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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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sein. Und solange sie bei ihm war, konnte sie ihre Sinne zu seinen Gunsten einsetzen. Das war alles, woran ihr lag: eine Gelegenheit, versuchen zu können, ihm zu helfen, das auszugleichen, was sie mit ihren vergangenen Fehlern, ihrem wiederholten Versagen angerichtet hatte. Sollten er, das Land und die ganze Erde dennoch verloren sein, würde sie niemandem außer sich selbst die Schuld zu geben brauchen. Die Schwere der Verantwortung ängstigte Linden. Die Anerkennung der Bedeutung, die ihr die Elohim beimaßen, ging damit einher, und sie müßte sich auf das Risiko der boshaften Vorhersage Gibbons einlassen. Geschmiedet wirst du. Doch es waren auch andere Voraussagen zu berücksichtigen. Covenant hatte geschworen, seinen Ring niemals dem Verächter auszuhändigen. Und der Greis hatte bei der Haven Farm zu ihr gesagt: Du wirst nicht scheitern, wie arg er dich auch bedrängen mag. Erstmals fand Linden in dieser Zusicherung Trost.
    Covenant musterte sie eindringlich, wartete auf ihre Stellungnahme. Nach einem Moment knüpfte sie an seine Darlegungen an. »Na gut, er kann dich also nicht zerbrechen. Und du kannst nicht gegen ihn kämpfen. Aber welchen Sinn soll ein Patt haben?«
    Daraufhin lächelte Covenant grimmig. Seine Entgegnung fiel allerdings anders als erwartet aus. »Als ich in Andelain Mhoram getroffen habe ...« – sein Ton klang so fest wie Mut –, »hat er versucht, mich zu warnen. Er hat gesagt: ›Es ist ohne Nutzen, danach zu trachten, seinen Fallstricken auszuweichen, denn jeder Ausweg mündet in andere seiner Fallen, und Leben und Tod sind zu eng ineinander verwoben, als daß man sie trennen könnte. Wenn die Stunde der Entscheidung angebrochen ist und du kein anderes Mittel mehr kennst, dann entsinne dich der Widersprüchlichkeit des Weißgolds. Im Widerspruch liegt Hoffnung.‹« Allmählich milderte sich seine Miene wieder, ähnelte langsam wieder jenem Gesicht, nach dem Linden unstillbares Verlangen empfand. »Ich glaube nicht, daß es ein Patt geben wird.«
    Linden bemühte sich darum, sein Lächeln zu erwidern, so gut es ihr möglich war, versuchte ihn in der Weise zu bestärken, in der er jenem einstigen Lord, der sein Freund gewesen war, nachzueifern strebte. Sie hoffte, er werde sie noch einmal in die Arme nehmen. Trotz des Sonnenübels wünschte sie es. Um seiner Umarmung willen könnte sie die Greulichkeit der Sonne der Dürre ertragen. Doch während sie sich ansahen, hörte man plötzlich einen leisen, seltsamen Klang über die Hügel des Hochlands geistern, eine Folge hoher Töne, durchdringend wie aus einer Flöte. Sie vermittelte jedoch keine erkennbare Melodie. Die Laute hätten vom Wind stammen mögen, der zwischen den kahlen Felsen sang. Covenants Kopf ruckte hoch, sein Blick schweifte über die Hänge. »Das letzte Mal, als ich hier oben eine Flöte gehört habe ...« Er war mit Elena auf dem Plateau gewesen; und die Musik einer Flöte hatte das Kommen jenes Mannes angekündigt, der ihm gesagt hatte, seine Träume seien wahr. Diese Klänge aber waren keine Musik. Sie mißrieten zu einem schrillen Ton und verstummten. Als sie von neuem ertönten, war deutlich zu hören, daß es sich tatsächlich um eine Flöte handelte – eindeutig von jemandem gespielt, der nicht mit ihr umzugehen verstand. Der Mangel an Melodischem beruhte auf schlichter Unfähigkeit. Die Flötentöne kamen aus der Richtung Schwelgensteins. Das Spiel mißlang wieder; Covenant zog humorig die Schultern ein. »Wer es auch ist, der das Ding spielt, er braucht Hilfe«, sagte er gedämpft. »Und wir sollten sowieso lieber zurückgehen. Ich habe vor, das Weitere zu klären und noch heute aufzubrechen.«
    Linden nickte. Es hätte ihr gefallen, noch ein paar Tage lang in Schwelgenstein auszuruhen; aber sie war alles mitzumachen bereit, was Covenant wollte. Und im Innern der Festung dem Sonnenübel entzogen, würde sie ihre saubere Haut und das gewaschene Haar um so mehr genießen können. Sie nahm Covenants Hand, und sie klommen gemeinsam aus der Geländemulde, in der Glimmermere lag. Auf der Hügelkuppe konnten sie die Flöte genauer hören. Sie klang, als ob die Sonne der Dürre ihre Töne verdürbe.
    Die Ebenen unterhalb des Plateaus sahen bis zum Horizont flach und verdorrt aus; alles Leben war ihnen ausgesengt worden. Auch aus dem Staub des Hochlandes erhob sich kein Grün, bot sich den Augen kein einziger erfreulicher Anblick. Und doch schienen das Wasser des Bergsees und die Umrisse der Hügel darauf zu bestehen,

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