Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
trennen. Meine Freunde, gar sehr sehnt sich mein Herz nach einem Lied, doch will keines in mir aufkommen. Ich bin ein Riese. Oft habe ich in Gesang geschwelgt. ›Wir sind die Riesen, geboren zum Segeln, und folgen kühn, wohin unsere Träume schweifen.‹ Nun aber sind derlei Lieder mir zu Torheit und Übermut geworden. Im Antlitz bösen Schicksals ermangelt's mir am Mut meiner Träume. Ach, mein Herz sehnt sich nach einem Lied. Und doch finde ich keinen Wohlklang in dieser Flöte. Ich begehre ein besseres Ergebnis.«
    Pechnases Stimme verklang, als sänke sie über den Rand der Klippe in den Abgrund. Linden spürte den Schmerz des Riesen, als hielte sie seine ganze Qual in den Armen. Sie hatte das Bedürfnis, der Art und Weise, wie er sich Schuld beimaß, zu widersprechen; doch sie fühlte, daß seine innere Not über bloße Schuld hinausging, tiefer stak. Er hatte die Schlechtigkeit des Verächters kennengelernt und war entsetzt. Soviel verstand Linden. Aber sie wußte dazu nichts zu sagen. Covenant war seiner Sache sicherer. »Was werdet ihr jetzt tun?« fragte er nach. Seine Stimme bezeugte eine solche Entschiedenheit, als spräche er einen Eid aus.
    Pechnase reagierte mit einem Achselzucken, das Lindens Hände von seinen Schultern stieß. Er nahm den Blick nicht von der trostlosen Ödnis, die unter ihm ausgebreitet lag. »Die Erste hat davon bereits Rede geführt«, erwiderte er, als habe er daran kein sonderliches Interesse. Der Gedanke an seine Gattin linderte seine Gemütsverfassung nicht im mindesten. »Wir werden dich bis zum Ende begleiten. Die Suche verlangt, daß wir uns nicht mit Geringerem bescheiden. Sobald du uns über dein weiteres Trachten Aufschluß erteilt hast, wird Nebelhorn die Kunde zur Wasserkante tragen. Dort wird ›Sternfahrers Schatz‹ eintreffen, sobald Eis und See es gestatten. Sollte dein Vorgehen mißlingen, sollten jene fallen, die deine Begleiter sind, so muß die Suche dennoch fortwähren. Die Kunde, mit welcher sich Nebelhorn zur Wasserkante begibt, wird Ankermeister Derbhand die Erkenntnisse vermitteln, anhand deren er den Weg seines Dienstes zu wählen vermag.«
    Linden widmete Covenant einen scharfen Blick, um zu verhindern, daß er etwa darauf aufmerksam machte, es werde, falls er scheiterte, gar keine Erde übrig sein, der die Sucher noch dienen könnten. Vielleicht besaß der Auftrag, den die Erste sich für Nebelhorn ausgedacht hatte, gar keinen Sinn; trotzdem war Linden dafür, daß er ihn übernahm. Diese Aufgabe war klar, unmißverständlich und überschaubar, und ihre Erledigung mochte Nebelhorn dabei helfen, wieder zu sich selbst zurückzufinden. Außerdem gefiel es Linden, daß die Erste darauf bestand, so zu handeln, als würde es immer Hoffnung geben.
    Aber sie sah sofort, daß Covenant ohnehin nicht die Absicht hatte, die Möglichkeit von Hoffnung zu leugnen. Hinter seinem Pechnase entgegengebrachten Mitgefühl verbarg sich keine Bitterkeit; seine ineinander verschmolzene Verzweiflung und Entschlossenheit waren frei von jeder Verunreinigung durch Erbitterung. Er schlug auch nicht vor, daß Pechnase und die Erste mit Nebelhorn gehen sollten. »Das ist gut«, sagte er statt dessen lediglich. »Wir treffen uns zur Mittagszeit in der Eingangshalle. Anschließend brechen wir sofort auf.« Dann erwiderte er Lindens Blick. »Ich möchte mir Blankehans' Grab ansehen.« Für einen Moment klang seine Stimme kloßig. »Von ihm Abschied nehmen. Kommst du mit?«
    Zur Antwort ging sie zu ihm und drückte ihn an sich, damit er ihr Schweigen begriff. Die beiden ließen Pechnase auf dem oberen Rand der Festungsstadt zurück. Während sie sich dem Eingang Schwelgensteins näherten, hörten sie erneut die Jammerlaute seiner Flöte. Sie erhoben sich so einsam wie der Schrei eines Turmfalken an den von Staub getrübten Himmel.
     
    Linden war heilfroh, als sie in die große Festung zurückkehrte, die sie gegen die Sonne der Dürre abschirmte. Erleichterung durchströmte ihre Nerven, während sie mit Covenant wieder in Schwelgensteins Tiefen vordrang, um noch einmal die Halle der Geschenke aufzusuchen. Cail begleitete sie. Linden bemerkte hinter seinem Gleichmut eine sonderbare Unentschlossenheit, als wolle er eine Frage stellen oder eine Gefälligkeit erbitten und zweifle daran, dazu das Recht zu haben. Als sie jedoch ihr Ziel erreichten, vergaß sie seine unerklärlichen Emanationen.
    Im Verlauf der Auseinandersetzung zwischen Covenant und Gibbon hatte Linden die Halle selbst kaum

Weitere Kostenlose Bücher