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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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daß hier Leben möglich sei, das Erdreich auf irgendeine hartnäckige Weise nicht völlig abgestorben. Dagegen erregten die Ebenen drunten keinen solchen Eindruck. Der Fluß verdunstete zum größten Teil, als er am Fuße der Schleierfälle ankam; der Rest verschwand unterhalb der Klippe binnen einer Steinwurfweite. Die Sonne glühte herab, als riefe sie Linden zu sich. Noch ehe sie die ebene Keilspitze des Plateaus erreichten, in deren Innerem sich die Räume Schwelgensteins befanden, hatte Linden begriffen, daß ihr Vorsatz, zu Covenant zu stehen, sich nicht leicht einhalten lassen würde. Im Grunde ihres Herzens lauerte eine schwarze Gier nach genug Macht, um das Sonnenübel zu meistern, es sich untertan zu machen. Jeder Moment der Berührung durch die Sonne erinnerte sie daran, daß sie nach wie vor dafür anfällig war, womöglich als Werkzeug der Schändung zu dienen.
    Als sie am Zugang zur Stadt wieder zu Cail stießen, hörten sie, daß das Flötenspiel von der Spitze des Keilfelsens kam, der über den Festungsturm aufragte. In stummer Übereinkunft wanderten sie an der Klippe entlang; und am höchsten Punkt der Festung entdeckten sie Pechnase. Er saß nach Osten gewandt da, ließ die Beine über die Felskante baumeln. Die Verkrümmung seines Rückgrats beugte ihn nach vorn. Er schien sich vorwärts zu strecken, als wolle er in die Tiefe springen. Seine großen Hände hielten eine Flöte an den Mund, als ränge er mit ihr – als glaube er, aus dem kleinen Instrument ließe sich durch bloße starrsinnige Anstrengung ein Klagelied hervorzwingen.
    Sobald er Covenant und Linden sich nähern sah, senkte er die Flöte in seinen Schoß, begrüßte die beiden mit einem Lächeln, das eher der Gewohnheit als echter Überzeugung entsprang. »Erdfreund, es dünkt mich ein Segen, dich unversehrt wiederzusehen«, sagte er; und seine Stimme war so unsicher und verzerrt wie die Töne, die er gespielt hatte. »Vor aller Augen hat die Auserwählte stets aufs neue ihre Würdigkeit bewiesen – und doch in aller Schönheit überlebt, in der sie vor mich tritt wie Freude.« Er schaute Linden gar nicht an. »Ich hingegen hatte gewähnt, ihr wärt ein für allemal von uns gegangen.« Sein Blick fiel erneut auf die trockene, tote Landschaft tief unter ihm. »Vergebt mir, daß ich um euch gebangt habe. Furcht wird aus Zweifel geboren, und ihr habt meinen Zweifel nicht zerstreut.« Mit einer abgehackten Bewegung, die an unterdrückte Gewaltsamkeit erinnerte, wies er auf die Flöte. »Die Schuld ist mein. Ich finde hierin keinerlei Wohlklang.«
    Unwillkürlich trat Linden hinter den Riesen, legte ihm die Hände auf die Schultern. Obwohl er saß und sein Rücken krumm war, reichten seine Schultern fast an ihre heran; seine Muskeln waren so eichenartig hart, daß sie sie kaum zu massieren vermochte. Dennoch rieb sie an den Verkrampfungen seines Kummers, als wüßte sie keine andere Möglichkeit, um ihn zu trösten.
    »Jeder zweifelt«, sagte Covenant leise. Er hielt von dem Riesen Abstand. In steifer Haltung verharrte er, wo er stehengeblieben war, wagte sich aufgrund seiner Höhenfurcht nicht näher an die Felskante. Aber seine Stimme durchdrang die trockene Hitze der Sonne klar genug. »Wir haben uns alle gefürchtet. Du hast zu so was auch das Recht.« Dann änderte sich sein Tonfall, als entsänne er sich an das, was Pechnase hatte durchstehen müssen. »Was kann ich für dich tun?« erkundigte er sich mit gedämpfter Stimme.
    Unter Lindens Händen verspannten sich Pechnases Muskeln wie zu Knoten. »Erdfreund«, sagte er einen Moment später ganz einfach, »ich begehre ein besseres Ergebnis.« Doch er ließ es nicht dabei bewenden, sondern sprach unverzüglich weiter. »Mißverstehe mich nicht. Was hier vollbracht worden ist, war wohlgetan. Wiewohl ihr Sterbliche seid, Erdfreund und Auserwählte, übertreffen eure Taten das äußerste Maß dessen, was man sich vorzustellen vermag.« Er stieß einen gemäßigten Seufzer aus. »Ich aber bin nicht zufrieden. Soviel Blut habe ich vergossen ... Zuhauf habe ich Unschuldigen das Leben genommen, obschon ich kein Schwertkämpfer bin und derlei Werk mir widerwärtig ist. Und derweil ich's tat, litt ich an schrecklichem Zweifel. Es ist ein übel Ding, zu töten, wenn Furcht die Hoffnung verzehrt hat. Es verhält sich so, wie du's erwähnt hast, Auserwählte – man bedarf eines Grundes. Das Traurige der Welt sollte jene einen, die leben, und sie nicht in Bosheit und Geschlächter voneinander

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