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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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in Lindens Miene widerspiegelte. Als Nebelhorn und Blankehans sich ans Aufschlagen des Lagers machten, gab sie den beiden Menschlein aus einer Feldflasche Diamondraught zu trinken, dann ließ sie sie allein, damit sie ungestört versuchen konnten, sich zu erholen.
    Das Getränk beruhigte Covenants Eingeweide, tat jedoch nichts, um die Entrüstung und Furcht in Lindens weißlich geweiteten Augen zu mildern. Während des Abends äußerten Pechnase und die Erste in Abständen diese und jene Bemerkungen zu ihr; aber ihre Antworten blieben einsilbig und zerstreut. Das Kriechen und Wuchern der Vegetation bediente sich einer Sprache, die nur sie verstehen konnte, ihre Aufmerksamkeit voll in Anspruch nahm. Ohne sich dessen bewußt zu sein, daß man sie beobachtete, biß sie auf ihren Lippen herum, als wäre ihr die alte Strenge abhanden gekommen und sie wüßte nicht, wie sie wieder an sie gelangen sollte.
    Ihre zusammengekauerte Haltung – die Oberschenkel an den Brustkorb gezogen, die Arme um die Schienbeine geschlungen, das Kinn auf die Knie gestützt – erinnerte Covenant an eine Zeit vor nun schon vielen Tagen, die Zeit, als sie zusammen das Land zu durchqueren begannen; damals war Linden unterm Eindruck der ersten Sonne der Fruchtbarkeit, die sie erlebte, beinahe zusammengebrochen. Ich kann's nicht aushalten , hatte sie geklagt. Irgendwie ist's zu persönlich. Ich glaube nicht an das Böse.
    Heute glaubte sie sehr wohl an das Böse; aber das machte den Angriff des Sonnenübels auf ihre Sinne nur um so tiefer wirksam, um so unabweisbarer; tückisch wie Mord und unmittelbar wie Leprose.
    Covenant versuchte, mit Linden wach zu bleiben, ihr die Stütze stummer Kameradschaft zu bieten. Doch sie war noch gänzlich verkrampft und zeigte keine Spur von Schläfrigkeit, als die menschliche Schwäche ihn mit dem Gewicht seiner Träume in die Tiefen des Schlafs zog. Er schlief mit dem Gedanken ein, daß das Land, besäße er etwas, das an Lindens Wahrnehmungsvermögen heranreichte, nicht in solcher Gefahr schweben würde; und Linden wäre nicht so allein.
    Traumbilder, mit denen er sich nicht auseinandersetzen mochte, aber denen er sich ebensowenig entziehen konnte, schienen die Nacht zu verlängern; dennoch kamen ihm die Morgendämmerung und die Berührung, mit der Cail ihn weckte, irgendwie zu früh. Er schrak mit einem Ruck auf und starrte ins dichte Gewucher der Pflanzen. Seine Gefährten waren bereits aufgestanden. Während Pechnase und Nebelhorn ein Frühstück zubereiteten und Blankehans die Schlitten zerlegte, hielt die Erste über das lückenlos mit Gewächsen aller Art überwucherte Gelände Ausschau, quetschte ein unmelodisches Summen durch ihre Zähne. Durch eine Bresche zwischen den Gipfeln fiel ein früher Lichtstrahl gleich in der Nähe des Lagerplatzes auf das Grün. Das Sonnenlicht mußte die Gefährten bald erreichen.
    Covenants Haut kribbelte, während er mitverfolgte, wie das Grün wuchs und wucherte, kroch und sich wand. Der Kontrast zwischen den Stellen, an denen die Sonne aufs Erdreich traf, und jenen, wo nicht, ließ den Effekt lediglich um so unheimlicher und gespenstischer wirken. In der steinigen Erde des Vorgebirges gab es keine Bäume. Aber die robusten, verwunden verwachsenen Sträucher waren schon so hoch wie Bäume; zwischen ihren Stämmen bedeckten Disteln und verschiedenerlei Kraut den Untergrund; an den Felsen hingen wie Schorf breite Schwaden von Flechten. Und alles, auf das Sonnenschein herabfiel, wuchs dermaßen schnell, daß es den Anschein erweckte, künstlich angetrieben zu sein – eine Form hilflosen Fleischs, das man durch Martern dazu nötigte, zügellos himmelwärts emporzuwuchern. Wie gräßlich das Sonnenübel wirklich war, hatte Covenant so gut wie vergessen gehabt. Er fürchtete den Moment, in dem er in diese übertrieben üppige, grüne Schauderhaftigkeit hinabsteigen mußte.
    Da schien das Sonnenlicht durch die Kluft zwischen den Berggipfeln auf die Gruppe der Gefährten.
    Gerade noch rechtzeitig hatten die Erste, Blankehans und Pechnase Felsboden ausfindig gemacht, auf den sie sich stellen konnten. Unter Nebelhorns Füßen lag die Steinplatte, die vorher dem Zweck gedient hatte, das Lagerfeuer gegen Eis und Schnee zu sichern.
    Linden nickte wie geistesabwesend, als sie die Vorsicht der Riesen sah. »Cail hat was, das euch fehlt«, murmelte sie. »Ihr braucht Schutz.« Hohl und Findail allerdings konnten auf alle Vorsichtsmaßnahmen verzichten; und Covenant und Linden hatten

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