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Der Ring Der Jaegerin

Der Ring Der Jaegerin

Titel: Der Ring Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Silvesterfeiern nicht sonderlich. Es wird schließlich jeden Tag Mitternacht. Also sagte ich Schrader ab, gab aber meiner Hoffnung Ausdruck, ihn wohlbehalten im neuen Jahr wiederzutreffen.
    »Wir werden in Kontakt bleiben, Katharina. Legen Sie sich an Silvester die Karten, und achten Sie auf den Herz-König.«
    »Oh, in so etwas bin ich nicht besonders gut. Meine Zukunft lese ich mehr aus Büchern«, sagte ich und meinte meine Lehrbücher.
    Ich verabschiedete mich von Mergelstein gegen drei. Er saß einsam und traurig an seinem großen Schreibtisch und verursachte Unordnung, weil er Ablage machte. Er tat mir leid. Dieses Weihnachten war sicher nicht das harmonischste für ihn. Und als er mir die Hand reichte, um mir die üblichen Wünsche mit auf den Weg zu geben, beugte ich mich ganz spontan vor und gab ihm zwei kleine Küsschen auf die Wangen. Als ich dann leise die Tür hinter mir zuzog, befand er sich noch immer im Zustand geistiger Umnachtung.
    Eigentlich hatte ich gedacht, dem Auftritt gelassen gegenüberzustehen. Weil ich ja nur so aus Jux mitmachen wollte. Aber dann nahm schon tagsüber Stunde für Stunde die Nervosität zu. Ich war froh, als ich nach Hause kam. Essen konnte ich nichts, und als ich versuchsweise auf die Waage stieg, musste ich feststellen, dass ich in der Woche statt Gewicht gewonnen zu haben, zwei Kilo abgenommen hatte.
    Ich setzte mich einen Moment zu Minni vor das Fernsehgerät und sah mir, ohne besonders aufnahmefähig zu sein, irgendeinen bunten Quatsch an. Dabei kraulte ich ihren Nacken, was mich wenigstens ein bisschen beruhigte. Um acht hielt ich es nicht mehr aus und räumte meine Tasche zusammen.
    »Viel Erfolg, Katharina. Ich denke mal an dich.«
    Hoppla, so viel Nettigkeit hatte ich von Minni ja gar nicht erwartet. Ich ging noch mal zu ihr hin und stupste ganz sanft meine Nase an die ihre. Sie pustete mich leicht an. Dann zwinkerte sie mit ihren leuchtenden blauen Augen.
    »Soll ich dir eventuell die Tür aufmachen? Ich meine, wenn dein Verehrer dir wieder ein Liedchen singt?«
    »Ach, tut nicht mehr not. Ein anderes Mal.«
    Sie hatte es überstanden. Ich noch nicht. Obwohl im Moment ganz andere Gefühle überwogen.
    Im Studio war Hochbetrieb, und Liane hielt gerade ihre Stunde. Von meinen Mitstreitern noch kein Lebenszeichen. Ich ging also in die Umkleide und packte die Schminkutensilien aus. Dann vertrieb ich mir die Zeit damit, viel schwarze Farbe um meine Augen zu verteilen, Glitzerndes auf die Lider zu tupfen und glänzend rote Lippen zu produzieren. Wenn ich nur diese Nase wegschminken könnte.
    »Na, schon bei der Maquillage?« Liane kam, tropfend von Schweiß, herein und wickelte sich geschickt aus den feuchten Trainingssachen. »Ich dusche rasch, dann wühlen wir deine Haare wieder auf.«
    »Bloß nicht! Aufgewühlt bin ich genug!«
    Kichernd verschwand sie in der Dusche. Danach zeigte sie mir noch mal, wie man diese unmögliche Frisur hinbekam, und fixierte das Ganze mit einer Lage Sprühbeton. Umziehen sollte ich mich erst in der Disco. Es war schon ganz ruhig geworden im Studio, nur noch zwei unentwegte Eisenschwinger saßen, Eiweiß tankend, an der Theke, als wir herauskamen. Luigi stand am Eingang und winkte uns zu. Neben ihm posierte auch der kurzhaarige Muskelmann und grinste uns zu.
    »Heiß, ey!«, war sein Kommentar, als er mir die Hand drückte.
    »Das ist Nicki, er tritt vor uns auf.« Luigi machte Küsschen-Küsschen mit Liane und mir. Ich konnte nicht an mich halten und gluckste zu Liane: »Die Plüschhöschen-und-Blechmesser-Nummer?«
    Sehr undiszipliniert kichernd folgten wir den beiden Männern zum Parkplatz.
    »Alan, Sven und Mario sind mit den Requisiten schon vorgefahren. Wollt ihr beiden Giggelhühner mit uns fahren?«
    Das »Golden Earring« war eine der besseren Diskotheken in der Stadt, groß, mit einer Bühne, weil sie auch manchmal Live-Veranstaltungen hatten und – nachdem ich jetzt wieder mit dem Musikangebot auf dem Stand der Zeit war – auch da ein sehr ausgewogenes Programm lieferte.
    Mario und Sven begrüßten uns ebenfalls mit Bussi-Bussi, und Alan winkte mir von ferne zu.
    »Komm, sieh dir die Bühne an. Wir haben ausreichend Platz, nur auf die Kabel müssen wir ein bisschen achten.«
    Wie ein Stich setzte das Lampenfieber wieder ein. O nein, wenn ich da stolperte? Ich würde bestimmt stolpern!
    »Hey, du bist ja ganz blass um die Nase. Komm, keine Panik. Wir haben dich doch in der Mitte.«
    Die wohlmeinenden Worte beruhigten mich kein

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