uns aufmerksam und kamen hinzu. Amun Hab beruhigte sich, sah mich grinsend an und meinte: »Du bist eine erfreulich pragmatische Person. Das mag dir in vielen Dingen zukünftig helfen.«
    Dann stellte mir Minni Chefren vor, ein eleganter, jedoch sehr zurückhaltender Siamese mit schokoladenfarbenem Gesicht, Beinen und Schwanz und kurzem, sandfarbenem Fell. Er habe bei Tschebyschow Mäuse gefangen und sich jetzt bereit erklärt, mit uns zum Laubental zurückzukehren, um mir die Grundlagen der Statistik zu erklären, sagte Minni.
    »Tschebyschows Mäuse sind natürlich eine Referenz«, gab ich zu, und Chefren neigte milde lächelnd sein Haupt. Minni pflaumte mich natürlich sofort an: »Was glaubst du blöde Kuh wohl, woher ihr Menschen diese mathematischen Erkenntnisse habt?«
    »Von Chefren, wie ich gerade erfahren habe.«
    Amun Hab lud mich ein, in einer der schönen Lauben Quartier zu nehmen und mir auf einem freien Platz davor ein Feuerchen anzumachen. Diesen Abend gab es Grillfleisch und kaltes Wasser, dann sank ich, von der körperlichen Anstrengung der Wanderung erschöpft, in Schlaf.
    Allerdings nicht lange. Mitten in der Nacht erwachte ich. Zuerst wusste ich nicht, warum, aber dann fiel es mir auf. Es raschelte! Die Blätter der Laube raschelten, dann knarrten die alten Stämme, und es tropfte auf das Laubdach. Ein kräftiger Wind war aufgekommen und fegte durch das Gebüsch, wurde heftiger, zauste an den Ästen, biss mir kalt in die Wangen, jammerte und heulte in den Zweigen und machte weiteres Schlafen unmöglich. Es war außerdem stockfinster, und nur mit planlosem Herumtasten gelang es mir schließlich, die zusätzliche Decke aus dem Beutel zu fischen. Dichter zog ich die Kapuze von Buchbinders Umhang, der mir als Unterlage diente, um meinen Kopf und wickelte mich in die Decke. Warm war mir zwar, aber jetzt setzte die Reaktion auf die letzten Tage ein.
    Bislang hatte ich ja noch wenig Gelegenheit gehabt, nachzudenken, das allerdings kam jetzt mit Macht über mich. Die ungeheuren Veränderungen in meinem Leben, die ich seit Minnis Ankunft erfahren hatte, stürzten mich in tiefe Zweifel. Urängste wuchsen drohend in der Dunkelheit empor, machten die Wolken in meinem Kopf schwärzer und schwärzer, unbeweglich wurde mein Denken, meine Fragen führten einander im Kreise herum, ohne Aussicht auf eine Antwort. Denn auch in mir war alles dunkel und schwarz, vergeblich versuchte ich, den warmen Energiestrom aufsteigen zu lassen, doch tödliche Lähmung schien sich auszubreiten, Energielosigkeit drückte mich nieder. Ich sehnte mich sogar nach dem Flammenmeer, um wenigstens dieses Licht zu sehen, doch auch das verweigerte sich mir. Immer wieder hallten in meinem Kopf die Worte nach: »Warum gerade ich?« Und: »Was soll aus mir werden? Warum kann ich nicht zurück in mein wohlgeordnetes, langweiliges Leben? Wer kann mir aus diesem wirren Alptraum heraushelfen? Das gibt es doch alles gar nicht! Katzen sprechen nicht! Katzen haben kein eigenes Land! Ein altes Buch kann doch nicht einen solchen Einfluss auf mich haben? Warum bin ich hier auf dieser harten Steinbank im Zentrum des Unwetters?«
    Der Wind wurde zum Orkan, fauchend tobte er um die schwankenden Behausungen, feucht tropfte es von den Blättern und netzte mein Gesicht, das Kreischen schwoll an wie von wilden Katzenkämpfen, und lose Efeuranken peitschten über mein Lager.
    Ich hatte Angst. Und in der tiefsten Angst sammelte ich das, was mir an Konzentration geblieben war, und ballte es zu einem Hilfeschrei meiner Gedanken zusammen: »Minni!«
    Und wirklich, ich erhielt

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